Pirmasens Benzin im Blut
Das Kürzel „PS“ wird erstens für Pferdestärken und zweitens für Pirmasens verwendet. Im vorliegenden Fall wird beides verknüpft und zwar durch den Pirmasenser Unternehmer Andreas Germann. Dessen Name steht in der Schuhstadt gemeinerhand für eine Firma, die sich mit Abwasser- und Sanierungstechnik befasst, was mit „AST“ ein weiteres Kürzel ins Spiel bringt. Dass Germann seine 1,93 Meter regelmäßig ins Cockpit eines Formel-3-Rennwagens hievt, sollte man auch wissen, schließlich ist der Pirmasenser in der Szene mittlerweile stramm unterwegs.
In der Region war sein 470 Kilogramm schweres und 220 PS starkes Geschoss jüngst beim Homburger Bergrennen zu sehen. Üblicherweise fährt Germann aber Rundkurse, beispielsweise beim Remus-Cup. Seine Freude am aktiven Motorsport lebte der 49-Jährige schon als Heranwachsender aus, in den 80er Jahren jagte er einen NSU Prinz TT die Bergstrecken hoch. Der TT auf dem Hänger, Germanns Ford Capri vorne dran geschnallt, so ging′s zu den Rennen. Als gelernter Kfz-Mechaniker war Andreas Germann natürlich sein eigener Schrauber. Der Einstieg in den väterlichen Umweltbetrieb, verbunden mit einer entsprechenden Ausbildung ließen den Umwelttechniker und Sachverständigen den Zündschlüssel weglegen. Der aktive Rennsport spielte lange keine Rolle mehr in Germanns Leben, 2002 übernahm er die Firma, trägt heute Verantwortung für 40 Mitarbeiter. „Und für deren Familien ja auch. Das merkst du, wenn bei der Weihnachtsfeier 100 Leute vor dir sitzen.“ Andreas Germann spricht von einer Menge Arbeit, von Zwölf-Stunden-Tagen und davon, dass dies nicht in den Klamotten hängen bleibt. „Vor fünf Jahren hab′ ich gemerkt, dass mein Akku leer wird“, sagt er. Als Ausgleich zum Job sei ihm seine alte Leidenschaft wieder in den Sinn gekommen. Zusammen mit seinem, mittlerweile verstorbenen Freund Klaus Schäfer gründete er das „CR Racing-Team“, zu dem aktuell auch die Rennfahrer Christian Zeller und Frank Debruyne gehören. Tochter Angelique Germann ist ebenfalls Rennfahrerin. Die 23-Jährige hat genau wie ihr Vater Benzin im Blut. „Sie fährt für ein österreichisches Rennteam“, erklärt der Vater stolz, Frauen in der Formel 3 hätten Seltenheitswert. Germanns Formel-Fahrzeug ist ein Dallara/Opel Spiess, mit dem ist er europaweit im Einsatz. Er kann unter anderem von Rennen in Ungarn, Polen, der Slowakei und der Steiermark berichten. Auch die legendären Rennstrecken in Spa und Imola sind für ihn inzwischen ein Thema, Germann ist auch in Oschersleben vor 50 000 Zuschauern schon an den Start gegangen. Mit seinen 49 Jahren sei er in einer Rennklasse, in der 16-Jährige in den Formelsport einsteigen, sicher eine Ausnahmeerscheinung. „Ich werde in der Regel von 40- bis 70-Jährigen nach Autogrammen gefragt. Die identifizieren sich eben mehr mit mir, als die jungen Hüpfer“, sagt er. Wenn Andreas Germann bei 18 Millimetern Bodenfreiheit und 285 Stundenkilometern jeden Kieselstein unterm Auto spürt, weiß er, dass das Cockpit genau der richtige Platz für ihn ist. „Ich bin durch den Motorsport viel ausgeglichener geworden, was sich auch bei der Arbeit positiv bemerkbar macht“, sagt er. Das Formelfahrzeug beschleunigt ihn in weniger als drei Sekunden von Null auf 100, da ist körperliche Fitness gefragt. „Nach 30 Minuten bist du komplett durchgeschwitzt – es ist kolossal anstrengend.“ Germann fährt deshalb 100 Kilometer Fahrrad pro Woche, joggt und schwimmt. Aus 120 Kilogramm Körpergewicht sind im Laufe der Formel-3-Jahre durchtrainierte 91 geworden. Der mit Risiken verbundene Motorsport sei eben unterm Strich eher gesundheitsförderlich.