Pirmasens Ausgebildete Migranten sollen für den Arbeitsmarkt gewonnen werden

Beispielsweise in der Pflege werden viele Fachkräfte gesucht. Mit gezielter Beratung und Qualifikation sollen auch mehr Fachkräf
Beispielsweise in der Pflege werden viele Fachkräfte gesucht. Mit gezielter Beratung und Qualifikation sollen auch mehr Fachkräfte mit Ausbildung im Ausland auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereitet werden.

Die Pflege ist nur ein Beispiel. Hier werden dringend Fachkräfte gesucht. Die gäbe es durchaus noch, aber nicht wenige scheitern an formalen Hürden – weil sie eine Ausbildung in einem anderem Land absolviert haben, die in Deutschland nicht so einfach anerkannt wird. Hier soll nun eine neue Kooperation von Arbeitsagentur, Land und Beratungsfachleuten helfen.

Mona Jaber will ihr Ziel erreichen: Sie will in Deutschland als Zahnärztin arbeiten. In Syrien hat sie das bereits getan, aber als sie 2016 vor dem Krieg mit ihrer Familie nach Deutschland geflüchtet ist, musste sie ganz von vorne anfangen. Zuerst die Sprache lernen, dann auf die Anerkennung als Zahnärztin hinarbeiten. Schritt für Schritt. Sechs Jahre arbeitet sie nun daran. Eine lange Zeit, wie sie selbst sagt. Aber das hat Gründe, die Migrationsberater Michael Nagel vom Job-Center Pirmasens auflistet: Zuerst kam der Integrationskurs, dann ein berufsbezogener Sprachkurs, danach die Fachsprachenprüfung auf C1-Niveau – Hochschulniveau –, die Anerkennungsberatung, ein Praktikum bei einem Zahnarzt in Pirmasens, die Approbationsprüfung und zwischendurch kam auch noch Corona. Bald folgt die mündliche Prüfung und am Ende Prüfung und Anerkennung durch die Zahnärztekammer.

Neue Potenziale auf dem Arbeitsmarkt erschließen

56 Jahre ist Mona Jaber , und wie sie sich durchbeißt, nötigt auch Peter Weißler, dem Leiter der Arbeitsagentur Kaiserslautern-Pirmasens, Respekt ab. Natürlich ist ihm bewusst, dass ihr Fall nicht alltäglich ist. Aber gerade jetzt, wo immer mehr Betriebe nach Fachkräften suchen, ist es für ihn umso wichtiger, Menschen dabei zu unterstützten, im erlernten Beruf arbeiten zu können. Hebel, um Potenziale auf dem Arbeitsmarkt zu erschließen, gibt es längst: Aus- und Weiterbildung, Qualifizierungen Arbeitsloser, die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit. Eine immer größere Rolle spielen inzwischen Flucht und gezielte Zuwanderung. Ein Problem für Migranten stellt aber oft die formale Anerkennung des Berufsabschlusses dar.

Hier will das neue Modell „Triple Set“ zur Umsetzung einer Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung ansetzen unter Beteiligung der Arbeitsagentur, des Landes und des IO-Förderprogrammes für Menschen mit Migrationshintergrund. Das Ziel: Fachkräfte und Angebote bündeln, Potenziale von Menschen mit Migrationshintergrund besser nutzen. Dabei gehe es keineswegs nur um Flüchtlinge, betont Martina Sarter, operative Geschäftsführerin der Arbeitsagentur KL/PS, sondern auch um Menschen, die bereits in der Südwestpfalz wohnten, aber nicht im erlernten Beruf arbeiten könnten.

Auch für künftige Zuwanderer interessant

Angesprochen sind ebenfalls Zuwanderungswillige. Beispielsweise aus dem nahen Frankreich. Denn dort, berichtet Alexandre Delalande, der bei der Arbeitsagentur für die europäische Arbeitsvermittlung EURES zuständig ist, sei die berufliche Ausbildung anders als in Deutschland und werde nicht ohne weiteres anerkannt. Der Berater weiß, wovon er spricht: Er kam aus der Nähe von Paris zum Studieren nach Deutschland und ist geblieben.

Erfahrungen mit der Anerkennungsberatung und der damit beauftragten Gesellschaft für Bildung & Kommunikation Profes mbH hat bereits das Job-Center Pirmasens. Im November 2016 hätten sie damit begonnen, berichtet Geschäftsführer Peter Schwarz – Anlass war die Fluchtbewegung aus Syrien. Seitdem hätten sie im Haus jährlich etwa 45 Anerkennungsberatungen umsetzt. Eine Zahl, die 2022 auf rund 90 anstieg. Hauptsächlich infolge des Krieges in der Ukraine. Das Potenzial ist groß: Allein in Pirmasens betreuten sie etwa 500 Menschen aus der Ukraine, in Zweibrücken weitere 500 Ukrainer.

Oft ein harter Weg bis zur Anerkennung

Die mehrmonatige Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung übernehmen Berater von Profes, die seit 2015 in Südwestpfalz und Südpfalz tätig sind: Sie stellen fest, welche Voraussetzungen zur Anerkennung nötig sind, welche Qualifikationen noch erbracht werden müssen. Überwiegend Frauen betreuen sie dort, berichten Hermine Boeckmann und Fabian Schunder: viele Erzieherinnen und Lehrerinnen, Pflegekräfte, aber wenige Handwerker – letztere seien meistens gleich in Arbeit. Bis zur Anerkennung sei es oft ein harter Weg, sagt Hermine Boeckmann, da brauche man Durchhaltevermögen. In der Krankenpflege könne der Prozess etwa eineinhalb bis zwei Jahre dauern. Denn neben einem Sprachzertifikat des Niveaus B2 werde oft ein Anpassungslehrgang von bis zu zwölf Monaten in einem Krankenhaus gefordert, bevor ein Antrag auf Anerkennung bewilligt werde.

Mona Jaber aus Pirmasens hat schon viel Durchhaltevermögen gebraucht. Aber bald ist auch sie am Ziel. Noch etwa ein Jahr werde sie brauchen, sagt sie. Und dann hoffentlich als Zahnärztin arbeiten.

Anmeldung

Wer bei Arbeitsagentur oder Job-Center gemeldet ist, kann seinen Berater ansprechen. Die Anerkennungsberatung ist jedoch offen für alle Interessenten mit einer im Ausland erworbenen Ausbildung. Informationen gibt Alexandre Delalande (auch in Französisch, Spanisch, Englisch), Telefon 06331 147178, E-Mail: Alexandre.Delalande@arbeitsagentur.de.

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