Pirmasens „Aha-Erlebnis beim Lauschen an der Küchentür“

Gudrun Walther ist Sängerin bei „Cara“.
Gudrun Walther ist Sängerin bei »Cara«.

„Cara“ ist international eine der bekanntesten und erfolgreichsten Vertreter des New Folk und verwebt moderne Einflüsse und eigenes Songwriting mit den musikalischen Wurzeln ihrer Heimatländer. „Cara“ tourte in ganz Europa und sieben Mal in den USA, spielte auf den wichtigsten Festivals des Genres und bekam 2010 den „Best New Irish Artist“- und 2011 den „Top Group“-Award bei den Irish Music Awards verliehen. Am Donnerstag, 25. Mai, 21 Uhr, kommt die Band erstmals nach Pirmasens in den großen Festsaal der Kulisse. Fred G. Schütz unterhielt sich mit der aus Großkarlbach stammenden Managerin, Frontfrau und Bandleaderin Gudrun Walther.

Sind Sie mit einer Irish-Folk-Band nicht ein bisschen spät dran – die große Zeit war ja eher in den 70er Jahren?

In den Herkunftsländern hat sich die Musik ja weiterentwickelt. Gerade in Irland und Schottland gibt es ganz viele Bands, die das machen, die ein großes und breites Publikum haben. Das ist dort ein bisschen anders als in Deutschland. Und wir lassen uns von dem, was dort passiert, inspirieren. Da ist viel Innovation dabei, von daher ist unsere Musik eine sehr vorwärtsgerichtete Sache. Sie schreiben überwiegend Ihr eigenes Material oder greifen Sie auf vorhandenes, wie die Child-Balladen zurück? Wir machen beides. Die Child-Balladen sind ein ganz wichtiger Bestandteil vermutlich für jeden Folk-Musiker. Davon lässt man sich inspirieren, nimmt vielleicht vorhandene Texte oder Melodien, entwickelt die weiter. Wir haben beispielsweise schon einen neuen Refrain für ein altes Lied geschrieben, oder eben auch ganz eigene Songs. Den Irish Folk, den man in den hiesigen Pubs, wenn überhaupt noch, hören kann, ist ja oft brutal runtergeschrubbte Musik. Ja, ganz genau. Wie entstehen die Band-Arrangements – kommen Sie mit fertigen Lead-Sheets in die Proben oder entwickeln Sie die Songs mit der Band? Das ist eine Mischung. Es entsteht sehr viel organisch beim Proben, aber auch selbst noch beim Auftritt. Wir haben aber auch mit Jürgen Treyz an der Gitarre einen studierten Musiker, der als Produzent, Studio-Musiker und Arrangeur arbeitet. Er hat ganz viele von den komplexeren Stücken schon vor-arrangiert, so dass wir auf eine bestehende geniale Idee aufsetzen können. Sie haben seit 2003 viele Umbesetzungen erlebt. Ist es schwierig, neue Musiker rasch in die Band zu integrieren? Wir hatten das Glück. Weil die Leute Kinder kriegen und so weiter, hatten wir immer eine gewisse Vorwarnung. Das ist nicht von heute auf morgen passiert. Wir wussten also zum Beispiel ein halbes Jahr vorher, jetzt wird es eng, wir brauchen jemanden, der die Stelle füllen kann. Da konnten wir uns in Ruhe und sehr sorgfältig darum kümmern, jemand zu finden, der in die Truppe passt. Das hat sich aber eigentlich immer positiv ausgewirkt. So war jeder Wechsel auch so etwas wie eine Frischzellenkur, mit neuen Akzenten, die wir dankbar aufgegriffen haben. Ich denke, dass man sich mit jedem Wechsel auch verjüngt und ein bisschen neu erfindet. Die „Cara“-Lieder setzen einiges an musikalischem Können voraus. Sind Sie alle Berufsmusiker? Ja. Wir sind alle Berufsmusiker, auch wenn nicht jeder an der Hochschule studiert hat, zumal man, anders als in Irland, in Deutschland diese Musik nicht studieren kann. Jürgen hat zum Beispiel Jazz und Popularmusik studiert, Kim Edgar hat in Schottland ein Studium absolviert, und Hendrik Morgenbrodt ist gelernter Dudelsack-Bauer. Wie sind Sie im Jahr 2003, dem Jahr der Bandgründung, auf die Folk-Schiene gekommen? Ich habe einen zwölf Jahre älteren Bruder, der mit 17 begonnen hatte, Irish Folk zu spielen. Er hatte auch Freunde aus Irland und die haben dann in unsere Küche regelmäßig musiziert. Das habe ich als Fünfjährige mitbekommen. Man muss auch sagen, dass die ganze Familie musikalisch ist, es gibt bei uns jede Menge Geiger und ich spiele auch heute noch auf einem geerbten Instrument von meinem Ur-Opa, der damit schon das Geld für die Familie verdient hatte. Für mich kam das Aha-Erlebnis beim Lauschen an der Küchentür. Da waren so viele Leute, die gemeinsam spielten und Spaß hatten. Das war dann die Motivation, die ersten Tunes zu lernen, damit ich bei denen mitspielen konnte. Ich habe nach Gehör die ersten Stücke auf einer winzigen Geige gelernt, lange bevor ich in der Musikschule zugelassen wurde. Die sagten, man muss erstmal musikalische Früherziehung machen, man könne nicht einfach anfangen, ein Instrument zu lernen. Mit der Konsequenz, dass ich schon eineinhalb Jahre Geige spielte, bevor ich den ersten Unterricht bekam. Ich habe die irischen Tunes, deutsche Volks- und Kinderlieder von Anfang an nach Gehör gelernt und habe dann da mitgekratzt und mich gefreut, dass ich mitspielen durfte. Wie schaffen Sie das, alle diese Tunes, die ja erstmal alle sehr ähnlich klingen, zu behalten? Wenn man diese Musik schon so lange hört, wie das bei mir der Fall ist, dann gewinnt das, was verwaschen wirkt, immer mehr Kontur. Je tiefer mein einsteigt, umso klarer wird alles. Die ersten 100 Tunes machen vielleicht wirklich richtig Arbeit, gerade wenn man versucht, sie nach Gehör zu lernen – aber die nächsten werden immer einfacher. Keltische Musik hat ja auch eine sehr hypnotische Qualität, man denke da an ein „Fest Noz“ in der Bretagne, wo man sich in Trance tanzen kann. Vor allem die bretonische Musik hat etwas sehr Hypnotisches. Für mich macht es dabei aber einen Unterschied, ob ich irische oder bretonische Musik spiele. Die irische Musik, die wir spielen, hat eine andere Ausstrahlung, sie hat mehr Energie, mehr Lebensfreude. Knochenharte Puristen sind Sie aber nicht, denn man hört durchaus auch Pop-Elemente in Ihrer Musik. Ja, genau. Denn nicht jeder in der Band hat einen solch linearen Hintergrund wie ich. Wir haben einen Gitarristen, der Jazz-Gitarre studiert hat und einen riesen Hintergrund an Erfahrungen mitbringt. Kim als Songwriterin hat auch einen mehr modernen Hintergrund. Das alles mischt sich sehr schön. Sie haben ja als überwiegend deutsche Band begonnen und dann die Musik dorthin reimportiert, wo sie ursprünglich herkam. Das muss doch sehr befriedigend sein, wenn man Anerkennung im Ursprungsland erfährt? Total. Wir hören oft, dass es gut ist, Sachen von Außen zu betrachten, wir also auf Sachen kommen, auf die der, der aus dem Land kommt, so nicht gekommen wäre. Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation für Live-Bands? Ich kann mich nicht beklagen, denn für uns läuft es gut, mit in den letzten Jahren eher steigender Tendenz. Die Situation ist in der Folkszene auch etwas entspannter als in anderen Genres. Wir sind da nicht ganz vorne am Puls der Zeit. Bei uns gibt es zum Beispiel nicht oder noch nicht das Phänomen, dass Leute keine CDs mehr kaufen und stattdessen alles herunterladen. Unser Publikum hat gerne CDs, nimmt gerne etwas mit nach Hause, was sie anfassen können. Unser CD-Verkauf ist nicht eingebrochen, genauso ist es bei den Live-Konzerten. Wir haben ein sehr treues Publikum. Viele Musiker haben CDs ja nur noch als klingende Visitenkarten, die aber finanziell nichts mehr einbringen. Wie ist das bei „Cara“? Wir haben schon bei der Bandgründung die Lehren aus unseren früheren Zeiten als Musiker gezogen, die ganzen Erfahrungen mit Leuten aus dem Business. Das wollten wir nicht mehr. Deshalb haben wir von Anfang an unsere eigene Agentur gemacht, haben unsere eigene Plattenfirma. Das heißt, wenn wir CDs verkaufen und die Produktionskosten hereingekommen sind, dann verdienen wir Geld damit. Warum sollte man das Konzert von „Cara“ in der Kulisse unbedingt besuchen? Ein Grund ist, wirklich gute Musik zu hören, dann vielleicht, um Fernweh zu befriedigen und Lebensfreude zu tanken. Infos —„Cara“ spielt in der Besetzung: Gudrun Walther (Gesang, Fiddle, Akkordeon), Kim Edgar (Gesang, Piano), Hendrik Morgenbrodt (Uilleann Pipes, Flöten), Jürgen Treyz (Gitarre, Dobro, Gesang) und Rolf Wagels (Bodhrán). —Das Konzert mit „Cara“ am Donnerstag, 25. Mai, in der Kulisse beginnt um 21 Uhr, Einlass ist um 20 Uhr. Karten kosten an der Abendkasse 20 Euro, im Vorverkauf 18,50 Euro plus Gebühren unter anderem bei der RHEINPFALZ, in der Kulisse und online bei reservix.

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