Pirmasens Wie Lego ohne Noppen

Daniel Becker saniert Grabdenkmäler auf dem Alten Friedhof.
Daniel Becker saniert Grabdenkmäler auf dem Alten Friedhof.

Die lange vernachlässigten Grabdenkmäler auf dem Alten Friedhof werden von der Stadt jetzt konsequent instand gesetzt. Ein Steinmetz wurde eingestellt, der sich ein Jahr lang nur um die Grabmäler kümmert. Die ersten Grabanlagen wurden bereits saniert, darunter auch das eindrucksvolle Grab der Familie Mansmann.

Seit April restauriert Steinmetz Daniel Becker die denkmalgeschützten Grabsteine auf dem Pirmasenser Alten Friedhof. Ein Jahr lang hat der Steinmetz- und Bildhauermeister Zeit, sich kontinuierlich durch die Grabfelder zu arbeiten. Denn für diese Zeit ist Becker 40 Stunden pro Woche unter Vertrag bei der Stadt. Manche Grabmale sind umgekippt und werden aufgerichtet, alle Steine werden gereinigt, bekommen eine denkmalgerechte Oberflächenbehandlung, Risse werden verharzt. Auch werden die Gräber auf Standsicherheit geprüft und bekommen ihre Einfassungen zurück, wenn diese im Gelände gefunden werden. Wenn bei einer Skulptur die Nase fehlt, wird sie unter diesem Verlust weiterhin leiden. „Die Restaurierung soll keine Hochglanzgeschichte sein“, sagt André Jankwitz, Leiter des Garten- und Friedhofamtes. Die Patina solle unbedingt erhalten bleiben. Im Vordergrund stehe die Erhaltung der Steine, betont Monika Pleyer von der Unteren Denkmalpflege in Pirmasens. Auch bei schlechtem Wetter läuft die Arbeit weiter, denn dann steht dem 40-jährigen Steinmetz die städtische Gärtnerei am Rauschebrunnen zur Verfügung, um am Stein arbeiten zu können. Beigeordneter Denis Clauer sieht im seit 1740 existierenden Alten Friedhof eine historische Parkanlage, die es zu erhalten gilt. Denn die Gräber dort erzählen Stadtgeschichte inmitten der Natur. Besonders der vordere Teil der Anlage sei hier relevant, weiß Pleyer, die von Glück spricht, dass in den 80er Jahren von der Verkehrsachse durch den Park Abstand genommen wurde. Seit 1973 ist der Friedhof Park. Deswegen ist es Clauer wichtig, alles unter einen Hut zu bekommen, denn auch der künstlerische Aspekt spiele eine große Rolle. Dass noch die Nachwelt den Ort mit all seinen Geschichten erleben kann, will er erreichen. Becker hat mit Restaurationen auf Friedhöfen bereits Erfahrung, doch zum ersten Mal wurde ihm ein kompletter Friedhof angetragen, sechs Hektar umfasst das gesamte Areal. Am meisten überrascht haben ihn bisher zwei Grabsteine, die nicht aus Standstein sind, sondern aus Marmor. „Ich vermute, dass es sich hier um Marmor aus Carrara handelt“, sagt Becker. Die Größe der Steine spräche dafür. Am schwierigsten sei es für ihn, die Inschriften zu entziffern, gibt der Steinmetz zu. Und genau diese Details berühren ihn am meisten. Einmal hat er am Geburtstag einer Verstorbenen genau an deren Grab gearbeitet. Ein anderes Mal las er, dass ein Kind kurz vor der Mutter gestorben ist. Das Grab der Pirmasenser Familie Mansmann sei bisher am aufwendigsten gewesen, erzählt Jankwitz und Becker bestätigt: Das Grab, das vermutlich aus Kalkstein ist, sei in 40 Teile zerlegt gewesen. In acht Wochen habe er dieses Puzzle mit Hilfe alter Fotos zusammengefügt. „Das Schwierigste war, die Breite des Fundaments festzulegen“, meint Becker, der die Arbeit am Mansmann-Grab mit dem Legospiel vergleicht. Wie Legosteine ohne Noppen sei es gewesen, die Fassade lückenlos zu gestalten, damit die Ornamente keinen Schaden nehmen. Nun erstrahlt das Grab in neuem Glanz, das auch eines der Lieblingssteine von Walter Stutterich vom Arbeitskreis Alter Friedhof ist. Monika Pleyer freut sich besonders, dass auch die Steine, die früher „aufs Gesicht gelegt“ wurden, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, wieder aufgerichtet werden. „Die waren teilweise richtig mit dem Erdreich verwachsen“, erzählt sie. Möglich wurde die Maßnahme durch die Bezuschussung durch die Stadt, die Rheinberger-Stiftung, die Landesdenkmalpflege und die Deutsche Stiftung Denkmalpflege. André Jankwitz ist hochzufrieden, dass Stadt, Land und Stiftung die Hochwertigkeit des Alten Friedhofs schätzen und es als Notwendigkeit empfinden, finanziell einzugreifen. Und dass die Stadt einen Steinmetz vor Ort fand, war die Stelle doch offiziell ausgeschrieben. Insgesamt fließen 148.500 Euro in das Projekt.

x