Pirmasens Virtuos für einen guten Zweck

„Jermaine Reinhardt & Friends“ musizierten in der Alten Post für einen guten Zweck.
»Jermaine Reinhardt & Friends« musizierten in der Alten Post für einen guten Zweck.

Ein hinreißendes Konzert und ein bewegender Spendenzweck, nichts weniger als eine Starthilfe fürs Leben, überzeugten am Samstag bestimmt 250 Konzertbesucher in der Alten Post. Rund 2500 Euro kommen alleine am Samstag zusammen für das Kinderheim in Rumänien. Kein Wunder, die „Reinhardts“, die sich für den guten Zweck verwenden, sind eine hochkarätige Musikerfamilie. Auch die Gäste sind von Rang und Namen. Eingeladen haben der rheinland-pfälzische Landesverband Deutscher Sinti und Roma sowie der Arbeitskreis Juden in Pirmasens in Zusammenarbeit mit der Stadt Pirmasens.

Das Benefizkonzert zugunsten der Rumänienarbeit der Mallersdorfer Schwestern war ein voller Erfolg: ein sattes Spendengeld, zufriedene Organisatoren und ein Konzert, das niemanden kalt ließ. „Jermaine Reinhardt & Friends“ boten Rhythmen zwischen Gipsy-Swing und Folklore im Stil von Paco de Lucia, obwohl die Musiker natürlich ihre ganz eigene Handschrift haben. Gespielt wurden aber nicht nur traditionelle Stücke, sondern auch Eigenkompositionen der Reinhardts, insbesondere von Jermaine, der eines seiner Stücke im spanischen Stil spontan „Pirmasens“ nannte. Als dann noch Gastsänger Django Reinhardt mit seiner voluminösen Stimme sang, war der Kuppelsaal in Schwingung. So erstaunte es kaum, dass das Konzert mit stehenden Ovationen endete. „Mein Bruder Django Reinhardt ist nach der gleichnamigen Legende benannt und auch weitläufig mit ihm verwandt“, versuchte Bassist Sascha die verwandtschaftlichen Verhältnisse mit dem Namensvetter zu erklären. Eines wurde im Gespräch schnell klar: Die Legende lebt und die Reinhardts sind eine große Familie, der die Musik einfach im Blut liegt. Die Pirmasenser waren schlichtweg begeistert von der Musik, die mal in Sinti und Roma-Tradition, mal in Flamenco-Manier daherkam. Schon beim Applaudieren zwischendurch standen immer wieder Konzertbesucher auf, um den Musikern ihren Enthusiasmus kundzutun. Manchmal klangen die Gitarren wie Mandolinen und überhaupt spielten die Reinhardt-Männer großartig: Jermaine an der Solo-Gitarre, sein Vater Sascha am Bass und sein Cousin Marlon an der Rhythmusgitarre. Die Dame in Weiß, die hin und wieder Flamenco-Einlagen bot und die Profis auch mal vokal begleitete, gehörte nicht zum Ensemble. Es war die aus Merzalben stammende Eva Weis, die sich heute Ava nennt. Die Musiker luden sie auf die Bühne ein. „Ohne die Gedenktafel wäre die heutige Begegnung nie zustande gekommen“, sagte Karola Streppel, Vorsitzende des Arbeitskreises für Juden in Pirmasens. Die Rede ist von der Gedenktafel für Anna und Robert Reinhardt, die in der Klosterstraße 1a Anfang des Monats angebracht wurde. Beide Kinder waren dort in Obhut der Mallersdorfer Schwestern. Sie lebten sieben Jahre lang im Pirmasenser Nardinihaus, bevor sie nach Auschwitz deportiert wurden und dort ums Leben kamen. „Es geht immer um das Individuelle“, sagte Oberbürgermeister Bernhard Matheis und rief dazu auf, den Mund aufzumachen, wenn nicht differenziert wird. Denn aufgrund einer gefährlichen Ideologie, die nur in Kategorien dachte, seien ganze Familien ermordet worden, so Matheis. Eine Ansprache hielt auch Ordensschwester Dolore, die früher im Pirmasenser Klosterhof wirkte und von 1997 bis 2011 in Rumänien im Einsatz war. Dort hat sie das Kinderheim mitaufgebaut und vielen Sinti- und Roma-Kindern zu einer guten Zukunft verholfen. Am Samstag präsentierte sie einen jungen Mann, um ihr gelungenes Wirken im rumänischen Kinderheim zu demonstrieren. „Worte bewegen und Beispiele reißen hin“, sagte Dolore. Deswegen erzählte der junge Mann, der mit 14 Jahren in ihr Haus kam, von seinem Werdegang und davon, dass er heute als Akademiker in München seinen Weg gehe. Wie genau die Spenden verwendet werden, soll in etwa einem halben Jahr mitgeteilt werden, informierte Karola Streppel. Wer weiß, vielleicht hat sich bis dahin der Spendenbetrag um ein Vielfaches erhöht. Denn Django Reinhardt eröffnete während des Konzerts spontan, dass er in diesem Jahr ein weiteres Benefizkonzert in Pirmasens zugunsten des Kinderheims in Rumänien geben wird. Eines mit Streichern und Bläsern, also mit großem Orchester, als Geschenk für Bernhard Matheis, der nach 16 Jahren sein Oberbürgermeisteramt aufgibt, für die Stadt und die Kinder im Heim. INFO Für das rumänische Kinderheim der Mallersdorfer Schwestern wurde ein Spendenkonto eingerichtet. Spendenbeträge können an die Bankverbindung der protestantischen Gesamtkirchengemeinde, IBAN DE13 5425 0010 0000 0085 40, unter dem Kennwort: AK Geschichte der Juden / Rumänienarbeit Mallersdorfer Schwestern, überwiesen werden.

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