Pirmasens "So hause ich": RTL-II-Sendung "Hartz und herzlich" in Pirmasens

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Jens

Zur besten Sendezeit übertrug RTL II am Dienstag einen Beitrag über Pirmasens. 90 Minuten dauerte der Film, der Bewohner des Winzler Viertels in ihrem Alltag zeigte. Die Fernsehleute begleiteten Menschen am Rande und jenseits der Armutsgrenze.

„Das Winzler Viertel ist der Brennpunkt in der Stadt.“ „Hier würde ich abends nicht alleine auf die Straße gehen.“ „Pirmasens ist ein asoziales Drecksloch.“ „Die Stadt ist asozial hoch zehn.“ Deftige Zitate wie diese sind fester Bestandteil des am Dienstag ausgestrahlten TV-Formats „Hartz und herzlich“ aus dem Winzler Viertel. Der Münchner Fernsehsender RTL II hat vorab nicht zu viel versprochen, was die Darstellung der Personen angeht. Das Kamerateam hat 2018 über Wochen und Monate verschiedene Bewohner des Winzler Viertels begleitet. Da wäre etwa Patricia (42), die mit ihrem Mann Patrick zusammenlebt und seit 19 Jahren arbeitslos ist. Die Privatsphäre des Paares bleibt in dem Beitrag ebenso wenig geschützt wie die Intimsphäre. Zuschauer erfahren, dass Patrick ein „Sexmuffel“ ist und seit zwei Jahren schon keinen Bock mehr auf Sex mit seiner Ehefrau hatte. Die beiden leben in einer Wohnung, die auf den ersten Blick recht zugemüllt wirkt. Patricia sagt dazu nur: „So hause ich.“

Oft reicht es nur für „Nudeln mit Haschee“

Von Lkw-Fahrer Jens (52) erfährt das Publikum, dass der seinen Job nicht mehr ausüben kann. Warum? 19 Punkte in Flensburg sowie vier erfolglose medizinisch-psychologische Untersuchungen. Er sei charakterlich nicht geeignet, ein Fahrzeug zu führen, heißt es. Er selbst gesteht, dass er ein „bisschen jähzornig und aufbrausend“ sei. Im Laufe des Films wird gezeigt, wie er in Hartz IV abrutscht und dann nur noch 760 Euro zu Verfügung hat, bei monatlichen Fixkosten von 700 Euro. Um irgendwie über die Runden zu kommen, legen Dagmar (57) und ihre Tochter Angela, die selbst zwei Kinder hat, zusammen, wo immer es geht. Oft reiche es aber nur für „Nudeln mit Haschee“, sagt Angela in die Kamera. Sie bezieht seit elf Jahren Hartz IV und wirft dem Jobcenter vor, dass dort die eine Hand nicht wisse, was die andere tue. Ohne die Tafel wüssten die beiden nicht, wovon sie sich ernähren könnten.

Cindy verabschiedet sich aus dem Geschehen

Zu Wort kommt ebenfalls noch die 31-jährige Cindy. Sie hat psychische Probleme und ist schwanger. Weil ihr das Jugendamt ihre Zwillinge entzogen hat, schimpft sie wie ein Rohrspatz auf die Behörde. Im Laufe der Dreharbeiten verabschiedet sie sich jedoch aus dem Geschehen. Ihr wird alles zu viel. Das liegt auch daran, dass ihr neuer Partner ins Zweibrücker Gefängnis muss. Mehrere Auftritte hat der Obdachlose Jo, der im Finkengarten untergebracht ist. Er will dauerhaft runter von der Straße und versucht, Hartz IV zu bekommen.

Schmutzecken und vergammelte Häuser

Zwar widmet sich der Film schwerpunktmäßig dem Leben im Winzler Viertel, aber immer wieder sind Aufnahmen von anderen Orten der Stadt zu sehen. Das Filmteam war etwa auf dem Exerzierplatz und in der Fußgängerzone unterwegs. Außerdem werden immer wieder Schmutzecken und vergammelte Häuser gezeigt – teils mit düsterer Musik unterlegt. Als Gegenpol zu den drastischen Lebenssituationen der Protagonisten taucht eine Kioskbetreiberin auf. Die 66-Jährige kann sich noch gut daran erinnern, dass das Winzler Viertel früher einen anderen Ruf genoss. Sie erzählt den Kameraleuten vom Niedergang der Schuhindustrie. Pirmasens sei für ihre Heimat: „Ich fühle mich wohl hier.“

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Jo
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Patricia
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