Pirmasens Scheidender Polizeichef: „Respekt vor Polizeibeamten lässt nach“

Seine Dienstwaffe hat Karl Höhn allenfalls benutzt, um Warnschüsse anzugeben. „Ich musste nie auf Menschen schießen“, sagt er.
Seine Dienstwaffe hat Karl Höhn allenfalls benutzt, um Warnschüsse anzugeben. »Ich musste nie auf Menschen schießen«, sagt er.

Seine Zeit in Pirmasens läuft ab. Nach sieben Jahren als Leiter der Polizeidirektion Pirmasens geht Karl Höhn zum 1. Februar in Pension. 44 Jahre und sieben Monate war er Polizist. Seine letzte Station in Pirmasens mag er nicht missen, der Rheinland-Pfalz-Tag 2013 und der Besuch des Bundespräsidenten im Oktober waren Höhepunkte.

„Bei uns ist die Welt im Großen und Ganzen noch in Ordnung“, sagt Karl Höhn im Gespräch mit der RHEINPFALZ. „Bei uns“, damit meint der Leiter der Polizeidirektion Pirmasens die Städte Pirmasens und Zweibrücken sowie den Landkreis Südwestpfalz. Er selbst wohnt in Bad Dürkheim und pendelt seit sieben Jahren in die Westpfalz, meistens mit dem Zug, zuletzt häufiger mit dem Auto. Höhn verweist auf ein Ranking im Magazin Focus, in dem der Landkreis Südwestpfalz zu den sichersten Regionen in Deutschland gezählt wird.

Delikte, die typisch für Pirmasens sind

So heimelig mag es in der Stadt Pirmasens nicht ganz zugehen, hier machen der Polizei nicht zuletzt die Folgen der schwierigen sozialen Situation vieler Bürger zu schaffen. Es gibt Delikte, die typisch sind für Pirmasens. Höhn nennt die Gewalt in engen sozialen Beziehungen („früher Hausstreitigkeiten genannt“, so Höhn) oder die Ruhestörungen in öffentlichen Anlagen. Das Gefühl für Ordnung und Sauberkeit lasse zu wünschen übrig, gerade auf Plätzen der Stadt und in Parkanlagen, sagt Höhn. Wobei: Wenn die polizeibekannten Personen, die etwa im „Oettinger-Park“ in der Nähe der Polizeidirektion abhängen, lauthals streiten, dann meistens untereinander, eher nicht mit Fremden. Aber durchaus mit der Polizei. „Der Respekt vor Polizeibeamten lässt nach, die Fäkaliensprache nimmt zu“, beobachtet Höhn. Zu Einsätzen müssten die Polizisten heute regelmäßig Schutzwesten mitnehmen, weil die Gewaltbereitschaft auch vor Beamten in Uniform nicht halt mache. „Das war zu unserer Zeit kein Thema“, erinnert sich Höhn an seine eigenen Jahre als Schutzpolizist. Dass auch Frauen mit auf Streife gehen, ändere übrigens am aggressiven Verhalten mancher Zeitgenossen wenig. „Wenn die Situation eskaliert, wird keine Rücksicht auf die weiblichen Beamten genommen“, sagt Höhn.

Als junger Polizist bei RAF-Prozessen

Der gebürtige Zweibrücker war als Polizeibeamter von Koblenz bis Ludwigshafen und von Trier bis Mainz eingesetzt, vor allem aber in der Pfalz. Nach einer auf eineinhalb Jahre verkürzten Ausbildung – damals üblich für Abiturienten – gab es gleich einen Höhepunkt in der Laufbahn des Karl Höhn: Er wurde 1976 „als blutjunger Polizist“ zur Verstärkung nach Kaiserslautern abgeordnet, wo damals RAF-Prozesse stattfanden und die Polizei deshalb unter Strom stand. Höhn machte Karriere, war unter anderem Leiter der Polizeiinspektion Worms und ab 2004 (bis zu seinem Wechsel nach Pirmasens) Leiter der Ersten Bereitschaftspolizeiabteilung in Enkenbach-Alsenborn. Und wurde dann Polizeichef in Pirmasens. „Das ist das Reizvolle am Polizeiberuf, dass man viele unterschiedliche Dinge machen kann“, sagt er. Wobei er als Leiter der Polizeidirektion nicht mehr an vorderster Linie dabei ist. „Nur bei größeren Einsätzen bin ich als Verantwortlicher mit im Boot“, sagt Höhn. Dazu zählten etwa der Rheinland-Pfalz-Tag 2013 oder zuletzt im Oktober der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Der Alltag werde gemeistert von den Kollegen der Polizeiinspektionen und der Kriminalinspektion. 90 bis 95 Prozent seiner Arbeit mache heute die Personalverwaltung aus, sagt Höhn. Dazu gehören die Auswahl des Personals oder die Aufteilung auf die vier Polizeiinspektionen und die Kriminalpolizei. Seit die Polizeipräsidien ihren Nachwuchs selbst einstellen können, hat sich der Altersdurchschnitt der Polizisten in der Direktion Pirmasens verbessert: von 49,75 im Jahr 2012 auf 45,8 Jahre in 2018. „Knapp drei Jahre, das ist schon eine Hausnummer“, sagt Höhn.

Bad Dürkheim als Heimat

Um in den gehobenen Dienst aufzusteigen, war der Zweibrücker Höhn in die Vorderpfalz gezogen, in der Westpfalz waren keine Stellen frei. Seit 1982 wohnt Höhn mit seiner Frau, die ebenfalls aus Zweibrücken stammt, in Bad Dürkheim. Das wird auch so bleiben, wenn Höhn zum 31. Januar im Alter von dann 64 Jahren in Ruhestand geht. „Bad Dürkheim ist meine Heimat, nicht Zweibrücken“, sagt Höhn. Zögen er und seine Frau zurück in die Westpfalz, „müssten wir wieder neu anfangen“, denn ihren Bekanntenkreis haben die Höhns in der Vorderpfalz. Wie ist die Gemütslage nach fast 50 Jahren Polizeiarbeit? Karl Höhn sieht das relativ emotionslos. „Wenn die Zeit gekommen ist, dann ist es genug!“ Wenn er ein Jahr länger hätte arbeiten müssen, „würde ich auch nicht ins Koma fallen“, so Höhn. Im Ruhestand freut er sich auf ein Leben ohne Termindruck „und dass ich spontan auf Ereignisse reagieren kann“. Langeweile fürchtet er nicht. Mit seiner Frau, die Ende 2018 ebenfalls in Ruhestand geht, will der „leidenschaftliche Skifahrer“ Touren machen zu Fuß oder mit dem Fahrrad, bevorzugte Urlaubsziele sind die Nord- und Ostsee, Bayern oder Südtirol. Bücher lesen steht nicht mehr an erster Stelle. In seinen Jahren als Pendler zwischen Bad Dürkheim und Pirmasens habe er im Zug Hunderte Schmöker verschlungen, erzählt er.

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