Pirmasens PSB: Heute bestellt, morgen geliefert

WIR SIND DIGITAL: Wer im Geschäft einkauft, erwartet gefüllte Regale. Wer heute im Internet einkauft, will morgen beliefert werden. Möglich machen dies ausgeklügelte Transport- und Lagerkonzepte, die der Ware den Weg weisen. Längst per digitaler Datenübertragung – Logistik 4.0. Das tägliche Geschäft der Pirmasenser PSB Intralogistics GmbH.

Heute bestellt, morgen geliefert – damit werben Online-Händler zunehmend. Beispielsweise das britische Modeunternehmen Next, das über 500 Geschäfte und 200 Franchise-Stores im In- und Ausland zählt und sich als Großbritanniens „Online-Modehändler Nummer 1“ bezeichnet. Britische Kunden können sogar noch am Abend bestellen und werden tags darauf beliefert. Erst war um 20 Uhr Bestellschluss, dann um 21 Uhr und jetzt um 22 Uhr – das Zeitfenster wird immer enger. Für ihn als Vertriebsleiter sei das „begeisternd“, stellt Volker Welsch bei PSB fest. Denn das könne man nicht mehr manuell im Lager organisieren. Es ist der Punkt, an dem es ohne automatisierte Systeme für Lagerhaltung und Transport nicht mehr geht – Systeme, wie sie PSB für die innerbetrieblichen (intralogistischen) Wege von Waren entwickelt und fertigt. Auch für Next. Es sind Hochleistungssysteme, die auch große Warenströme steuern können. 21 Millionen Teile lagert und versendet etwa das spanische Kindermoden-Unternehmen Mayoral im Jahr; es beliefert 8000 Verkaufsstützpunkte in 63 Ländern aus einem Distributionszentrum in Spanien. Dessen Herzstück ist ein automatisch gesteuertes Lager- und Kommissioniersystem von PSB. Bis zu 1600 Aufträge können dort bearbeitet werden – am Tag. Ob ein Händler Filialen beliefert, ein Online-Shop seine Endkunden oder ob – zunehmend – Unternehmen stationär und online verbinden: Analog funktioniert in der Logistik-Kette kaum noch etwas. Logistik 4.0 heißt das Schlagwort. Was das bedeutet, erklärt Volker Welsch: „Prozessdaten werden zwischen Kunde und Lieferant online ausgetauscht.“ Was einfach klingt, ist ein komplexer Prozess, bei dem Waren- und Datenströme parallel laufen. Das Beispiel Schuhkauf im Internetshop zeigt es. Erst erreicht der Kundenauftrag aus dem Online-Shop das Distributionszentrum des Händlers; die Freigabe erfolgt mit der Bezahlbestätigung. Dann kommt das Kommissionier-Geschehen in Gang, das heißt die Zusammenstellung des Auftrags. Ob nur ein Paar Schuhe oder gleich mehrere Paare aus dem Lager geholt werden, hängt von den Bestellungen für diese Schuhe ab, aber auch von Prioritäten des Händlers. Muss zum Beispiel die Ware schnell verpackt werden, weil der Paketdienst täglich um 16 Uhr kommt? Das Paket ist noch nicht verschickt, da wird schon Nachschub angestoßen – automatisch. Ähnlich funktioniert es bei der Belieferung von Filialen. Dort können Kassen, wenn sie einem Warenwirtschaftssystem angeschlossen sind, nach dem Kauf sofort online Warenanforderungen übertragen. „Supply chain“, Versorgungskette, nennen Fachleute die Warenkette von der Produktion, etwa in Fernost, bis zum Endkunden in Deutschland. Für einen Teil dieser Kette liefert PSB Systemlösungen – angepasst an Projektanforderungen, an den Lieferweg zum Endkunden und das Nachschubsystem. Es sind zum Beispiel Lagersysteme, in denen Shuttles automatisch Waren ein- und auslagern. Oder hochkomplexe Kommissioniermodule, die zurückgesandte Waren – Retouren – mit aktuellen Aufträgen aus Filialen und Internetbestellungen abgleichen und dann dem Mitarbeiter an der Kommissionierstation Handlungsanweisungen für den weiteren „Reiseplan“ der Ware geben: in eine Filiale, zum Kunden oder ins Lager. Eine zeitsparende Sache, die dem Versandhandel helfen soll, das Retourenproblem in den Griff zu bekommen. Im Modebereich liegt die Retourenquote etwa bei 60 Prozent – „zehn Lkw fahren raus, sechs kommen zurück“, verdeutlicht Welsch. Menschen sind in diesem Prozess Befehlsempfänger der Anlage. Werden sie verzichtbar? Nein, sagt Welsch: „Kein Roboting ersetzt die Fingerfertigkeit des Menschen.“ Maschinen könnten nie so gut und effizient einen Karton packen wie Menschen. Mitarbeiter könnten vielmehr durch Technik entlastet und effizienter eingesetzt werden, etwa im Service. Denn Kunden investierten ja in der Regel in Technik, weil sie wachsen wollten. Nur ein Beispiel dafür ist für Welsch Pferdesport Krämer, der auch Nicht-Reitern durch seine Megastores an Autobahnen ein Begriff sein dürfte. Das Unternehmen mit über 20.000 Reitsportartikeln – nach eigenen Angaben Europas Marktführer– hat sein Filialgeschäft um den Onlineverkauf ergänzt. Für beides koordiniert nun ein von PSB entwickeltes Hochleistungs-Logistikzentrum in Hockenheim Warenströme. Ohne dass Mitarbeiter freigesetzt wurden. Heute bestellt, morgen geliefert – der schnelle Service hat dennoch Schattenseiten. So werden Waren, die über Plattformen bestellt werden, oft einzeln versendet – umweltfreundlich ist anders. Der Aufwand des Zusammenführens von Bestellungen sei für manche eben noch höher als das Porto, meint Welsch. Nachhaltigkeit werde aber wichtiger: nicht nur bei energiesparenden PSB-Anlagen, sondern auch im Prozess ihrer Kunden. Majoral etwa beziehe Ware aus Fernost nun in (besseren) Kartons, die an Kunden weiterverschickt würden. Apropos schnell: Wird es bald möglich sein, Ware am gleichen Tag zu erhalten? Ein Thema sei dies, sagt Welsch, aber die Physik setze Grenzen. Dass Drohnen die Zustellung übernähmen, sieht er – vor allem aus rechtlichen Gründen – skeptisch. Für realistischer hält er es, Wege durch mehr Distributionszentren zu verkürzen. Also doch wieder näher zum Kunden. Das Unternehmen: PSB Intralogistics GmbH PSB entwickelt und fertigt kundenspezifische Systeme, die bei Lagerung, Transport und Kommissionierung von Waren im Betrieb  (intralogistisch) zum Einsatz kommen. Sie werden vor allem in europäische Länder geliefert, der   wichtigste Markt ist Deutschland. Ob Mode, Buchhandel, Automobilzulieferer – PSB beliefere fast alle Branchen außer unverpackte Lebensmittel und Chemie, sagt Vertriebsleiter Volker Welsch.  Das 128 Jahre alte Unternehmen hat seine Belegschaft zuletzt leicht aufgestockt auf  450  Mitarbeiter und steigerte   2014 seinen Umsatz  auf   rund 60  Millionen Euro. (tre)

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