Pirmasens Pirmasens: Viele Ideen für einen Umzug der Stadtbücherei

„Ich geh’ gern zur Kultur“, sagt Ulrike Weil. Das Pirmasenser Programm sei „richtig gut“. Sie nennt sich selbst eine „vehemente
»Ich geh’ gern zur Kultur«, sagt Ulrike Weil. Das Pirmasenser Programm sei »richtig gut«. Sie nennt sich selbst eine »vehemente Verteidigerin« der Stadt.

Sommergespräch: Sofas, auf denen man entspannt lesen kann, gemütliche Ecken und ein Regal mit Konsolenspielen: Ulrike Weil hat viele Ideen für die Stadtbücherei, sollte die als Mediathek in die Kaufhalle umziehen. „Ich hoffe immer noch“, sagt Weil, denn zusätzlichen Raum könnte sie gut gebrauchen.

65.000 Medien beherbergt die Stadtbücherei in der Dankelsbachstraße auf etwa 700 Quadratmetern. „Ich hätte gerne 2000 Quadratmeter, aber 1500 bis 1700 wären super“, sagt die Leiterin der Stadtbücherei über das geplante Domizil in der Kaufhalle. Wie mehrfach berichtet, hat die Stadt die Kaufhalle gekauft. Oberbürgermeister Bernhard Matheis hatte der RHEINPFALZ vor über einem Jahr seine Ideen für die Nutzung geschildert: Einzelhandel im Erdgeschoss, im Obergeschoss Penthouse-Wohnungen, dazwischen könnten Stadtbücherei und Stadtarchiv einziehen (wir berichteten am 7. März 2017). Nachdem ein Ideenwettbewerb ohne Resonanz blieb, kündigte Matheis im Januar an, er werde mit möglichen Investoren sprechen, damit die Pläne vorankommen. Neues gab es seitdem nicht zu berichten. „Ich weiß auch nur, was dazu in der Zeitung stand“, sagt Weil. „Ich hab’s aber noch nicht abgehakt.“

Gut zu tun im Lesesommer

Doch auch ohne Umzugsplanung hat die 52-Jährige gerade genug zu tun: Es ist Lesesommer. Auch die Pirmasenser Stadtbücherei macht von 11. Juni bis 11. August beim landesweiten Lesewettbewerb für Sechs- bis 16-Jährige mit. Weil hat sich in den Ferien eine Urlaubssperre auferlegt und meistert den Ansturm der jungen Leser mit ihren sieben Mitarbeiterinnen und mehreren Ehrenamtlichen. Ohnehin sei die Stadtbücherei mit der Kinder- und Jugendbücherei sowie den Außenstellen sehr rührig. Das Ziel: Möglichst viele Kindergartengruppen und Schulklassen zur Leseförderung ins Haus holen, sie mit dem Angebot vertraut machen. Ausleihen sind für Kinder kostenlos. „Gerade in einer Stadt wie Pirmasens muss das so sein“, findet Weil. Kommen die Kinder, kommen auch die Mamas.

Die mittlere Lesergeneration fehlt

An älteren Lesern mangelt es ebenfalls nicht − jedoch an der mittleren Generation, erzählt Weil im RHEINPFALZ-Sommergespräch. Sie versucht, mit verschiedenen Veranstaltungen gegenzusteuern − im Carolinensaal und in der Alten Post, mit regionalen Autoren, aber auch mit Hugo-Ball-Preisträger Feridun Zaimoglu. Sie ist stolz darauf, das kulturelle Leben der Stadt mitzugestalten. „Ich geh’ gern zur Kultur“, sagt Weil. Das Programm sei „richtig gut“. Ohnehin sei sie eine „vehemente Verteidigerin“ von Pirmasens: „Jeder weiß, dass die Stadt Probleme hat, aber es gibt auch schöne Ecken.“ Die Frau aus dem Nordschwarzwald, die im November 30 Jahre in der Stadtbücherei arbeitet, liest nach eigenen Angaben im Jahr an die 80 Bücher. Mehr als die Hälfte davon bekommt sie, um sie für die Einkaufszentrale für Bibliotheken zu besprechen. Abseits davon hat sie die Krimis von Pierre Lagrange alias Sven Koch („Mörderische Provence“) für sich entdeckt, entsprechend ging der Urlaub vor dem Lesesommer in die Provence. „Man kriegt Anregungen, Lust auf die Landschaft und die Kultur“, erzählt sie, das kann schon mal den Reiseführer ersetzen.

Nachschub per Onleihe gesichert

Sechs dicke Bücher schafft die Bibliothekarin im Urlaub. Diesmal reichte der Vorrat nicht, und Weil holte sich Nachschub aufs Smartphone. Schließlich weiß die Chefin, wie die sogenannte Onleihe funktioniert, also das Ausleihen von digitalen Büchern, Zeitschriften und Hörbüchern übers Internet. Immerhin sei die Pirmasenser eine der ersten acht Stadtbüchereien im Land gewesen, die das möglich machten. Die Onleihe werde in Pirmasens gut angenommen − „nicht nur von jungen Leuten, auch von den Älteren“. „Im Moment läuft’s gut, es ist viel Leben da“, sagt Weil über die Bücherei. Auch wenn Umbrüche spürbar sind: Sachbücher werden dank Internet immer weniger nachgefragt, Nachschlage Werke wandern Stück für Stück ins Lager, um Romanen Platz zu machen. Der Bestand umfasst auch 23 Romane auf Arabisch. „Wir haben einige Flüchtlinge auf den Weg bringen können“, berichtet sie von gelungener Integration, die nur dank der „tollen Arbeit von Ehrenamtlichen“ gelinge. Wobei ihr klar ist, dass nicht aus jedem, der mit Hilfe der Bücherei Deutsch gelernt hat, ein Stammkunde wird. „Wir können immer nur Dinge anbieten, anregen und hoffen, dass sie angenommen werden.“

Nicht mehr gefragt

Stichwort annehmen: Nahezu täglich wollen Leute, die ihr Elternhaus ausräumen, Bücher abgeben. Ulrike Weil muss die meisten ablehnen. Selbst wenn sie in der Kaufhalle mehr Platz hätte: Viele der alten Bücher seien heute schlichtweg nicht mehr gefragt.

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