Pirmasens Ohne Ochsentour in Politik einsteigen

100 Jahre Frauenwahlrecht: Im Carolinensaal moderierte Helga Knerr (Zweite von links) eine Diskussion mit den Bundestagsabgeordn
100 Jahre Frauenwahlrecht: Im Carolinensaal moderierte Helga Knerr (Zweite von links) eine Diskussion mit den Bundestagsabgeordneten (v.l.) Anita Schäfer (CDU), Angelika Glöckner (SPD) und Brigitte Freihold (Linke).

Einen weiten und beschwerlichen Weg haben die Frauen seit 1918, dem Einführungsjahr des Frauenwahlrechts, zurückgelegt. Wo stehen die Frauen heute? Wie steht es um das politische Interesse der Frauen? Inwieweit werden sie auf der politischen Bühne ernst genommen? Zu diesen und anderen Fragen äußerten sich die drei geladenen Mitglieder des Deutschen Bundestags, Anita Schäfer von der CDU, Angelika Glöckner von der SPD und Brigitte Freihold von den Linken.

Geladen hatte die Volkshochschule, moderiert wurde die Veranstaltung im Carolinensaal von der früheren Dezernentin der Stadt Pirmasens, Helga Knerr. Aktuell sind sieben von 16 Ministern weiblich. Der Frauenanteil des Deutschen Bundestages liegt bei 30,7 Prozent. Verglichen mit dem Frauenanteil des ersten Bundestags 1949 von 6,8 Prozent ist die Steigerung zwar beachtlich, trotzdem sind die Frauen nach wie vor in der Politik unterrepräsentiert. In den Kommunen sind sie zu etwa 25 Prozent in den Räten vertreten. „Es gibt zu wenig Frauen in der politischen Landschaft. Gerade jungen Frauen möchte ich raten, sich bei den Parteien zu bewerben. Die Ochsentouren, die wir damals machen mussten, sind heute nicht mehr notwendig“, sagte Anita Schäfer, die seit 20 Jahren dem Bundestag angehört. „Frauen, die in der Politik sind, schätzen viel mehr das Engagement der Frauen in Familie und Gesellschaft. Den jungen Leuten muss bewusst sein, was die Generationen vor uns erreicht haben. Sie müssen die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Entwicklung voranschreitet“, unterstrich Angelika Glöckner, die dem Bundestag seit vier Jahren angehört. „Männer haben weniger Hemmungen sich zu profilieren und darzustellen. Frauen zieren sich oft, aus sich heraus zu gehen, zum Beispiel im Wahlkampf. Die Hemmschwelle, politische Ämter übernehmen zu wollen, ist recht groß“, konstatierte Brigitte Freihold, die die Linken seit letztem Jahr im Bundestag vertritt. Diejenigen Frauen, die den Sprung auf die große politische Bühne geschafft hatten, fanden sich lange in den traditionellen Sparten Jugend, Familie und Soziales wieder. Inwieweit hat sich das verändert? „Wir haben eine Kanzlerin, eine Verteidigungsministerin, einige weibliche Ministerpräsidentinnen“, so die Abgeordneten. Die Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft seien aber nach wie vor überwiegend durch Männer besetzt. Das ändere sich jetzt erst ganz allmählich, sagte Freihold. Wie kann man es erreichen, dass sich der Frauenanteil in der politischen Landschaft erhöht? „Man könnte die Rahmenbedingungen so verändern, dass sich, wie in Frankreich, die Zusammensetzung paritätisch gestaltet. Wichtig ist aber auch, dass die politische Bildung verstärkt in den Schulen stattfindet“, konstatierte Freihold. „Wir müssen die gesellschaftlichen Strukturen so verändern, dass wir die Leute erreichen. Die jungen Frauen müssen für die Politik gewonnen werden“, sagte Glöckner. „Frauen in verschiedenen Lebensmodellen sollten sich nicht auseinanderdividieren lassen, sondern sich gegenseitig unterstützen“, meinte Schäfer. Nötig seien gute Rahmenbedingungen für Frauen, die sich politisch engagieren wollen. Eine Wahlrechtsreform sei unumgänglich. Info Die SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Glöckner ruft junge Menschen und zivilgesellschaftliche Organisationen auf, sich für den „Marie-Juchacz-Preis 2019“ zu bewerben. Marie Juchacz war die erste Frau, die in Deutschland in einem Parlament reden durfte. Die Ausschreibung sowie die Teilnahmeformulare sind unter www. spdfraktion.de/mariejuchaczpreis abrufbar. Einsendeschluss ist der 4. Januar 2019.

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