Pirmasens OB Matheis: Pirmasens hat „richtigen Kurs eingeschlagen“

So soll sie aussehen, die Jugendherberge in der ehemaligen Hauptpost. Im früheren Posthof ist ein Freisitz geplant.
So soll sie aussehen, die Jugendherberge in der ehemaligen Hauptpost. Im früheren Posthof ist ein Freisitz geplant.

Wie es mit der Ex-Kaufhalle weitergehen soll und was er mit der Innenstadt vorhat, darüber hat OB Bernhard Matheis mit der RHEINPFALZ gesprochen.

Was ist für Sie das wichtigste Projekt im Jahr 2018?

Ganz wichtig für die Stadtentwicklung ist die Jugendherberge. Da sind wir mitten in der Umsetzung. Ich glaube, sie wird richtig gut. Der Standort in der Schützenstraße ist perfekt, der Auftritt wird sehr modern. Es ist top, dass das Jugendherbergswerk uns über eine so lange Zeit die Treue gehalten hat. Das hat viel auch mit dem sehr herzlichen Verhältnis zum Vorstandsvorsitzenden des Jugendherbergswerks zu tun, der immer an den Standort Pirmasens geglaubt hat. Wichtig ist aber auch, dass wir bei der ehemaligen Kaufhalle weiterkommen. Was planen Sie da, nachdem der Ideenwettbewerb auf null Resonanz gestoßen ist? Wir werden jetzt die drei Entwickler, die nicht an dem Ausschreibungsverfahren teilnehmen wollten, ansprechen. Und ich gehe auf weitere Investoren zu. Mir geht es an der Ecke darum, dem Gebäude eine möglichst zukunftsträchtige Funktion zu geben, die die Stadt voranbringt. Es geht ja nicht nur darum zu renovieren, sondern die Immobilien sind Mittel zum Zweck, positive Entwicklungen für Tourismus und Einzelhandel anzustoßen. Wir sind bei der ehemaligen Kaufhalle sehr flexibel, haben deshalb als Stadt auch die Option eröffnet, Flächen beispielsweise für die Stadtbücherei anzumieten, die zu einer Mediathek umgebaut werden soll, so wie das in unserer Partnerstadt Poissy geschehen ist. Wenn die Atmosphäre in so einer Einrichtung stimmt, wird das Publikum hineingezogen und es entsteht schon damit zusätzlicher Publikumsverkehr am Exe. Ist es wahrscheinlich, dass es in der Kaufhalle in diesem Jahr losgeht? Das weiß ich nicht. Es kommt darauf an, welche Ideen die Entwickler haben, was sie wo verorten wollen. Es gibt dort zudem die Möglichkeit, städtische Grundstücke zu integrieren. Ich hoffe, dass wir unterschiedliche Vorschläge bekommen. Die Prüfung wird aber Zeit in Anspruch nehmen. Was hätten Sie an der Ecke am liebsten. Einen Mix? Ja, eindeutig. Das Zentrum um den Exerzierplatz sollte meines Erachtens mit Einzelhandel belebt werden. Wie man das im einzelnen organisiert, ist eine Frage der Akquise und des Geschicks von Entwicklern. Ich halte das auch für ein ziemlich attraktives Wohnquartier, weil man ganz nah an allen Angeboten in der Stadt ist. Wichtig wird auch die Oberbürgermeisterwahl im September. Was treibt Sie an, zum dritten Mal zu kandidieren? Wir haben parteiintern noch keine Gespräche geführt. Ich habe bislang lediglich erklärt, dass ich mir das vorstellen kann. Jetzt warten wir es mal ab. Aber Sie wollen. Es ist für mich eine sehr reizvolle Option. Weil wir vieles angefangen haben. Mitte der 90er Jahre war Pirmasens in einer fürchterlich schwierigen Lage. Dann wurde ich, bildlich gesprochen, auf die Brücke eines ziemlich großen Schiffes gestellt. Weil ich etwas verändern wollte, habe ich angefangen, das Ruder einzuschlagen. Um das Schiff zu drehen, braucht man eine super Mannschaft. Die habe ich, die lebt den Strukturwandel. Aber es dauert, bis der Kurswechsel spürbar wird. Jetzt sind wir soweit, dass das Schiff den richtigen Kurs eingeschlagen hat. Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in der Stadt? Die ist toll. Wir haben eine extrem gute Nachfrage nach Gewerbeflächen. Deshalb drängt es auch bei der Entwicklung des Gewerbegebiets Grünbühl auf der Husterhöhe, das wir wie die Husterhöhe Nord und Bunkerhill entwickeln wollen, mit Platz für Dienstleister, klassische Industrie, Gründer. Die Kunst wird es sein, die Nutzungen in dem Gebiet so zu ordnen, dass es nicht zu Nachbarschaftskonflikten kommt. Wir müssen dort auch Glasfaserkabel verlegen, Straßen bauen, einige Gebäude wird man umnutzen können. Es stockt auf dem Grünbühl, weil sich der Abzug der Amerikaner verzögert. Gibt es etwas Neues? Ursprünglich sollten die Amerikaner seit Oktober in Kaiserslautern sein. Das hat sich verschoben. Aber wir arbeiten an dem Thema weiter, wir verfeinern den Masterplan, damit wir sofort starten können, wenn das Gebiet frei wird. Wir verfolgen dort auch ein ganz neues ökologisches Konzept. Das wie aussehen soll? Es soll eines der ersten Gewerbegebiete werden, das energieautark ist. Dort gibt es Platz für eine große Photovoltaikanlage, auf die besonders energieeffizienten Gebäude wollen wir Photovoltaik bringen. Zudem sollen die Gebäude so vernetzt werden, dass die Energie, die zu unterschiedlichen Zeiten gebraucht wird, über ein smartes System optimal verteilt wird. Wir haben die Firma Firu aus Kaiserslautern mit im Boot, die mit solchen Entwicklungen Erfahrung hat. Wir hoffen ein Pilotprojekt aufsetzen zu können und Fördermittel zu bekommen. Sie wollen bei der Entwicklung des Grünbühl den Landkreis mit ins Boot holen. Beim Neujahrsempfang haben Sie angedeutet, dass Sie schon sehr vertrauensvolle Gespräche mit der neuen Landrätin Susanne Ganster geführt haben. Gibt es weitere Pläne, die Zusammenarbeit zu intensivieren? Es gab mal die Idee, die Wirtschaftsförderung oder die Zulassungsstellen zusammenzulegen. Wir haben genau in diesem Sinne die Gespräche aufgenommen. Es wird darum gehen, in verbindlichen Strukturen zu kooperieren. Da haben wir die gleiche Denkrichtung. Wie soll es in der Innenstadt weitergehen? Wir erwarten Städtebaufördermittel in Millionenhöhe. Damit haben wir das Handwerkszeug, um die Ideen, die in den Werkstattgesprächen erarbeitet wurden, zu finanzieren. Wir wollen Anreize geben für eine Quartiersgemeinschaft, wollen einen Citymanager einstellen, Impulse setzen im baulichen Bereich. Die dazu nötigen Daten haben wir erhoben. Wir wissen genau, wer seine Immobilie verkaufen will oder bereit ist, seine Geschäftsräume einzubringen, um größere Ladenflächen zu erzielen. Was kommt zuerst, der Citymanager? Nein, wir müssen parallel vorgehen. Wir sprechen jetzt erst über die Strategie in einer Klausurtagung der Verwaltung. Dann werden wir die Stelle des Citymanagers ausschreiben. Und dann werden wir die Gespräche mit Grundstückseigentümern einleiten. Natürlich ist es unwahrscheinlich, dass jemand sagt, ich kaufe von der Lutherkirche bis zur Ecksteinsau alles auf und erneuere die Fassaden und lege Läden zusammen. Es wird unterschiedliche Entwicklergruppen geben. Die Herausforderung wird sein, eine „Halskette“ zusammenzufügen, bei der die Perlen zueinander passen. Der Fachkräftemangel ist in Pirmasens angekommen, auch große Unternehmen wie Profine klagen. Können Sie da als OB helfen? Über diese Frage sprechen alle Oberbürgermeister mit Unternehmen, ich tue das auch. Mir zeigt es, dass bundesweit das Thema Bildung und Qualifizierung in den Fokus muss. Meine Überzeugung ist aber auch, dass die Unternehmen auf geänderte Lebensbilder der jungen Leute reagieren müssen. Wir haben keinen Unternehmer-Arbeitsmarkt mehr, sondern einen Arbeitnehmer-Arbeitsmarkt. Viele, die qualifiziert sind, können sich aussuchen, was sie machen wollen. Die Unternehmen konkurrieren um die besten Köpfe. Unsere Wirtschaftsförderung hat deshalb das Projekt Pro Fachkraft eingeleitet. Ein Programm, das Firmen Wege aufzeigt, Schwachstellen in der Personalakquise aufzudecken. Da haben wir auch als Verwaltung mitgemacht. Die Wirtschaft muss reflektieren, ob sie attraktiv genug ist als Arbeitgeber. Sie konkurriert ja mit Betrieben in Großstädten. Wer heute im Digitalbereich eine Stelle annimmt, der kommt in Wohlfühloasen mit Fitnessstudios, super Kantinen, um ein Beispiel zu nennen. Wie wichtig ist es vor diesem Hintergrund, Langzeitarbeitslose zu qualifizieren? Mein Kollege Markus Zwick ist sehr intensiv an dem Thema dritter Arbeitsmarkt dran. Es stimmt einfach nicht, dass Langzeitarbeitslose alles Leute sind, die von ihrem Intellekt her nicht in der Lage wären, sich weiterzuqualifizieren. Ziel muss es sein, ihnen den Zugang zu einem strukturierten Leben zu ebnen. Dafür brauche ich aber ein Projekt, das längerfristig angelegt ist. Wir denken dabei an einen Zeitraum von fünf Jahren und wollen mindestens 150 Leute in Arbeit bringen. Das Dynamikum soll generalsaniert werden. Was genau wird gemacht und wann geht es los? Demnächst. Die Treppen, die Belüftungsanlagen, die Fenster dieses Museums, das ist alles super in Schuss gehalten worden, obwohl schon 950.000 Leute durchgelaufen sind. Ziel ist jetzt eine Grundsanierung, bei der vor allem die technologische Erneuerung eine große Rolle spielt. Als das Dynamikum vor zehn Jahren eingeweiht wurde, waren LEDs noch unerschwinglich. Eine Einrichtung, die die Leute zum Mitmachen auffordert und will, dass naturwissenschaftliche Phänomene ausprobiert werden, muss mit der Entwicklung Schritt halten. Deshalb wird das Dynamikum für 1,4 Millionen Euro modernisiert, wir wollen die Smartphone-Nutzung einbauen und viele Exponate austauschen. Wer auf diesem Feld nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. | Interview: Claudia Schneider

Um die Innenstadt soll sich ein Citymanager kümmern.
Um die Innenstadt soll sich ein Citymanager kümmern.
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