Rheinpfalz Mit kleinen Nischen punkten

Mehrfach renoviert und umgebaut hat die Familie – von links Jana, Hans, Erika und Jutta Haas – das Geschäft, das im eigenen Haus
Mehrfach renoviert und umgebaut hat die Familie – von links Jana, Hans, Erika und Jutta Haas – das Geschäft, das im eigenen Haus untergebracht ist. Alle fünf Wochen wird das Schaufenster umdekoriert.

Handel ist Wandel – dieser Spruch ist aktueller denn je. Alles verändert sich rasant: das Verhalten von Käufern, die mehr und mehr das Internet nutzen. Oder auch das Verhältnis zwischen Handel und Hersteller, wobei viele Produzenten inzwischen Endkunden direkt bedienen, so in Factory Outlets oder Internet-Shops. Wie gehen damit klassische inhabergeführte Einzelhandelsgeschäfte auf dem Land um und welche Überlebensstrategie haben sie? Dieser Frage gehen wir in unserer Serie nach. Heute bei Uhren, Optik und Schmuck Straub in Dahn.

Hier arbeiten drei Generationen unter einem Dach: Erika Haas, Jutta Haas und Jana Haas – Tochter (72), Enkelin (50) und Urenkelin (24) des Firmengründers und Uhrmachers Willy Straub. Und alle drei Damen sind vom gleichen Fach, haben Augenoptikerin gelernt. Erika Haas, seit bald 51 Jahren Meisterin, führt sogar noch das 1929 vom Vater gegründete Geschäft. Unterstützt werden die Damen von Hans Haas (78), der als gelernter Industriekaufmann seiner Frau Erika zuliebe zum Uhrmacher umgeschult hatte. Hinzu kommt ein Optiker-Gehilfe. Keine Frage: Bei „Straub“ sind sie ein klassischer Familienbetrieb, wenngleich kein Handwerksbetrieb mehr wie früher einmal. Denn die dort verkauften Uhren und der Schmuck sind Handelsware, wie die Damen erklären; in der eigenen Werkstatt werden nur kleinere Reparaturen ausgeführt, größeres geht an einen externen Goldschmied. Aber auch an den Brillen, deren Gläser inzwischen meist aus Kunststoff bestehen, sei in der Regel nur noch das Einschleifen in die Fassung richtige Handarbeit. Früher seien auch mehr Schmuck und Uhren verkauft worden, blicken Erika und Hans Haas zurück; heute betrage der Anteil der Uhren etwa zehn Prozent und der des Schmucks 30 Prozent; bei 60 Prozent liege die Optik. Schmuck und Uhren seien im Internet einfacher zu kaufen, stellt Jutta Haas fest – anders als Brillen, die individuell gefertigt werden. Und passenden Modeschmuck böten längst auch große Modehäuser an. Uhren als reine Zeitmesser hätten zudem an Bedeutung verloren, meint sie, weil viele dafür ihr Handy nutzten. Tochter Jana kann das nur bestätigen. Die 24-Jährige trägt selbst eine Uhr – weil sie es schön finde, sagt sie. Aber in ihrem Freundeskreis sei das nicht mehr selbstverständlich. Und wenn eine Uhr getragen werde, dann gebe es nur diese einzige. Und die kommt dann oft von „angesagten“ Marken. Solche ins Sortiment zu bekommen, sei aber gar nicht so einfach, berichtet Jutta Haas, mancher Hersteller beliefere Geschäfte erst ab einer höheren Einwohnerzahl, als Dahn vorweisen könne. Dennoch, das ist der Familie klar, kann ihr Unternehmen auf Dauer nicht nur von den überwiegend älteren Kunden aus Dahn und Umgebung leben. „Man muss auch Jüngere bekommen“, betont Jutta Haas. Daran haben sie jedoch bereits gearbeitet. So nahmen sie kürzlich eine „junge“ Marke für Sonnenbrillen ins Sortiment, die gut ankam – ein Vorteil der jüngsten Augenoptikerin im Bunde, die schließlich weiß, was gerade „in“ ist. Jana Haas berät auch Heiratswillige per Tablet, mit dem die Paare sich ihren Traum-Ring nach Wunsch zusammenstellen und das Ganze in einer realistischen Darstellung sehen können. Und sie bietet mit der kürzlich angeschafften Graviermaschine einen ganz besonderen Service an: Nicht nur Namen oder Zahlen können damit auf Schmuckstücke übertragen werden, sondern auch andere Vorlagen wie Logos oder kontrastreiche Zeichnungen – wie zum Beispiel jene Kinderzeichnung, die für einen Papa auf einem Anhänger verewigt wurde. Es sind kleine Nischen wie diese, mit denen sich das Geschäft interessant machen kann. Dazu gehört auch der Service einer besonders gestalteten Verpackung, für die eigens Lehrgänge besucht wurden. Mit Erfolg: Ein Kunde, erzählt Jana Haas, habe sogar einmal gesagt, dass er eine Uhr bewusst bei ihnen und nicht im Internet gekauft habe, weil sie bei ihnen so schön verpackt werde. Das sei ein Teil ihrer Strategie, betont Erika Haas: dass sie schon immer viel selbst machten. So könnten sie zum Beispiel auch Perlenketten aufziehen. Den Kunden neben Beratung weiteren Service zu bieten, sei wichtig, betont die Chefin. Und wenn man solche kostenlosen Leistungen – etwa Brillen nachstellen, Nasensteg richten und mehr – überschlage, kämen sicher am Tag ein bis zwei Stunden zusammen. Doch letztlich, ist Erika Haas überzeugt, zahle sich dies aus. Dazu gehört es übrigens auch, die Kunden gut zu kennen. Denn nur so, sagt Erika Haas, könnten sie diese auch wirklich gut beraten. Beispielsweise, ob für eine zu beschenkende Dame ein kürzeres oder ein längeres Kettchen geeignet sei. Oder ob jemand komplett falsch liege mit seinem Präsent. Wie jener Kunde, der für seine Frau zu Weihnachten eine Brosche suchte. Bei Erika Haas war er da genau richtig, denn sie erinnerte sich daran, dass er seiner Frau erst im Jahr zuvor ein solches Schmuckstück geschenkt hatte, was dem Herrn dann auch wieder einfiel und den Weihnachtsfrieden gerettet haben dürfte. Unterm Strich seien sie zufrieden, betont Erika Haas, auch wenn die Umsätze leicht rückgängig gewesen seien. Denn sie hätten den Kostenvorteil, im eigenen Haus zu leben und zu arbeiten. Vom Alter her seien sie „eine gute Mischung“, meint sie – und dafür, dass die drei Damen beim Einkauf der Accessoires nicht über die Stränge schlagen, sorge dann ihr Mann. Ein eingespieltes Familien-Team.

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