Pirmasens In die Rolle einer Politikerin geschlüpft

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Vier Tage in Berlin beim Deutschen Bundestag. Vier Tage in die Rolle eines Abgeordneten schlüpfen und im großen Plenarsaal des Reichstagsgebäudes das parlamentarische Verfahren nachstellen: Für Katharina Hammerschmidt aus Pirmasens war es eine Erfahrung, die sich gelohnt hat.

Auf Einladung der SPD-Bundestagsabgeordneten Angelika Glöckner war die 18-Jährige nach Berlin gereist, um dort zusammen mit 314 weiteren Jugendlichen aus Deutschland am Planspiel „Jugend und Parlament“ teilzunehmen. „Der Einblick in die politischen Entscheidungsprozesse und in die Arbeit von Politikern war sehr authentisch und hat mein Vorhaben bestätigt, mich auch später mit Politik befassen zu wollen“, freut sich die Schülerin der zwölften Klasse des Hugo-Ball-Gymnasiums noch Tage später im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Schon mit 15 habe sie sich für Politik interessiert und jeden Abend Nachrichten im Fernsehen geschaut oder tagsüber in den Zeitungen gelesen, was im eigenen Land oder „direkt vor der eigenen Haustür“ so vor sich gehe. Ihre Eltern seien zwar auch politisch interessiert, hätten sie aber nie in eine bestimmte Richtung gedrängt – dass sie sich engagiere und interessiere, sei fast von alleine gekommen, sagt die Schülerin. Ein ausschlaggebender Orientierungspunkt sei dann ihr Sozialkundelehrer gewesen, bei dem sie seit der Oberstufe einen ihrer drei Leistungskurse belegt habe – schließlich würde dieser politische Dinge nicht „staubtrocken“ erklären, sondern vorwiegend aktuelle Themen im Unterricht behandeln, die das Interesse der Schüler weckten. Seit einem dreiviertel Jahr ist die angehende Abiturientin zudem bei „Attac“ aktiv – einer Nichtregierungsorganisation, die zur globalisierungskritischen Bewegung gehört. „Als Angelika Glöckner beim Girls Day angeboten hat, dass man sie bei ihrer Arbeit begleiten kann, habe ich mich direkt beworben, allerdings wurde ein anderes Mädchen dafür ausgesucht. Mir wurde dann wiederum angeboten, an ,Jugend und Parlament′ teilzunehmen – und da habe ich natürlich gleich ,ja′ gesagt“, erzählt Hammerschmidt und berichtet von einem „strammen“ Tagesablauf in der deutschen Hauptstadt. Der erste Tag sei noch „relativ entspannt“ mit einem ersten Kennenlernen und einer Hausführung verlaufen. Aber schon am Tag darauf sei das Programm „ziemlich anstrengend“ gewesen und hätte schon früh morgens vor sieben Uhr begonnen. Als fiktive Abgeordnete von der ebenfalls fiktiven „Christlichen Volkspartei“ habe sie sich als Arbeitsschwerpunkt den Ausschuss „Ernährung und Landwirtschaft“ ausgesucht und gestaltete – „über mehrere diskussionsreiche Stunden“ – den Gesetzgebungsprozess zum Tierschutz in der Landwirtschaft aktiv mit. Nach dem Abitur und der Ausbildung will sie dennoch keine Politikerin werden, sondern eher als Journalistin über politische Themen berichten. „Nach dem Abi werde ich auf jeden Fall studieren. Politikwissenschaft und Germanistik oder Journalismus“, erzählt die junge Frau. Erste Erfahrungen habe sie schon sammeln können: So hat sie im vergangenen Jahr bei einem Rotary-Wettbewerb zum Thema „Die Zukunft von Pirmasens“ den ersten Platz belegt. „Dafür habe ich mir einen größeren Zeitungsartikel ausgedacht, bei dem es um ein neues Recycling-Verfahren für Dämmstoffe ging, da es so etwas noch gar nicht gibt. Das alles habe ich als Pirmasenser Innovation dargestellt, die schließlich der Konjunktur hier vor Ort zum Aufschwung verholfen hat“, so die Schülerin, der durch ihre Berlin-Reise klar geworden sei, wie wichtig Politik auf allen Ebenen sei. „Wir haben Glück, dass wir in einer Demokratie leben und wählen dürfen. Das ist nicht selbstverständlich und muss unbedingt genutzt werden“, appelliert Hammerschmidt vornehmlich an Gleichaltrige und wünscht sich, dass „ihre Generation“ Politik nicht als „trocken und langweilig“ empfindet, sondern als etwas, das alle betrifft. Dass politisches Verständnis oder politisches Interesse nicht mehr selbstverständlich ist, weiß wiederum auch Angelika Glöckner, die seit November 2014 SPD-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis 211 ist. „Dem Deutschen Bundestag ist es ein großes Anliegen, dass Politik transparent gemacht wird. Für jeden – gerade aber auch für die Jugend, denn sie ist es schließlich, die künftig in unserem Land mitbestimmen wird“, betont die 53-jährige Mutter zweier Söhne. Demnach würden in Berlin immer wieder verschiedene Projekte und Aktionen angeboten, die sich an die Jugend richteten. Auch sie selbst sehe es darum als eine ihrer Hauptaufgaben an, immer wieder zu zeigen, „was ein Politiker in Berlin macht“, sagt Glöckner. Ihren viertägigen „Schützling“ hat Glöckner als „unheimlich engagiert und interessiert erlebt.“ Sie wünsche sich, so Glöckner, dass viele es Katharina Hammerschmidt gleichtun. Denn Politik präge das Leben. Man müsse sich zudem immer wieder bewusst machen, „dass wir in einer Demokratie leben, die uns verschiedene Privilegien ermöglicht. Diese fallen nicht vom Himmel, sondern bedeuten harte Arbeit. Und die geht jeden etwas an“, so Glöckner.

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