Pirmasens „Ich liebe meine Stimme“

Anette von Eichel
Anette von Eichel

Seit über zehn Jahren arbeiten der Pianist und Arrangeur Christoph Mudrich und die Sängerin Anette von Eichel schon zusammen. So auch bei den Weihnachts-Jazzkonzerten unter dem Titel „Blue X-Mas“, die von Eichel und das „Mudrich Trio“ am heutigen Samstag, 20 Uhr, auch in die Alte Post nach Pirmasens führen. Über diese Zusammenarbeit sprach Christian Hanelt mit der Jazz-Sängerin.

Was fasziniert Sie an Weihnachtsliedern und warum sind es amerikanische Lieder – inwieweit eignen die sich für ein solches Programm besser als deutsche Lieder?

Oh, ich liebe deutsche Weihnachtslieder! Besonders „Kommet Ihr Hirten“ und „Maria in ein Dornwald ging“ finde ich wunderschön. Ich bin als Sängerin in einem Kirchenchor in Nordhessen aufgewachsen, ich liebe das Weihnachtsoratorium von Bach, wunderbare Musik. Gesungene Musik hat für mich eine besondere Innigkeit, und gesungene Weihnachtslieder berühren uns Menschen noch einmal ganz besonders, nicht wahr!? Als Jazzsängerin habe ich auch schon deutsche Songs gesungen. So hatte ich mal eine Band mit dem Trompeter Matthias Schriefl, wo wir deutsche Songs aus den 1930er Jahren bearbeitet haben, die ja auch stark an das amerikanische Jazzidiom angelehnt waren. Für unser Weihnachtsprogramm finde ich aber, dass sich die amerikanischen Songs einfach noch besser für die Freiheiten und Schönheiten im Jazz eignen als die deutschen Lieder. Die musikalischen Strukturen liefern viel Raum für Improvisation und die Texte sind so wunderbar spielerisch. Das finde ich ganz toll. Ich finde auch, dass die amerikanischen Weihnachtslieder sehr zugänglich sind und eine super Brücke von der heutigen Popmusik zum Jazz bauen – das macht Menschen Spaß, die die Freiheiten im Jazz lieben, ist aber auch für Zuhörer schön, die sich noch nicht so im Jazz auskennen, aber neugierig sind. Viele Ihrer Kollegen nehmen zumindest einmal in ihrer Karriere ein Weihnachtsalbum auf – gerade jetzt ist ein Album von Lyambiko erschienen. Wann folgt Ihr Weihnachtsalbum? Haha. Ja, das machen in der Tat viele Kollegen! Meine kleine Tochter hört gerade das Album von Michael Bubblé rauf und runter. Ich selbst stehe sehr auf das Album von Ella Fitzgerald. Wir haben mit der Band auch schon darüber nachgedacht – ich glaube, wir heben uns das noch ein bisschen auf… Ich finde die Art, wie Christoph Mudrich die Stücke für unser Programm arrangiert hat, wunderbar! Eine großartige Kombination von Liebe für die Musik und die Texte, musikalischer Abenteuerlust und Spielwitz. Das ist wirklich ganz einzigartig, was Christoph da geschaffen hat. Ich werde Ihnen Bescheid geben, wenn wir soweit sind. Haben Sie einen Favoriten unter den Weihnachtsliedern? Oh, das ist schwierig… Ich mag sehr gerne „Winter Wonderland“ – ich mag den Text und die Musik, das sind wirklich schöne Bilder. Auch „Christmazing With You“ finde ich klasse mit dem lateinamerikanischen Rhythmus. Und „Have Yourself A Merry Little Christmas“ ist einfach unheimlich rührend… Sie sehen schon: ich mag sie alle! Inwieweit unterscheidet sich Ihr Programm in diesem Jahr von dem Weihnachtsprogramm 2017? Wir experimentieren jedes Jahr mit ein paar Sachen. Manchmal ändern wir das Repertoire, wir überarbeiten aber immer unseren Ansatz. Jazz ist die Musik der Improvisation und des kollektiven Spielwitzes, der Kommunikation von Musikern miteinander. Das macht den Jazz so großartig und so wichtig in der heutigen Zeit. Kenner werden am Samstag ein paar Stücken wiedererkennen, aber wir haben immer Überraschungen parat – ich zum Beispiel habe mich im letzten Jahr sehr mit Joni Mitchell und Abbey Lincoln beschäftigt und bin sehr gespannt, wie sich das auf meine Interpretation der Stücke und meine Improvisation auswirken wird. Ich bin gut vorbereitet und sehr gespannt. Und wenn man mit einer so guten Band spielen darf, wie ich bei dieser Tour das Glück habe, dann ist es immer spannend, was passiert. Was schätzen Sie besonders an Christoph Mudrich und seinem Trio? Ich liebe dieses Trio. Die einzelnen Musiker sind unheimlich ausdrucksstark und gut. Christoph Mudrich ist ein toller Pianist und wunderbarer Arrangeur – da habe ich großes Glück. Christoph kennt sich so gut aus mit dem American Songbook und Jazzgesang im allgemeinen, er ist ein echter Sängerversteher! Rudi Engel ist ein Pfund am Bass. Ich liebe es, wenn wir gemeinsam phrasieren und uns rhythmisch im Spielen aneinander reiben. Ich habe auch eine Duo-Stelle mit Rudi im Programm, die ich sehr genieße. Und Dirik Schilgen am Schlagzeug ist immer eine Freude, ein super Schlagzeuger. Dirik und ich improvisieren total gerne zusammen. Ich freue mich jedes Jahr auf unsere Konzerte. Wir haben schon viel miteinander erlebt und genießen unsere Arbeit immer sehr. Wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit mit Christoph Mudrich? Die Welt ist ja bekanntlich ein Dorf – und die Jazzwelt erst recht. Ich habe schon in Den Haag eine Reihe von Musikern aus dem Saarland kennengelernt. Als ich dann in Köln war, hat es mich mal mit Kollegen auf eine Jam-Session in Saarbrücken verschlagen, und da habe ich Christoph kennengelernt. Sehr lustig, ich hatte zufällig eine Hose an im gleichen Muster wie ein Verstärker auf der Bühne… da müssen wir beide heute noch drüber lachen. Das Muster verrate ich nicht... Was zeichnet Ihre Stimme aus? Ich liebe meine Stimme und genieße es zu singen. Ich glaube, ich habe eine für eine Jazzsängerin ungewöhnliche und sehr gut erkennbare Stimme. Ich kann bluesy und dunkel klingen, aber auch hell und strahlend. Ich habe eine große Farbenpalette in meiner Stimme, und ich habe auch sehr viel Spaß daran, mit meinen Stimmfarben zu spielen. Ich liebe Musik aus tiefstem Herzen, und ich singe immer mit meiner ganzen Person. Ich bin sehr nahe am Text, und ich bin sehr abenteuerlustig. Ich glaube, ich kann Menschen mit meinem Singen berühren und auch zum Tanzen und Lachen bringen. Wow, ich bin gespannt, was Sie mir dazu nach dem Konzert sagen! Freue ich mich drauf. Sie waren früher Dozentin bei den Dahner Jazz- und Rocktagen. Welche Erinnerungen haben Sie daran? Das war eine schöne Zeit dort! Der Leiter Holger Ryseck hat sehr viel Energie in die Workshops gesteckt – wirklich klasse. Ich erinnere mich an die unglaublich gastfreundliche und herzliche Atmosphäre. Ich habe dort viele wirklich nette Menschen getroffen und schöne musikalische Momente erlebt. Sie haben am Conservatorium in Den Haag studiert. Warum gerade dort? Eigentlicher Auslöser war meine damalige Dozentin, die Amerikanerin Rachel Gould. Ich hatte Rachel in Deutschland kennengelernt und sie hat mir Den Haag empfohlen. Das war für mich genau die richtige Entscheidung. In den 90er Jahren war die Jazzausbildung in den Niederlanden auf einem qualitativ viel höheren Niveau als in Deutschland. Jazz hat in den Niederlanden eine lange Tradition, die Ausbildung war sehr gut strukturiert und die Studierenden kamen aus der ganzen Welt. Das war eine wunderbare und wertvolle Zeit für mich. Sie unterrichten selbst an der Musikhochschule in Köln. Inwieweit hat sich die musikalische Ausbildung – gerade im Bereich Jazz – in den vergangenen Jahren in Deutschland verändert? Die Jazzausbildung in Deutschland ist jetzt auf einem sehr guten Niveau, wie ich finde. Wenn ich noch einmal studieren würde, würde ich das jetzt in Deutschland machen – am besten in Köln oder Berlin. Mit der Einführung der Bachelor-Studiengänge vor ein paar Jahren haben wir den Studiengang in Köln etwas entschlackt, wodurch wir den Studierenden noch mehr Entwicklungsspielraum, aber auch bessere Begleitung bieten können. Wir haben unseren Fachbereich auch umbenannt von „Jazz“ in „Jazz Pop“. Ich sehe mich als echte Jazzsängerin, aber ich finde diese übergreifende Arbeit wirklich gut. Gerade im Gesang, den ich in Köln betreue, ist die Wechselwirkung sehr bereichernd. Jazzmusiker und Popmusiker haben unterschiedliche Ansätze, und das kann sich sehr gut befruchten. Kann man das so sagen: Die Musiker werden immer besser, aber es gibt für sie immer weniger Möglichkeiten, aufzutreten? Ja, die Musiker werden immer besser, das stimmt. Und die, die gut spielen und gut vernetzt sind, haben auch Möglichkeiten zu spielen. Aber der Markt wird natürlich immer voller! Ich höre Geschichten von Kollegen, die schon in den 80er Jahren gespielt haben – die für uns Musiker luxuriöse Spielsituation von damals wird es nicht mehr geben, leider . Aber auch heute ist die Clubszene in Deutschland großartig im Vergleich zum Rest von Europa! Infos Eintrittskarten gibt es für 14 (ermäßigt sieben) Euro an der Abendkasse , die ab 19 Uhr geöffnet ist.

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