Pirmasens Fürsorglicher Abriss

Leere Fensterhöhlen und ein Bauzaun signalisieren, dass sich bei dem einstigen Mehrfamilienhaus in der Kaffegasse 14 etwas beweg
Leere Fensterhöhlen und ein Bauzaun signalisieren, dass sich bei dem einstigen Mehrfamilienhaus in der Kaffegasse 14 etwas bewegt. Das Gebäude, das der Stadt gehört, wird derzeit entrümpelt und entkernt. Ab nächster Woche sollen die Abrissarbeiten erfolgen.

Den Auftrag für die anstehende Ordnungsmaßnahme hatte der Stadtrat in seiner Sitzung am 14. April 2019 an den wirtschaftlichsten Bieter, die Firma Ternava GmbH (Saarbrücken), zum Angebotspreis von rund 46.000 Euro vergeben. Die Arbeiten umfassen den Abbruch des Gebäudes, eine fachgerechte Beseitigung der anfallenden Materialien und Gefahrenstoffe sowie Sicherungsmaßnahmen des denkmalgeschützten Anwesens Kaffeegasse 12. „Durch den Rückbau des ehemaligen Mehrfamilienhauses (Baujahr 1899) wird das direkt im Anschluss befindliche denkmalgeschützte Wohnhaus aus der Landgrafenzeit (Kaffeegasse 12) freigestellt und mit der Gestaltung der entstehenden Freifläche ein weiterer Blickfang geschaffen, der den Pirmasensern und ihren Gästen zu Gute kommt“, so Maximilian Zwick, Pressesprecher der Stadt. Die Schäferstraße sei eine der am höchsten frequentierten Achsen innerhalb der Stadt. Gleichzeitig stelle das steingewordene Zeugnis aus der Landgrafenzeit eine wichtige Anlaufstation innerhalb des historischen Stadtrundgangs auf der Achse zwischen Forum Alte Post / Rheinberger / Strecktalpark und Schloßplatz mit Stadtmuseum Altes Rathaus dar. Voraussichtlich ab dem Spätsommer werde die in unmittelbarer Nähe gelegene Felsentreppe durch das Vogel-Mosaik einen weiteren Baustein innerhalb des Stadtrundgangs bilden. Die Immobilie Kaffeegasse 12 stammt aus der Zeit des Landgrafen Ludwig IX. und wurde vermutlich zwischen 1775 und 1785 erbaut. Es handelt sich nicht, wie umgangssprachlich häufig bezeichnet, um ein „Grenadierhaus“, sondern einfach um ein Haus aus der Landgrafenzeit, so die Stadtarchivarin Heike Wittmer. Nach dem Krieg wurde das Gebäude weiterhin als Wohnhaus genutzt. Zu Beginn der 1980er Jahre befand es sich in einem desolaten Zustand. Die Reservistenkameradschaft Pirmasens übernahm das Gebäude im Jahr 1983. Nach Angaben des Vereins wurde es mit rund 100.000 D-Mark und unzähligen Arbeitsstunden in Eigenleistung saniert. Seit 1986 wird es von der RK für vereinsinterne Veranstaltungen genutzt. Diese Sanierung lief in Abstimmung und mit Unterstützung der Landesdenkmalpflege. Die Grenadierhäuser prägten in früheren Zeiten das Straßenbild der Schäfer- und Gärtnerstraße. Landgraf Ludwig IX. bestimmte im Jahr 1758, jeder Grenadier, der heiraten wollte, bekommt Bauland, Bauholz und Geld zum Bauen gestellt. Damit wollte der Landgraf seine Grenadiere bei der Stange halten. In kurzer Zeit entstanden damals viele Grenadierhäuschen – alle nach dem gleichen Baumuster. Nach dem Krieg mussten diese historischen steinernen Zeitzeugen Haus um Haus dem Straßenverkehr und dem Wunsch nach zeitgemäßerem Wohnraum weichen. Das letzte noch erhaltene Exemplar dieser Bauart aus der Landgrafenzeit steht in der Kaffeegasse 12. Deshalb sei beim Abriss des vorgelagerten Hauses Kaffeegasse 14 besondere Vorsicht angebracht. Bislang seien nur die üblichen Sicherungsmaßnahmen (Schutzgerüste) erforderlich. Die gemeinsame, etwa 50 Zentimeter dicke Sandsteinwand, die beide Häuser abtrennt, soll erhalten bleiben und zur Außenwand werden. Auch Statiker und Prüfstatiker begleiten den Prozess. Sie legen bei Bedarf, in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde, zusätzliche Maßnahmen fest, falls Ertüchtigungen nötig sein sollten. Später erfolgen an dem denkmalgeschützten Anwesen Anpassungen im Bereich der Giebelwand und des Daches. Laut Stadtverwaltung liegen die Arbeiten im Zeitplan. Während der eigentlichen Abrissarbeiten könne das benachbarte „Grenadierhaus“ vorübergehend nicht genutzt werden. Das gesamte Maßnahmenpaket sei im Vorfeld zwischen Vertretern der Stadtverwaltung, der Reservistenkameradschaft, der Denkmalschutzbehörde und der beteiligten Firmen eng abgestimmt worden. Nach dem Abriss der Immobilie Kaffeegasse 14 werde das freiwerdende Gelände durch das städtische Garten- und Friedhofsamt überplant. So soll das bestehende Grünkonzept Bereich Schäferstraße fortgeführt werden. Die freiere Sicht auf das Wohnhaus aus der Landgrafenzeit in die Kaffeegasse lenkt gleichzeitig den Blick auf die massiven Sandsteinfelsen entlang der Schäferstraße und der Kaffeegasse. Integriert in diese Fläche werden auch wieder Pkw-Stellplätze, unter anderem für die Reservistenkameradschaft, entstehen

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