Rheinpfalz Experte warnt vor Borkenkäfer-Katastrophe

Borkenkäfermännchen paaren sich mit den Weibchen unter der Rinde in der „Rammelkammer“.
Borkenkäfermännchen paaren sich mit den Weibchen unter der Rinde in der »Rammelkammer«.

„Wir stehen europaweit vor einer Naturkatastrophe.“ Ein düsteres Bild zeichnete der Leiter des Forstamts Hinterweidenthal, Michael Grünfelder, bei einer Infoveranstaltung zum Borkenkäfer. Wegen des Klimawandels werde der Schädling zu einer massiven Bedrohung für den Fichtenbestand.

Schwanheim: Den Waldbesitzern müsse klar werden, mit welcher Fressmaschine sie es zu tun hätten, sagte Forstamtsleiter Michael Grünfelder bei einer Infoveranstaltung zur Borkenkäfergefahr. Er erwarte eine durchgreifende Wald- und Landschaftsveränderung. Einen solchen Befall, wie er sich gegenwärtig aufbaue, habe man bisher noch nicht erlebt. „Der Borkenkäfer wird uns die nächsten Jahre mit einer Massenvermehrung in Atem halten“, sagte er voraus. „Wir sind gemeinsam gefordert. Nur wenn das Jahr feucht und kalt wird, haben wir vielleicht noch eine Chance.“

Wintersturm war verheerend

Neben Privatwaldbesitzern waren Vertreter der Waldbauvereine aus Vorderweidenthal, Oberschlettenbach, Wilgartswiesen, Spirkelbach, Hauenstein und Silz gekommen, auch aus der Verbandsgemeinde Annweiler und der Forstbetriebsgemeinschaft Südliche Haardt. Alfons Kerner, Vorstandsmitglied im Schwanheimer Waldbauverein, wies auf die Brisanz des Themas hin: „Der Wintersturm des letzten Jahrs hat uns erneut gebeutelt. Wie wir mit unseren Wäldern weiterkommen sollen, wird wirklich zum Problem.“ Jana Sigmund, Forstreferendarin im Forstamt Hinterweidenthal, erläuterte, um welch gefährlichen Schädling es sich handle. Vor den drei Arten der in den mitteleuropäischen Wäldern beheimateten Fichtenborkenkäfer verhielten sich der Buchdrucker und der Kupferstecher am schlimmsten. Der Buchdrucker befalle vorwiegend ältere Fichten, der Kupferstecher habe es eher auf junge abgesehen. Beide Arten überwinterten in der Erde. Im Frühling suche sich das Buchdruckermännchen einen geschwächten „Befallsbaum“ und bohre ihn an. Der Kupferstecher reagiere auf die Duftstoffe gestresster Bäume als Brutstätte. Mit Duftstoffen im Bohrmehl lockten die Männchen die Weibchen an und paarten sich mit mehreren in der unter der Rinde ausgehöhlten „Rammelkammer“. „Ein Weibchen kann bis zu 250.000 Nachkommen haben“, machte Sigmund aufmerksam. Die Entwicklung bis zum fertigen Insekt dauere sieben bis zehn Wochen. Die Larven bohrten Gänge in den Stamm und verpuppten sich dort.

Wie die Schädlinge den Baum befallen

Zunächst wehre sich der Baum nach allen Kräften. Denn die Schädlinge zerstörten mit Vorliebe seine Leitungsbahnen und schnitten somit die Wasser- und Nahrungszufuhr ab. Einen befallenen Baum könne man daran erkennen, dass er vermehrt Harz absondere, um die Bohrgänge zu verstopfen, so Sigmund. Bei einem großen Angriff habe der Baum aber keine Chance mehr. „Trockene Sommer sind optimale Bedingungen für den Käfer. 2018 sind bis zu drei Generationen ausgeschlüpft. Für 2019 befürchten die Experten ein Desaster.“ Laut Sigmund sind lichter werdende Baumkronen und grüne Nadelteppiche unter den Stämmen Alarmzeichen. Solche Bäume müssten unbedingt entfernt und schnell abgefahren werden. Die schon toten Bäume könne man stehen lassen. Günter Beck, betreuender Förster der Privatwaldbesitzer, riet, sich auf einzelne befallene Bäume in sonst noch intakten Wäldern zu konzentrieren, große geschädigte Flächen aber aufzugeben. „Stecken Sie sie in den Ofen, so schmerzlich es ist.“ Der Holzmarkt sei ohnehin gesättigt, ergänzte Grünfelder. Frische Fichten sollten also gar nicht geschlagen werden. Der Geschäftsführer der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Pfalz, Andreas Eichenlaub, regte an, bei Neupflanzungen auf jeden Fall Mischkulturen anzulegen.

Experte rät zu Wiederbewaldung

Vom Publikum kam der Hinweis, früher habe es viel mehr Ackerflächen in Waldgegenden gegeben. Die Kahlflächen könnten doch in Landwirtschaftsflächen umgewandelt werden. So entstehe offene Kulturlandschaft. Grünfelder entgegnete, das Ziel sei die Wiederbewaldung. Es müsse in die Naturverjüngung des Waldes investiert werden, wie es bereits erfolgreich im Bayerischen Wald geschehe, wo ganze Regionen vom Borkenkäfer vernichtet worden seien. „Mit einer großen Mischung aus Fichte, Eiche, Buche, Kiefer und Douglasie wird uns das auch gelingen“, prophezeite er. „Viel Arbeit, Pflege und Geduld ist Voraussetzung. Und es dauert lang.“

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