Rheinpfalz Dorfgemeinschaft zurückgewinnen

„Orte guten Lebens“ sollen die Identifizierung der Südwestpfälzer mit ihrer Region stärken. Das ist das Ziel einer Expertise des Instituts für Professionalität und Qualifizierung (PQ) für die Kreisverwaltung, die am Donnerstag im Jugendhilfeausschuss präsentiert wurde. Mit diesem Projekt sollen Jugendliche als sogenannte Dorfraum-Pioniere gewonnen werden.

Eine der Grundaussagen von Bernhard Haupert und Ingo Schenk von PQ ist, dass Dorfgemeinschaften durch Verwaltungs- und Gebietsreformen zum Negativen hin verändert wurden, weil direkte politische und Zuständigkeiten für Kindergärten und Schulen weggenommen wurden und eine Demokratie vor Ort nicht mehr erforderlich erschien. Dass die Verantwortung an anderer Stelle wahrgenommen wird, erschwere die Identifikation der Bürger mit ihrer Region. Im Verlauf des Projekts soll gezeigt werden, dass dort, wo zentrale Versammlungsorte wie Kneipen, Vereine und Jugendräume noch vorhanden sind und gepflegt werden, die Gemeinde und das Gemeinschaftsleben blüht und eine Perspektive vorhanden sei. Geburtenrückgang, demografischem Wandel und leeren Kassen sollen positive Aspekte entgegengesetzt werden. Denn von Bedeutung sind laut Schenk weniger statistische Daten, als vielmehr der Augenschein. Haupert und Schenk waren in der Südwestpfalz unterwegs, um die Grundmentalitäten der Orte kennenzulernen. „Wir sind mit der Natur verwachsen“, sagte zum Beispiel eine Bürgerin. Diese Aussage nahmen die Experten als Anknüpfungspunkt, weil es von großer Wichtigkeit sei, die regionale Identität zu erhalten und Spannungen zwischen Moderne und Tradition aufzulösen. Dafür müssten jedoch Bürger ein Verständnis für das eigene Umfeld haben sowie den Willen, die Situation vor Ort mitzubestimmen. Denn mit der Zusammenlegung der Kreise oder Verbandsgemeinden würden Zuständigkeiten aus den Orten genommen, politisches und ehrenamtliches Engagement ginge zurück. Von hoher Wichtigkeit sei es, sich auf lokale Stärken zu besinnen und den Sinn für die Dorfgemeinschaft zurückzugewinnen, betonte Schenk. Ein gutes Beispiel dafür sei Hermersberg, wo sich mittwochs in der Kneipe mehrere Vereine treffen. Bei einem Bier würden lokale Belange erörtert. Der erste Kreisbeigeordnete Peter Spitzer brachte ein positives Beispiel aus seiner Heimatgemeinde Donsieders, wo das Zusammenspiel der Generationen sowie von Alt- und Neubürgern bestens funktioniere. Gemeint ist der Verein Bulldogfreunde aus Donsieders, der nach sechs Jahren der stärkste Verein im Ort sei. Das Institut hat in der Expertise beispielhaft das Dahner Tal näher unter die Lupe genommen. Hier bemängeln Haupert und Schenk die Trennung zwischen Wasgau und dem benachbarten Elsass. Im Saarland sei die Grenze viel durchlässiger und es komme zu vielfältigem Austausch zwischen Lothringen und Saarland wegen der dort gut ausgebauten Verkehrswege über die Grenze. In der Südwestpfalz hingegen beschränkten sich die Möglichkeiten für grenzüberschreitende Kontakte auf wenige, nicht attraktive Straßen und Radwege. Eine Bahnverbindung fehlt komplett. Schenk berichtete vom Gründer der Firma Mobotix, der sein Unternehmen für Überwachungssysteme nach dem Studium in Kaiserslautern erst dort ansiedeln wollte, dann aber in den heimatlichen ländlichen Raum nach Winnweiler im Donnersbergkreis zurückging, wo nun ein respektables Unternehmen mit zahlreichen Arbeitsplätzen entstanden sei. Durch die Expertise soll geholfen werden, „Orte guten Lebens“ in der Südwestpfalz zu schaffen, an denen sich auch die nächste Generation gerne niederlässt. Die zahlreichen Zuschussanträge und andere Zuwendungen des Kreises, die in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses zur Sprache kommen sollten, wurden vertagt, weil der Ausschuss nicht beschlussfähig war. Die Beschlüsse sollen in den kommenden zwei Wochen nachgeholt werden.

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