Pirmasens „Die sind total ausgeflippt“

Anna Theresa Steckel spielt am Sonntag in Pirmasens.
Anna Theresa Steckel spielt am Sonntag in Pirmasens.
Sie geben am Sonntag ein Heimspiel in der Pirmasenser Festhalle. Nicht alle Ihrer Kollegen lieben solche Konzerte, da das heimische Publikum oft kritischer sei als andernorts. Wie ist das bei Ihnen?

Ich spiele sehr gerne in Pirmasens. Die Leute dort kennen mich sehr gut und sind natürlich auch sehr kritisch. Das macht es dann aber auch sehr aufregend. Es ist einfach schön, in Pirmasens zu spielen, denn da kommen ja auch Fans, Freunde und Bekannte, die es ja alle gut meinen. Und ich freue mich, sie alle wiederzusehen. Was schätzen Sie am Pirmasenser Publikum? Ich habe schon das Gefühl, dass die Pirmasenser sehr leidenschaftlich dabei sind. Es gibt da die Leute, die man immer im Konzert sieht und die Musik auch selbst gerne als Hobby betreiben. Und für die ist ein solches Konzert etwas ganz Besonderes – und das spürt man woanders, wo man die Besucher nicht kennt, doch nicht so. Sie haben zum Beispiel in den USA, in Indonesien, Kambodscha und Pakistan gespielt, in Taiwan und Japan. Sind die Reaktionen des Publikums überall gleich? Das ist ganz lustig. Wie waren vor eineinhalb Jahren auf Tour in Taiwan, und dort ist das Publikum völlig aus dem Häuschen gewesen. Die sind total ausgeflippt. Es war wie nach einem Pop-Konzert. Das war unglaublich. In Japan haben wir das auch erlebt. Normalerweise sind die Leute dort ja sehr in sich gekehrt und kontrolliert, aber nach dem Konzert flippen die richtig aus. Sie haben in der New Yorker Carnegie Hall und vielen anderen berühmten Sälen gespielt und nun in der beschaulichen Pirmasenser Festhalle. Ist das nicht ein Sprung zwischen Welten? Das ist ganz spannend und interessant zwischen Auftritten in großen Konzertsälen dann auch mal wieder nach Pirmasens zu kommen. Letztlich sind es aber alles nur Konzertsäle, und wenn man darin spielt, geht es ganz einfach nur um die Musik – dann schaltet man das ganze drumherum eigentlich ab. In dem Moment ist es egal, wo man spielt, auch wenn natürlich die eine oder andere Halle besser oder schlechter klingt. In welchem Saal würden Sie gerne einmal spielen? In der Carnegie Hall habe ich bisher ja nur im kleinen Saal gespielt, der auch schon sehr schön klingt. Im großen Saal habe ich dagegen noch nicht gespielt, und das würde ich doch sehr gerne einmal. Und natürlich in der Elbphilharmonie – klar. Sie geben in Pirmasens erstmals ein Konzert zusammen mit dem Pianisten Martin Klett. Was hat sie zusammengeführt? Wir kennen uns zwar schon länger, aber das ist unser erstes gemeinsames Projekt. Wir leben beide in Leipzig und ich habe ihn auch schon in Konzerten erlebt, habe aber noch nicht mit ihm zusammengespielt. Wir haben jetzt schon einige Proben hinter uns, und es ist ganz toll mit ihm zu musizieren. Er ist ein super Musiker und sehr angenehmer Duo-Partner. Das macht viel Spaß, und ich denke, wir werden bestimmt noch öfter zusammenspielen. Zumal es doch etwas Besonderes ist, hier in Leipzig einen Kammermusikpartner zu haben – das hatten wir bislang beide noch nicht. Hier direkt vor der Haustür zu proben, ist schon sehr praktisch. Was schätzen Sie an ihm besonders? Er ist sehr musikalisch und reagiert unheimlich gut auf das, was ich mache oder machen möchte. Er hört sehr gut zu. Das ist toll. Sind Sie in diesem Jahr eigentlich auch wieder beim Euroclassic-Festivalorchester dabei? Es sieht so als, als ob ich wieder dabei sein werde. Ich muss zwar noch von meinem Diensteinteiler des Gewandhaus Orchesters das Okay bekommen, aber das sollte klappen. Sie sind ja mit Ihren Projekten sehr viel unterwegs. Gewährt Ihnen Ihr Dienstplan große Freiheiten? Es gibt Phasen, da habe ich viele Freiheiten, etwas anderes zu machen, und es gibt Phasen, da ist mein Dienstplan hier in Leipzig sehr voll. Da ist dann auch nicht sehr viel nebenher möglich. Manchmal wünsche ich mir schon, dass da noch ein bisschen mehr möglich wäre, andererseits habe ich halt auch eine große Sicherheit und eine super Position in diesem tollen Orchester. Interessiert Sie eine reine Solistentätigkeit, wie sie Ihr Bruder Julian ausübt, nicht? Ich mache Kammermusik wahnsinnig gerne – da würde ich auch gerne noch mehr machen. Aber als Solist reist man sehr viel allein herum. Das ist auch ein ganz spezieller Druck, der dann auf einem lastet und ich glaube, dafür bin ich nicht ganz so der Typ. Da sehe ich mich doch mehr als Kammer- und Orchestermusikerin. Abgesehen davon ist man so viel unterwegs, dass man das mit seinem sozialen Netzwerk und Familie nicht gut vereinbaren kann – und das ist nicht ganz so meine Vorstellung vom Leben. Wie ist das Programm mit Franz Schuberts Sonate A-Dur D 574, Maurice Ravels Sonate aus dem Jahr 1927 und der Johannes Brahms Sonate Nr.1 G-Dur entstanden? Das haben wir zusammen geplant. Ich weiß gar nicht mehr genau, wer was vorgeschlagen hatte. Wir haben einfach darüber gesprochen, was wir gerne machen würden und was gut zusammenpasst und dann kam das Programm heraus. Was ist Ihr Lieblings-Stück in diesem Programm? Das ist ganz schwer zu sagen. Aber den Brahms liebe ich schon sehr. Das ist ganz tolle Musik. Der Schubert ist auch toll und der Ravel ist ebenfalls ein super Stück. Ich bin zwar ein riesen Schubert-Fan, fast noch größer als Brahms-Fan, aber irgendwie hat es mir diese Brahms-Sonate angetan. Haben Sie einen musikalischen Traum? Ich würde total gerne mal das Schubert-Streichquintett spielen. Das habe ich noch nie wirklich im Konzert gespielt; und da ich Schubert sehr liebe, wäre das etwas, was ich sehr gerne einmal machen würde. Sie haben als Solistin zusammen mit Anna Sophie Mutter in Bachs Doppelkonzert für zwei Violinen gespielt. Wie kam es dazu? Das ist keine zwei Jahre her. Es war in Leipzig bei Klassik-Underground, einer neuen Reihe, die Solisten des Gewandhauses mit Musikern des Gewandhaus Orchesters nach den Konzerten am Abend in kleinem Rahmen in einer Art Club-Atmosphäre zusammenbringt. Und da habe ich mit Anna Sophie Mutter zusammen das Bach-Doppelkonzert gespielt. Kommt man sich da näher? Ja, auf jeden Fall. Wir haben in den Tagen zuvor gemeinsam geprobt. Und es ist schon spannend, mit so jemand Großen, den man sonst nur von weit weg auf der Bühne erlebt hat, so nahe zusammen zu arbeiten. Das war sehr nett, persönlich und sympathisch und hat wirklich Spaß gemacht. Bitte nennen Sie drei Gründe, am Sonntag in das Konzert zu kommen. Grund eins ist das Programm mit dieser wunderbaren Brahms-Sonate. Dann spielen Martin Klett und ich in Pirmasens, was ja auch nicht so oft vorkommt. Und drittens kann man sich den Sonntag bei dem Konzert mit wunderbarer Musik verschönern. Infos —Karten für das Konzert gibt es für 13 Euro an der Abendkasse. —Beginn des Konzerts ist um 18 Uhr. | Interview: Christian Hanelt

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