Rheinpfalz Auge in Auge mit dem Reh

«VINNINGEN/GIESSEN.» „Ich bin es nach drei Nächten nicht mehr gewohnt, in einem Gebäude zu schlafen“, berichtet der Vinninger Lukas Bion an Tag fünf seines 5000 Kilometer langen Fußmarsches zum Nordkap. Bisher hat der 27-jährige angehende Gymnasiallehrer 160 Kilometer zurückgelegt auf seiner Wanderung zugunsten notleidender Kindern für Unicef. Zwei Nächte hatte er beim Schlafen ein Dach über dem Kopf, bei Freunden war er untergekommen, die restlichen, kalten Nächte erlebte er im Zelt. Immer wieder hat er in den ersten Tagen Freunde und Bekannte getroffen, die er vom Studium in Mainz kennt. Das wird sich bald ändern. Essen mit Aussicht Der ungewöhnliche Marsch beginnt am Montag vergangener Woche um 6.30 Uhr. Von Familie und Freunden wird Lukas Bion zum Ortsausgang Vinningen begleitet, sein Patenkind Valentin Concaro wanderte mit ihm noch bis nach Pirmasens zur Schule. Für Lukas Bion geht es über Rodalben, Clausen und Heltersberg zunächst weiter bis zu seinem Tagesziel nach Trippstadt. Dort gibt es das erste Mittagessen, „mit Blick auf das Trippstadter Schloss“. Da Bion Trippstadt schon mittags erreicht hat, läuft er noch weiter bis zu einem kleinen Bach bei Mölschbach. Die erste Nacht im Zelt folgt. Lukas Bion schläft wie ein Stein. Das erste Blasenpflaster „Kalte Nacht“, so könnte man die folgende Übernachtung an Tag zwei beschreiben. Lukas friert bei kühlen zwei Grad früh morgens beim Loslaufen. In der Nähe der Enkenbacher Polizeischule sieht er einige bekannte Gesichter. Ein Kastenwagen hält neben ihm. Ein Herr im Auto spricht ihn an. Der Mann erzählt voller Stolz, dass er von Bions Tour aus der Zeitung erfahren habe. Das erste Blasenpflaster kauft er sich, damit aufkommende Blasen nicht größer werden. Die nächste Nacht verbringt er auf einer Wiese bei Standenbühl. „Wenn es jeden Tag ein Grad wärmer wird, brauche ich in drei Wochen keinen Schlafsack mehr“, meint Bion, der sich auf höhere Temperaturen freut. Wasser aus der Werkstatt Tag drei ist ein Städtetag. Bereits um 9 Uhr erreicht Lukas Bion Mannheim und gönnt sich eine lange Frühstückspause. Ein Werkstattmitarbeiter eines Autohauses füllt ihm die Wasservorräte auf. Heute gibt es erstmals keine Nudeln zum Mittagessen. „Ich koche Gnocchis“, teilt Bion mit, während er den kleinen Campingkocher in Gang setzt. Die Sonne strahlt. „Die Landschaft hat sich geändert“, titelt er in den sozialen Netzwerken. Er übernachtet in Gau-Odernheim. Aus dem Flugzeug gesprungen „Glühende Füße“ lautet die Überschrift von Tag vier, Donnerstag, der in Mainz endet. Der 27-Jährige klagt über die kalten Nächte. „Acht Grad am Morgen zeigt mir das Handy an“, sagt er. Ein Reh stolpert fast über sein Zelt. Reh und Mensch mustern sich einige Sekunden, ehe das Tier die Lust am Menschen verliert und davonspringt. Bion trifft einen ehemaligen Mitbewohner aus seiner Studienzeit, der für den Südwestrundfunk eine Reportage über ihn macht. „Es ist schön, bekannte Gesichter zu treffen“, sagt er. Zeit für Selfies ist immer. Ein Radfahrer fragt Lukas bei Niederolm, ob er aus dem Flugzeug gesprungen sei, hatte der Vinninger das Zelt doch zum Trocknen wie einen Fallschirm hinten am Rucksack hängen. An diesem Tag läuft er auf Asphalt statt auf Waldboden. Um 16 Uhr erreicht er Mainz. „Es fühlt sich gar nicht so an, als ob ich schon vier Tage unterwegs bin“, sagt er. Am Dom vorbei „Mein zweiter Aufbruch“, so umschreibt er Tag fünf, den Freitag, der ihn von Mainz in den Taunus nach Hofheim führt. Um 8 Uhr morgens bricht Bion auf, läuft vorbei am Dom, wo er noch eine Verabredung mit Leuten von Unicef hat. Bei Hofheim sucht er sich dann ein sonniges Plätzchen und verbringt die Nacht von Freitag auf Samstag wieder im Zelt. Die Schlusskonferenz Schlappe 20 Kilometer legt er an Tag 6, am Samstag, zurück. „Ruhetag“, sagt er am Telefon. Die Schlusskonferenz der Fußball-Bundesliga schaut er sich in einer Sportsbar in Oberursel an. Schlossbesichtigung Am Sonntag, dem siebten Tag seiner Tour, startet der Marsch um 7.30 Uhr. „Ich habe etwas länger geschlafen“, erzählt er. Nach der Besichtigung des Schlosses in Bad Homburg kommt Lukas Bion am späten Nachmittag in Butzbach bei Gießen an. Die erste Woche ist geschafft. Fortsetzung folgt. Info —5000 Kilometer, von Vinningen bis ans Nordkap, will Lukas Bion für den guten Zweck zu Fuß zurücklegen. Die RHEINPFALZ berichtet regelmäßig über die Reise des 27-Jährigen, die voraussichtlich fünf Monate dauert. —Wer spenden möchte, kann das tun unter www.mainz.unicef.de oder bei der Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE34 3702 0500 3032 0000 09, BIC: BFSWDE33, Verwendungszweck: 10 Mio Schritte für Unicef Lukas Bion.

x