Pirmasens Auf nach Empörien

Silvana und Thomas Prosperi sind „Faltsch Wagoni“.
Silvana und Thomas Prosperi sind »Faltsch Wagoni«.

Geht es um Liebe und Politik? Oder ist es Rechthaberei, verpackt in flotte Wortgefechte? Egal, das Duo „Faltsch Wagoni“ bietet mit seinem Musikkabarett „Auf in den Kampf, Amore!“ ein brillantes verbales Feuerwerk, das dem Kuppelsaal der Alten Post am Donnerstag ein ausverkauftes Haus bescherte.

„Wortbeat gegen den Blödtalk“ haben sich Silvana und Thomas Prosperi auf die Fahnen geschrieben. Dafür entführen sie ihr Publikum nach Empörien, dem Land der empathischen, sprich einfühlsamen Europäer. Dort herrscht Majestät, die Königin, die sich mit ihrem Folks umgibt. Ob Folks ihr Mann, ihr Volk oder der Hofnarr ist, sei dahingestellt. Sie ist mal genervt, mal angetan von ihm, und ohne ihn geht es schon gleich gar nicht. Der Einzug in ein Fantasieland ist jedenfalls ein feiner Schachzug, denn so heben sie Raum und Zeit aus den Angeln und tauchen ein in eine Realität, in der Toleranz großgeschrieben wird: Zuwanderung und Frauenrechte stehen auf ihrer Agenda. Doch bevor es losgeht mit dem Abend der Liebe, wie sie ihn nennt, streikt erst mal die Technik, und sie nutzt die Gelegenheit für einen Plausch mit dem Publikum, um sich an die Pirmasenser zu gewöhnen. Dann erklingt die Gitarre und los geht es mit dem ersten Lied. „We Are The Champions“ – umgemünzt auf die Frage „Wo bleibt der Schampus?“ Lady Dada, wie Folks seine Majestät manchmal nennt, spielt auf dem Cajón, er auf der Gitarre. Auch wenn so mancher im Publikum für den Valentinstag und auch wegen des Titels kein politisches Kabarett erwartet hatte, schafft es das Duo, die 130 Besucher in der Alten Post ganz schnell in seinen Bahn zu ziehen. Die Wortkaskaden und fein ausgefeilten Dialoge sind einfach vom Feinsten – und das, ohne abgehoben zu wirken. Der Abend strotzt vor geballter Energie und Wortkreationen: Interessenverschmutzung etwa, worüber die beiden ein böses Lied über die Lobby singen, die den Genossen verführerisch ins Ohr säuselt. Wegen der um sich greifenden nationalistischen, rassistischen und sexistischen Strömungen steigt das Duo auf die Barrikaden und erhebt die Stimme zum politischen Kampf. Facettenreich und wortgewandt, klug und stimmgewaltig kommen die Beiträge des Abends daher. Die komplexen Wortklaubereien wirken spontan, ein Schlagabtausch jagt den nächsten. Unterbrochen sind ihre kleinen Szenen von Liedern mit Texten, mit denen sie der sie umgebenden „Dummokratie“ Paroli bieten wollen. Viele Lacher bekommt ihr Duell am Smartphone, in dem sie gegeneinander twittern und vor Hassparolen sprühen, ohne jedoch einen Anlass für den Ausbruch der schlechten Laune erkennen zu lassen. „Wer meine Meinung nicht teilt, ist ein schwachmatischer Vollpfosten“, provoziert Thomas. „Mentales Leergut“, kontert Silvana Prosperi. „Volltrumpige Unterstellung“, antwortet er. Zum Schluss der deftigen Chat-Unterhaltung postet sie prompt den Anfangssatz mit dem „schwachmatischen Vollpfosten“. Ob bewusst oder unbewusst wird nicht klar: Was im Rampenlicht steht, ist die Selbstherrlichkeit und Ignoranz beider. Silvana und Thomas Prosperi haben nicht zu viel versprochen. Sie verbinden satirische Wortkunst und inszenierte Poetry-Songs. Er an der Gitarre, sie am Cajón. Auf diese Weise kreieren sie ein intelligentes Programm, das Spaß macht. Doch die Krönung ist die Zugabe der Zugabe. Als der Applaus nicht abflauen will, bieten die beiden ein hypothetisches Gespräch, was sie nicht alles tun würden für den anderen, wenn sie es nur könnten. „Ich würde Berge für dich versetzen“, beteuert Silvana, und schränkt gleich ein: „Wenn ich ein Bagger wäre.“ Das Dessert nennen die beiden ihre Zugabe. Und das ist es. So süß, dass es zu dem Valentinstag passt, den man sich wünscht. Davon hätten die Pirmasenser gern noch mehr gehabt.

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