Pirmasens Als der Rotzlöffel sellemos die Freck hatte

Karl Sieber: Musiker und jetzt auch Buchautor.
Karl Sieber: Musiker und jetzt auch Buchautor.

Karl Sieber hat eine Menge Arbeit in sein Buch gesteckt – das wird schon beim Anschauen des Inhaltsverzeichnisses deutlich. Dabei ist der Windsberger mit Akribie, Sachkenntnis aber auch viel Witz vorgegangen. Sogar spezielle „Bärmesenser Ausdrücke“, die Fachsprache der Schuhfabrikarbeiter und die Fachsprache der Bauern werden anhand etlicher Beispiele ausführlich erläutert und ins Hochdeutsche übersetzt. Ausdrücke wie „Knickersack“, „Rotzlöffel“, „Freck“, „plärre“, „sellemos“ oder Redensarten wie „an de Karre fahre“, „bloss ma die Howwel aus“ und „der wird emol die Aue verrolle“ hat wohl jeder Westpfälzern in seinem Wortschatz. Sieber hat sie zu einem launigen und interessanten Nachschlagewerk zusammengefasst. Herr Sieber, wann und wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch über unseren Dialekte zu schreiben? Die Idee dazu liegt schon weit zurück. Ich bin hauptsächlich über den Chorgesang dazu gekommen, da ich für den Südwestfunk bayrische Weihnachtslieder in den pfälzischen Dialekt übertragen sollte. Dazu hatte ich sechs Sänger in einem Doppel-Trio eingesetzt, und da ist mir aufgefallen, dass jeder ein anderes „a“ und „e“ gesprochen hat. Die Sänger kamen aus Dahn, Clausen, Busenberg, Winzeln und Windsberg und ich selbst spreche ja den Dialekt von Nünschweiler. Dann mussten wir auf einen Nenner kommen, was ein hartes Stück Arbeit war. Letztendlich haben wir uns auf die Nünschweiler Aussprache geeinigt, und da habe ich bemerkt, wie groß die Unterschiede von Ort zu Ort doch sind. Demzufolge beschäftigte ich mich dann auch näher mit der Pfälzer Mundart. Das war der Anlass für mein Buch. Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet? Da sich das Ganze über Jahrzehnte erstreckt hat, kann man das in Stunden gar nicht bemessen. Sicherlich eine Vielzahl. Es steckt sehr viel Aufwand dahinter. Stand Ihnen jemand mit Rat und Tat zur Seite oder haben Sie die Mammutaufgabe vom Manuskript bis zum druckfertigen Werk allein bewältigt? Das habe ich mit entsprechender Literatur, die ich studiert habe, allein bewältigt. Unter anderem habe ich jahrelang Zeitungsausschnitte gesammelt. Es gab mal eine Serie über den pfälzischen Wortschatz in der RHEINPFALZ. Diese habe ich gesammelt und das war eine meiner Recherche-Unterlagen. Ich konnte zwar alles auf meinem Computer speichern und einordnen, aber am Schluss musste jemand das Buch quasi formatieren. Das hat dann mein Enkel Simon gemacht, der Betriebswirtschaft und Informatik studiert. Gab es schon Rückmeldungen von Lesern, wie ihnen das Buch gefällt? Ja, es gab schon eine ganze Reihe von Rückmeldungen und Diskussionen. Auch neue Wörter wurden mir mitgeteilt, die ich noch nicht kannte. Sie haben das Buch auch schon bei einigen Lesungen vorgestellt. Wie war da die Resonanz? Man müsste eigentlich sagen, dass es Vorträge über die Pfälzer Mundart mit eingeflochtenen Lesungen sind. Es ist ja viele lebendiger, wenn man das so macht. Ich bin dabei jedes Mal erstaunt, wie viele Rückfragen diese Vorträge auslösen. Leute wollten unter anderem wissen ob ich beispielsweise die Wörter „Kinnaschees“ oder „Welljaholz“ in mein Buch aufgenommen habe. Haben Sie schon ein weiteres Buch in Planung oder konzentrieren Sie sich nun wieder auf das Musizieren mit den „Westrich Salonikern“? Ich weiß noch nicht, das ist nebulös … Ich bin jetzt im Mai 82 Jahre geworden. Ob man da noch Ideen für ein weiteres Buch entwickeln sollte, ist fraglich. Die „Westrich Saloniker“ gibt es jetzt seit zehn Jahren, wir proben regelmäßig jeden Dienstag und werden in diesem Jahr auch ein Jubiläumskonzert geben. Das Thema ist „Pälzer Lieder, Pälzer Sprich“. Der Termin muss noch festgelegt werden. Da kommen dann auch die noch lebenden Sänger des „Karl-Sieber-Chor“ zum Einsatz. Wir als „Westrich Saloniker“ haben noch einige eigene Auftritte – am 1. September beim Ortsjubiläum „100 Jahre Rieschweiler“, am 22. September im Rahmen der Veranstaltung „Musik am Sonntagnachmittag“ in der Festhalle Pirmasens sowie im Laufe des Oktobers in der Pirmasenser Johanneskirche beim Kirchen-Kultur-Café. Da wird die halbe Kirche quasi zu einem Café. Ein exakter Termin steht aber noch nicht fest. Infos —Karl Sieber: „So red ma in de Hinnerpalz – Von der sprachlichen Vielfalt unserer Mundart“, Eigenverlag, 136 Seiten, zwölf Euro. Erhältlich ist das Buch beim Autor, Telefon 06331/91660, im Mühlenladen Iseman in Rieschweiler sowie in der Pirmasenser Buchhandlung Thalia. —Mehr zu Karl Sieber steht im Internet unter https://freymi.spdns.org/wp/ der Chorgemeinschaft Windsberg.

Das Buch
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