Pirmasens 18 000 Organspender auf Abruf

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Wir sind digital: „In allen Bereichen unseres Unternehmens, sind wir heute zu 100 Prozent digital. Das heißt, vom Telefon angefangen (Voice over IP) bis hin zum Digitalisieren aller Eingangsdokumente in der Warenvereinnahmung “, sagt Ralph Hensel, Europa-Manager von Convar in der Massachusetts Avenue. Und natürlich ist am Eingang in das Gebäude Biometrie im Einsatz.

„Unsere Biometrie ist absolut super für vergessliche Menschen. Sie können ihren Schlüssel oder ihre Plastikkarte vergessen und kommen trotzdem ins Gebäude. Es hat noch keinen Fall bei uns gegeben, dass einer gesagt hätte, er habe einen Finger verloren, sondern morgens kommt man immer rein und abends wieder raus. Hier gilt keine Ausrede und es kann noch nicht mal der Falsche kommen“, scherzt Hensel. Und sollte es doch mal ein Fiesling wie im James-Bond-Film „Sag niemals nie“ versuchen, dann bekommt er es mit der Security zu tun. Denn es sind unter anderem auch sicherheitsrelevante Vorgänge bei Convar zu bearbeiten, die nicht für fremde Augen bestimmt ist. Deshalb müssen sich nicht nur die gesamte Firma, sondern auch jeder einzelne Mitarbeiter, der mit sensiblen Daten zu tun hat, jährlich überprüfen lassen. Und da sind wir auch schon mitten drin, in der Welt der Festplatten und einem etwaigen Verlust von Daten auf der Magnetbeschichtung. Typisches Beispiel: „Nine-Eleven“, also der 11. September 2001, als Terroristen zwei gekaperte Verkehrsflugzeuge in die beiden Türme des World Trade Centers lenkten. Die demolierten Festplatten aus den Bürocomputern kamen zu Convar und die Datenretter machten sich an die Arbeit. Hensel: „Die Datenträger, die nicht der großen Temperatur beim Brand der Türme ausgesetzt waren, konnten wir zu 90/95 Prozent auslesen.“ Beim großen Erdbeben von Fukushima 2011 in Japan sei das ganz anders gewesen. „Da bekamen wir Festplatten mit Produktionssystemen. Das heißt, dahinter standen Unternehmen wie Automobil-, Chiphersteller und so weiter, die auf diesen Systemen Produktionsprogramme hatten. Bei denen zählte natürlich jede Stunde. Jede Stunde Ausfall hat die 100.000 Dollar und mehr gekostet. Deswegen hatten wir hier mehr Zeitdruck.“ Auch aus weiteren Gründen bewegt sich Convar mit der Datenrettung in der Königsklasse. Denn Festplatten speichern zwar jede Menge Daten, aber sie „altern“ auch. Die Daten sind zwar immer noch drauf, aber 20 Jahre später habe man kaum noch die Möglichkeit, diese Informationen wieder abzurufen. „Das würde heißen, diese Daten wären verloren.“ Ralph Hensel macht dies so deutlich: „Wir haben früher ein schwarz-weiß- oder Farbfoto gemacht, das tat die Oma in die Schublade und wenn der Speicher geräumt wird, dann taucht es wieder auf. So kann man sich die Bilder 50 oder 100 Jahre später immer noch anschauen. Heute geht das bei digitalen Bildern kaum mehr. Ich brauche irgendein Gerät, das den damaligen Standard lesen kann und mir die alte Information wieder bekanntmacht. Die ganz große Problematik, die eigentlich keiner so wirklich wahrhaben möchte, ist, dass wir statistisch gesehen 80 Prozent aller unserer digitalen Daten in unserem Leben verlieren.“ Als Beispiel führte Hensel Bilder oder Videos auf neu gekauften Mobiltelefonen an. „Sie können sicher sein, dass in fünf Jahren das Telefon schon so weit vom Standard weg ist und in zehn Jahren noch weiter, dass sie noch nicht einmal mehr die Möglichkeit haben, diese Bilder oder Filme wieder abzuspielen.“ Im Datenrettungsbereich gebe es Fälle, „da haben Architekten in den 80er Jahren die ersten Computer mit 20-MB-Festplatten gekauft, darauf ihre Kalkulationen abgespeichert, die sie heute, 35 Jahre später, nicht mehr abrufen können“ (Hensel). Der Datenträger sei technisch gesehen immer noch intakt, aber es gebe keinen Zugriff mehr. „Sie haben das alte DOS-Programm nicht mehr, sie kennen den Controller nicht mehr und sie können die Platte nicht anschließen.“ Hier scheint Convar wie das vielzitierte Licht am Ende des Tunnels. Denn „in unserem Datenrettungsarsenal lagern über 18.000 Datenträger, Festplatten, die irgendwann mal gekauft wurden. Das sind bei uns so genannte Organspender auf Abruf. Diese Organspender entscheiden auch, wie teuer oder wie günstig die Datenrettung wird. Beispiel: Sie haben eine Festplatte aus 1990 und es gibt noch einen einzigen Spender im Archiv. Wenn man diesen Spender nicht mehr nachkaufen kann, ist das ein enormer Wert. Und da hat noch kein Mitarbeiter mit der Datenrettung angefangen. Aber weil es nur noch eine Festplatte gibt, so wie das letzte Einhorn, wird’s extrem teuer.“ Früher habe ein Hersteller im Jahr vielleicht sechs Modelle an neuen Festplatten auf den Markt gebracht, heute sind das 40 bis 50 Modelle, das heißt für diese Organspender müsse der Lagerbedarf kontinuierlich vergrößert werden. Das wichtigste dabei sei die Lagerlogistik und „die ist natürlich auch wieder digital“., so Hensel.

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