Krieg in der Ukraine Verkraftet Deutschland ein Gas-Embargo?
Mehrere Hundert Millionen Euro bekommt Russland aus der EU für Energielieferungen – pro Tag. Nach den Berichten über Kriegsverbrechen durch russische Truppen in der Ukraine flammt die Diskussion über ein Embargo russischer Gas-, Erdöl- und Kohlelieferungen wieder auf. Die Einschätzungen, wie sehr Deutschland unter einem solchen Embargo leiden würde, gehen weit auseinander
BASF-Chef Martin Brudermüller hatte vor wenigen Tagen eindringlich gewarnt, ein Gas-Lieferstopp „könnte die deutsche Volkswirtschaft in ihre schwerste Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs bringen.“ Bereits einige Tage zuvor hatte die BASF mitgeteilt, die Produktion im Ludwigshafener Stammwerk mit seinen rund 34.400 Mitarbeitern müsse komplett herunterfahren werden, wenn die Gas-Versorgung deutlich und dauerhaft unter 50 Prozent des dortigen maximalen Erdgasbedarfs sinke.
Volkswirte der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung etwa rechnen bei einem Lieferstopp mit größeren Schäden, als von vielen Kollegen angenommen. Im schlimmsten Szenario, in dem die Energiekosten infolge eines Embargos rasant steigen, ergebe sich für das Jahr 2022 ein „Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um mehr als 6 Prozent“, hieß es in einer Sonderanalyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Stiftung. Das wäre ein größerer Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Leistung als im Corona-Krisenjahr 2020.
Die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm glaubt hingegen, dass ein Embargo ein probates Mittel sein könnte, um Sicherheit in Europa herzustellen und zu stabilisieren – auch wenn dies einen ökonomischen Einbruch bedeute. Entscheidend sei, ob man die Gefahr eindämmen könne, indem man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Einnahmen aus dem Energiegeschäft entziehe.