Unesco-Entscheidung Speyer, Worms und Mainz: Jüdisches Erbe zum Weltkulturerbe erklärt

Künftig Weltkulturerbe: die Mikwe, das jüdische Ritualbad, in Speyer.
Künftig Weltkulturerbe: die Mikwe, das jüdische Ritualbad, in Speyer.

Die Präsentation und Abstimmung dauerte keine fünf Minuten: Der Judenhof mit seiner Mikwe (Ritualbad) und der 1104 eingeweihten Synagoge in Speyer, der jüdische Friedhof Heiliger Sand in Worms sowie der alte jüdische Friedhof in Mainz sind in die Unesco-Welterbeliste eingeschrieben worden. Das beschloss das Unesco-Welterbekomitee am Dienstagnachmittag in seiner 44. Sitzung in China. „Es ist eine große Ehre, wir sind überwältigt“, kommentierte das rheinland-pfälzische Team per Videoschalte die Aufnahme. Und versprach, sich der Verantwortung bewusst zu sein, das jüdische Erbe der drei Städte für die Zukunft zu bewahren.

Die Unesco bestätigt den jüdischen Stätten in den SchUM-Gemeinden Speyer, Worms und Mainz, dass sie außergewöhnlichen universellen Wert besitzen. SchUM ist eine Abkürzung aus den Anfangsbuchstaben der mittelalterlichen hebräischen Städtenamen von Speyer (Schpira), Worms (Warmaisa) und Mainz (Magenza).

Kriterien erfüllt

Auch weitere von zehn möglichen Kriterien, die ausschlaggebend für eine Einstufung als Welterbe sind, seien erfüllt: Die Stätten sind demnach einzigartiges Zeugnis der Herausbildung der europäischen jüdischen kulturellen Tradition und Identität. Bei den SchUM-Stätten handele es sich um richtungsweisende jüdische Gemeindezentren und Friedhöfe, deren Form und Gestaltung die jüdische Architektur, Ritualbauten und die Bestattungskultur in ganz Mitteleuropa nördlich der Alpen, in Nordfrankreich und England maßgeblich beeinflussten. An keinem anderen Ort könne ein vergleichbares Spektrum jüdischer Gemeindezentren und Friedhöfe die kulturellen Leistungen europäischer Jüdinnen und Juden in der Formationsphase der lebendigen Tradition des aschkenasischen Judentums bezeugen.

Freude in Speyer, Worms und Mainz

„Speyer freut sich über die Aufnahme der SchUM-Stätten in die Welterbeliste. Sie belegen einen Jahrhunderte währenden geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Austausch zwischen Christen und Juden, an den wir heute noch anknüpfen können. Besonders stolz sind wir, dass 40 Jahre nach dem Kaiserdom nun eine zweite Welterbestätte nach Speyer kommt und damit das friedliche Miteinander verschiedener Religionen in unserer Stadt hervorgehoben wird“, sagte die Oberbürgermeisterin von Speyer, Stefanie Seiler.

„Diese Würdigung bedeutet unserer Stadt sehr viel, weil wir mit den jüdischen Stätten, dem mittelalterlichen Gemeindezentrum mit Synagoge, der Frauenschul, der Mikwe und dem ehemaligem Gemeindehaus sowie dem alten jüdischen Friedhof ,Heiliger Sand’ in Hochachtung verbunden sind“, ergänzte der Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel. „Das Vertrauen der Jüdischen Gemeinde als Inhaberin nahezu aller dieser Monumente hat uns bei allen Fragen und Abstimmungen angeleitet und unser Handeln bestimmt.“

Jüdische Gemeinde hofft auf sich weitende Blicke

„Die Jüdische Gemeinde ist stolz darauf, dass wir Juden zum weltweiten Ansehen von Rheinland-Pfalz beitragen können“, nahm auch Anna Kischner Stellung, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mainz und Worms. „Mögen die Blicke der Touristinnen und Touristen angesichts der mittelalterlichen Vermächtnisse geweitet werden für die Schönheit unserer Kultur, mögen sie die Zusammenhänge erkennen und Botschafter werden nicht nur für die mittelalterlichen SchUM-Gemeinden, sondern auch für uns, für die jüdischen Leute, die heute hier am Rhein leben.“

„Die Denkmäler der SchUM-Städte sind nicht nur steinerne Zeitzeugen einer außergewöhnlich reichen jüdischen Geschichte in unserem Land, sie stehen auch für den Kulturtransfer zwischen Christentum und Judentum und mahnen uns, dies als gemeinsame, große Chance zu sehen“, kommentierte Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Entscheidung der Unesco.

Auch das Kastell Remagen ist Welterbe

Zuvor wurde über die Aufnahme des Niedergermanischen Limes in die Welterbeliste beraten. In dem niederländisch-deutschen Antrag geht es um Anlagen zum Schutz der Grenzen des Römischen Reiches, die Limes-Stätten in Deutschland liegen in Nordrhein-Westfalen (unter anderem in Kleve, Duisburg, Moers, Xanten, Neuss, Köln, Krefeld, Bonn, Bad Münstereifel) und im rheinland-pfälzischen Remagen, wo sich der Obergermanische Limes anschließt, der bereits seit 2005 Welterbe ist. Der Antrag wurde angenommen, damit ist auch das Kastell Remagen Welterbe. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz dankte in einer vorbereiteten Videobotschaft währen der Sitzung der Unesco und den Partnern für die Aufnahme Remagens.

„Der Limes ist eine besonders spannende Welterbestätte, weil er uns als Fachbehörde in einer internationalen Zusammenarbeit vernetzt, die immer weitere Kreise zieht und die wir als große Bereicherung erleben“, kommentierte Heike Otto, Generaldirektorin Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz, die Einschreibung. „Die Generaldirektion hat langjährige Expertise im Erhalt und in der Vermittlung des römischen Erbes in Rheinland-Pfalz, nicht zuletzt am Obergermanisch-Rätischen Limes. Wir werden diese gerne auch am Niedergermanischen Limes einbringen“, sagte Otto.

x