Corona Pfälzer Austauschschüler: Schnell heim aus USA oder lieber bleiben?

Endlich zu Hause: Leon Altherr mit Hund Bagheera.
Endlich zu Hause: Leon Altherr mit Hund Bagheera.

Während der Pandemie als Schüler in den Staaten: Leon Altherr aus dem Kreis Kusel ist froh, endlich wieder zurück in der Pfalz zu sein. Fritz Vogel aus Gerolsheim will gerade das nicht: nach Hause. Zwei Jungs erzählen. Von einer 35-Stunden-Tour, von Latein lernen aus Langeweile und dem Leben in einem Trump-Anhänger-Haushalt.

„30 Stunden plus“, hat es gedauert, „eher 35“. Dann war der US-Auslandsschüler Leon Altherr von Fort Myers in Florida endlich zurück in Breitenbach im Landkreis Kusel. Von der Sonne und dem Pool der Gastfamilie zurück im heimischen Garten. Als das Coronavirus die Welt eroberte und auch die USA erreichte, brach Leons Organisation AFS (American Field Service), über die er ein Schuljahr in den USA verbringen wollte, alle Freiwilligen- und Austauschprogramme im Ausland ab. Und für den 16-Jährigen stand fest: In Zeiten der Krise ist es daheim besser als in der Fremde. Vom Programmstopp dauerte es einige Wochen, bis klar war, wie und wann es Flüge geben könnte. „Das Warten war das Schlimmste“, hatte Leon, Schüler des Siebenpfeiffer-Gymnasiums in Kusel, schon Ende März der RHEINPFALZ berichtet.

Über den Atlantik wurde es eng im Flieger

Dann: ein Flug. Doch der wird kurzfristig um drei Tage verschoben. Leons Organisation chartert eine neue Maschine. Seine Gastgeber, Trump-Gegner und Waffen-Liebhaber, fahren ihn nach Miami. Von dort geht es mit dem Flieger nach Chicago und über Kopenhagen nach Frankfurt. In der ersten Maschine konnten alle „ordentlich Abstand halten“, sagt er. Auch am Flughafen „alles okay“. Über den Atlantik aber sei es voll geworden: rund 350 Schüler, Skandinavier, Deutsche und einige Schweizer. Einige trugen Mundschutz, er nicht – „ich hatte keinen“.

In Frankfurt empfingen ihn seine Mutter und sein Bruder Phil, und später im Garten der portugiesische Wasserhund namens Bagheera. Der Abschied aus den USA war einfach und schmerzlos, und es gab Schokokuchen – „den mag ich“ – sowie eine Porzellantasse mit dem Sternenbanner. Ob er sich angesteckt hat? „Noch geht es mir gut“, meint er und lacht. Vorsichtshalber sei er in Quarantäne. Aber froh, zu Hause zu sein: gut zwei Monate früher als geplant. Wie das Lernen am Gymnasium nach den Osterferien weitergeht, muss er noch herausfinden.

Fritz will bleiben: „Wir verstehen uns super“

Fritz Vogel will genau das nicht: von Green Bay im US-Staat Wisconsin nach Hause. Auch wenn seine Mutter ihren Sohn wohl gerne wieder zurück in Gerolsheim (Kreis Bad Dürkheim) hätte – der selbstbewusste 16-Jährige hat so seine eigenen Vorstellungen. „Ich sehe keinen Sinn darin, jetzt zurückzukommen“, meint er im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Die Gefahr, sich anzustecken, sei ohnehin im Flieger viel größer. Und seine fünfköpfige Gastfamilie wolle ihn „auf keinen Fall loswerden“, scherzt er. „Wir verstehen uns super.“

Der Schüler des Karolinen-Gymnasiums in Frankenthal hat sich durchgesetzt und wird wohl wie geplant erst im Juni in die Pfalz zurückkommen. Mit seinem ausgeprägten Wille kam Fritz auch an das Auslands-Schulhalbjahr. Nach einem Schulaustausch 2019 seines Gymnasiums mit der Partner-High-School „Ashwaubenon“ in Green Bay stand für ihn fest: „Dort muss ich noch einmal hin“, erzählt er. „Wegen der amerikanischen Lebensart – etwas oberflächlich, aber sehr offen und nett – und zum Englisch lernen.“ Das organisierte er dann selbst, ließ sich von seiner Heimatschule freistellen und fand schnell eine neue Gastfamilie drüben.

Schweißen als Unterrichtsfach

Im Januar 2020 flog der 16-Jährige wieder in den Norden der USA. Statt zwei Schwestern und einem kleinen Bruder hat er zurzeit nur eine Schwester, aber zwei Brüder. Der eine heißt Carter, ist ebenfalls 16 und sein Austauschpartner. Schon seit drei Wochen ist ihre staatliche Schule wegen des Virus geschlossen. Lernen läuft jetzt online. „Und das sicher besser als in Deutschland“, findet der Frankenthaler Schüler. Das Laptop gehöre dort ganz selbstverständlich zum normalen Unterricht. Außer Informatik, Sport und Ingenieurwesen lernt Fritz „drüben“ auch Schweißen. Jetzt eben nur noch theoretisch per Video. „Und im nächsten Vierteljahr gibt es dann wieder andere Fächer“, berichtet Fritz.

Statt siebeneinhalb Stunden an der Schule brauche er jetzt nur noch zwei Stunden für die Aufgaben. Da hat er genug Zeit für Leichtathletik, Gewichtetraining, Filme, auch Kartenspiele mit den Gastgebern. Und: auch für Latein. Fritz’ Mutter ist überzeugt, „wenn er sogar Latein lernt fürs Gymnasium, muss ihm richtig langweilig sein“ – was Fritz lachend dementiert.

Gastvater Matt setzt auf Donald Trump

Denn ab und an helfen die Jungs auch dem Vater Matt, einem selbstständigen Geschäftsmann für Bewässerungsanlagen. Noch gelte dessen Betrieb als „systemrelevant“, er dürfe arbeiten. Anders als die Gastmutter, eine Bücherei-Angestellte. Statt Büchern verteile sie als Freiwillige nun Essen an Bedürftige. „Meine Gastfamilie hat einen großen Garten, ein großes Haus; sie gehört zu den Wohlhabenderen“, meint Fritz. Sie achteten sogar mehr auf gesundes Essen als andere Amerikaner. „Und sind Trump-Anhänger.“ Als Chef eines Unternehmens schätze Gastvater Matt die Steuerpolitik des US-Präsidenten. „Wir diskutieren über Politik, aber Zoff gibt es keinen“, sagt der 16-Jährige. „Alles entspannt.“

Eines aber macht ihn sauer

Und: „Die Panik wegen des Virus’ hält sich in Grenzen. Ich genieße es hier.“ Nur eines ärgert ihn. Dass einige Kumpels sich noch immer in größeren Gruppen träfen, während seine Gastgeber und er sich an die Regeln hielten. „Das macht mich sauer. Wir wollen ja, dass es hilft und dann alles zu Ende ist.“

Genießt weiter das Leben in den USA: Fritz Vogel (vorn) mit seinem amerikanischen Austauschpartner Carter in einem Camero-Cabrio
Genießt weiter das Leben in den USA: Fritz Vogel (vorn) mit seinem amerikanischen Austauschpartner Carter in einem Camero-Cabrio.
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