Staatsfolter OLG Koblenz: Syrischer Ex-Geheimdienstler schuldig
Das Staatsschutzgericht am Koblenzer Oberlandesgericht hat am Donnerstagmorgen den früheren syrischen Geheimdienstoffizier Anwar Raslan wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Der nach Deutschland als Flüchtling gelangte Syrer stand seit April 2020 in Koblenz vor Gericht, weil ihm die Beteiligung an Mord, Folter, schwerer sexueller Nötigung und Vergewaltigung vorgeworfen wurde.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Raslan als hohes Mitglied des syrischen Geheimdienstes von Machthaber Baschar al-Assad im berüchtigten Al-Khatib-Gefängnis in Damaskus solcher Verbrechen schuldig wurde. So seien unter seiner Befehlsgewalt zwischen April 2011 und September 2012 mindestens 4000 Häftlinge während ihrer Inhaftierung mit Schlägen, Tritten und Elektroschocks gefoltert worden. In der Anklageschrift wurden ihm 58 Morde zur Last gelegt.
Rafik Schami: Historisches Urteil
Der 1971 vor dem Assad-Regime geflohene und in der Nordpfalz lebende deutsch-syrische Autor Rafik Schami lobte gegenüber der RHEINPFALZ das Koblenzer Verfahren: Es sei „eine historisch einzigartige und zugleich großartige Maßnahme gegen politisches Verbrechen“. Schami weiter: „Hier hat ein Land gezeigt, wie man von der eigenen Geschichte lernen kann, und solchen kaltblütigen Mördern gezeigt, dass sie, auch wenn sie flüchten, bestraft werden können.“
Die Bundesanwaltschaft hatte im Dezember lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Raslans Verteidigung plädierte auf Freispruch, da Raslan keine Wahl gehabt habe und Ende 2012 selbst geflohen sei. Ende Februar 2021 hatte das Gericht bereits den mit Raslan in Koblenz angeklagten Ex-Geheimdienstmitarbeiter Eyad A. zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Er war als Flüchtling im pfälzischen Zweibrücken festgenommen worden.
Leitartikel zum Koblenzer Prozess: Gerechtigkeit für Assads Folteropfer