Worms Jüdischer Friedhof: Frau beschmiert historische Grabsteine mit Farbe

 Vor allem Grabsteine auf dem mittelalterlichen Teil des Friedhofs wurden mit Farbe beschmiert.
Vor allem Grabsteine auf dem mittelalterlichen Teil des Friedhofs wurden mit Farbe beschmiert.

Der jüdische Friedhof „Heiliger Sand“ in Worms bleibt voraussichtlich bis einschließlich Mittwoch, 15. Juli, geschlossen. Das hat die Stadt am Freitag mitgeteilt. Als Grund nennt sie einen Vorfall, der sich am Donnerstag ereignet hat. Eine möglicherweise verwirrte 47-jährige Frau hat aus noch unbekannten Gründen etwa 50 historische Grabsteine mit Farbe beschmiert.

Die Frau konnte von Mitarbeitern der Stadt festgehalten werden. Einen antisemitischen oder politischen Hintergrund schließt die Polizei nach ersten Erkenntnissen aus. Über die Hintergründe lasse sich noch nicht viel sagen. Möglicherweise sei die aus Baden-Württemberg stammende Frau „religiös übermotiviert“, berichtet die Pressesprecherin der Stadt, Angela Zimmermann. Die städtischen Mitarbeiter seien von ihr beschimpft worden, weil sie Hosen und keine Röcke trugen. Zudem habe die 47-Jährige Perlen ausgelegt. Aus welchem Grund, sei unklar.

Ermittlungsverfahren eingeleitet

Die Kriminalpolizei war am Freitag für Untersuchungen vor Ort. Gegen die Frau wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung, Beleidigung und Störung der Totenruhe eingeleitet. Die genaue Anzahl der beschmierten Steine stehe noch nicht fest, weil die Farbe der Patina der Steine ähnelt, erläuterte Zimmermann.

Das Entsetzen bei der Stadt ist groß. „Wir wissen derzeit noch nicht, aus welchem Material die Farbe hergestellt ist und wie wir die Schmierereien entfernen können, ohne die wertvollen Grabsteine zu beschädigen“, sagt Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek (CDU). Er verurteilt den Vorfall aufs Schärfste: „Betroffen sind nach ersten Erkenntnissen hauptsächlich Grabsteine auf dem mittelalterlichen Teil des Friedhofs, deren Gestein aufgrund ihres Alters besonders empfindlich ist.“

Bedeutende Kulturstätte

Die Friedhofsverwaltung zog die Untere Denkmalschutzbehörde hinzu, da es sich bei dem jüdischen Friedhof um eine bedeutende Kulturstätte handelt. In Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege werde versucht, die Grabsteine so zu reinigen, dass die Steine selbst und ihre Patina erhalten bleiben, erklärt die Stadt. Erste Versuche, die Farbe mit Wasser abzuwischen, seien gescheitert.

Der „Heilige Sand“ ist der älteste erhaltene jüdische Friedhof in ganz Europa und spielt bei der Bewerbung der Städte Worms, Speyer und Mainz um den Titel Unesco-Welterbe eine zentrale Rolle. Er weist rund 2500 Gräber auf, der älteste Grabstein datiert um 1058/1059.

Mit dem jüdischen Friedhof in Worms befassen sich ob seiner Bedeutung für das aschkenasische Judentum immer wieder hochrangige Wissenschaftler. Regelmäßig besuchen Juden aus der ganzen Welt die Begräbnisstätte, die bis in die heutige Zeit von großer Bedeutung für die jüdische Gemeinschaft ist. Einflussreiche jüdische Gelehrte und Rabbiner wurden dort beigesetzt.

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