Türkei Deutscher Botschafter wird doch nicht ausgewiesen

Jürgen Schulz, damals Stellvertretender Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen (UN) in New York, jetzt Bots
Jürgen Schulz, damals Stellvertretender Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen (UN) in New York, jetzt Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Türkei.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will den deutschen und neun weitere Botschafter nun doch nicht ausweisen. Erdogan wertete zurückhaltende Reaktionen der Botschaften als Einlenken. Sie hätten vor der „Verleumdung unserer Justiz und unseres Landes kehrtgemacht“, sagte Erdogan am Montagabend nach einer Kabinettssitzung in Ankara. Er glaube daran, dass die Botschafter in Zukunft „vorsichtiger“ sein werden.

Die Botschaften der USA, Kanadas, Neuseelands und der Niederlande in Ankara twitterten am Montag eine Erklärung, sich weiter an Artikel 41 des Wiener Übereinkommens zu halten. Andere Botschaften wie die deutsche teilten lediglich den US-Tweet. Der Artikel weist Diplomaten unter anderem an, sich nicht in innere Angelegenheiten des Empfangsstaats einzumischen.

„Türkische Justiz nimmt keine Anweisungen an“

Hintergrund des Eklats ist eine von den Botschaftern gemeinsam unterzeichnete Forderung, den in der Türkei inhaftierten Kulturförderers Osman Kavala freizulassen. Es sei seine Aufgabe gewesen, „dieser Respektlosigkeit die notwendige Antwort zu geben“, sagte Erdogan am Montagabend. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fordert bereits seit 2019 Kavalas Freilassung und argumentierte etwa mit einem Mangel an Beweisen.

Vor Erdogan hatten auch türkische Medien das als Erfolg Erdogans gewertet. Er selbst sagte dazu: „Die türkische Justiz nimmt keine Anweisungen an und ordnet sich niemandem unter.“ Wer die Unabhängigkeit der Türkei und die Empfindsamkeiten der Türken nicht respektiere, werde in diesem Land nicht Willkommen geheißen, so Erdogan.

Am Samstag hatte Erdogan verkündet, er habe das Außenministerium angewiesen, die Botschafter zehn westlicher Länder - darunter neben Deutschland auch die USA und Frankreich - zu unerwünschten Personen („Persona non grata“) zu erklären.

Imageschaden für Erdogan?

Der türkische Unternehmer und Kulturförderer Osman Kavala sitzt seit 2017 in Istanbul in Untersuchungshaft. Kavala wird beschuldigt, die regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul 2013 unterstützt und einen Umsturzversuch angezettelt zu haben. Ihm wird außerdem „politische und militärischen Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 vorgeworfen. Kritiker wie auch etwa der EGMR sehen die Vorwürfe als politisch motiviert.

Der Analyst Soner Cagaptay vom Washington Institute wertete Erdogans Rede am Montag als Imageschaden: „Erdogan profitiert im Inland von einem globalen Image als starker Mann.“ Auch wenn seine Administration behaupten werde, das sein Schritt nun kein Rückzug sei, verpasse es Erdogans Image doch eine große Delle.

Nach der Ankündigung Erdogans wäre dem türkischen Außenministerium nach diplomatischem Regelwerk die Aufgabe zugekommen, den betroffenen Staaten offiziell mitzuteilen, dass die Botschafter ihre Tätigkeit innerhalb einer bestimmten Frist einstellen müssen. Das scheint nun abgewendet. Neben Deutschland und den USA beteiligten sich auch die Botschafter von Frankreich, Kanada, Finnland, Dänemark, den Niederlanden, Neuseeland, Norwegen und Schweden.

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