Neustadt „Wir müssen die Kräfte bündeln“

Ein „echter Bürgerdialog“ sollte es diesmal werden, und dieser entwickelte sich tatsächlich nach einer erneuten Einführung in die Thematik: Deutlich wurde, dass viele Anwesende dem Vorhaben des Kreises Bad Dürkheim kritisch gegenüberstehen (wir berichteten mehrfach). Allerdings hatte am Dienstagabend weder ein Vertreter der Gemeinde noch der Kreisverwaltung das Angebot zum Gespräch mit der neuen Bürgerinitiative (BI) „Hochwasserschutz ja – Rehbachverlegung nein“ genutzt.

Einig waren sich diejenigen, die der Einladung gefolgt waren, schnell darüber, dass alternative Lösungen zu prüfen seien. Gemeinsam müsse man dem Kreis verdeutlichen, dass Haßloch die Rehbachverlegung ablehne. Thomas Barth (Bürgerinitiative und HLL) forderte:„Wir müssen die Kräfte bündeln, schade, dass das bisher nicht funktioniert.“ Der massive Eingriff in den Wald sei nicht zu rechtfertigen, so die BI-Vertreter Barth, Günter Moses und Ralf Berger. Die bisherigen „Bürgerdialoge“ mit dem Kreis seien unbefriedigend gewesen, die Informationen und die Beteiligung der Öffentlichkeit unzureichend. Die Zeit dränge aber: Fehlender Hochwasserschutz für die nächsten Jahre, Einschränkung der kommunalen Entwicklung, kein Versicherungsschutz, aber hohe Folgekosten für die Bürger seien zu befürchten.

Klar sei zudem, dass hier eine komplexe Ausgangslage vorliege, sagte Barbara Schuster, ebenfalls Mitglied der BI, die den Dialog auch moderierte. Durch die vielen gleichzeitigen Forderungen wie Hochwasser-, Natur- und Gewässerschutz, den Erhalt des Landschaftsbildes, Naherholung, Berücksichtigung gesetzlicher Regelungen, Fördergelder, Kosten, Nutzen und Folgekosten, Sanierung der Dämme ergäben sich auch durchaus Widersprüche. Die geplante Rehbachverlegung durch den Kreis stelle keine Hochwasserschutzmaßnahme für Haßloch dar: Dies sei bereits beim ersten Bürgerdialog in Bad Dürkheim gesagt worden, so Schuster. Erst zusammen mit weiteren Maßnahmen des Kreises und der Gemeinde sei Hochwasserschutz für die gesamte Gemeinde möglich. Der Zeitrahmen von zehn Jahren sei unbefriedigend, Teile von Haßloch und das Industriegebiet Süd blieben weiter ohne Schutz. Viele Versäumnisse seien n den letzten Jahrzehnten erfolgt.

Die Ausweisung neuer Überschwemmungsgebiete aufgrund der Timis-Daten habe die Bürger auf den Plan gerufen, so Schuster, und der Kreis sei hinsichtlich der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Zugzwang. Die jetzigen Planungen zur Rehbachverlegung seien in vielen Bereichen nicht schlüssig. „Der Wirkungsnachweis für die Rehbachverlegung ist nicht gegeben, viele Daten laut der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd noch nicht ermittelt“, so Barth. Der Maßnahme Rehbachverlegung den Vorzug zu geben, sei für ihn „nicht nachvollziehbar“. Im Vordergrund stehe die 90-prozentige Förderung durch die „Aktion blau plus“ durch das Land. Alternativen wie Retentionsräume nutzen oder Wegeerhöhungen schaffen und das Grabensystem reaktivieren, Drosseln im Westen einbauen, Durchgängigkeit an den Mühlen herstellen und viele andere mehr seien weder vom Kreis noch von der Gemeinde geprüft oder angegangen worden. Mit den Oberliegern, insbesondere Neustadt, habe es seitens der Kreisverwaltung bisher keine Gespräche gegeben. Erst Anfang März sei bei einem Abstimmungsgespräch zwischen Vertretern der Kreisverwaltung, Vertretern der Fraktionen und der BI die Prüfung vorhandener Retentionsräume zugesagt worden. Die Berücksichtigung weiterer Anregungen, die etwa die BI an Bürgermeister Lothar Lorch eingereicht habe, werde vermisst.

Arnold Merkel, ehrenamtlich an der Reaktivierung des Urerbsengrabens beteiligt, kritisierte, dass dort in einem zweijährigen Probebetrieb die Auswirkungen – bereits jetzt zeichne sich die Vernässung des Waldbodens ab – beobachtet würden, während dies für den neuen Rehbach nicht vorgesehen sei. Seiner Meinung nach müsse eine Drosselung schon mehrfach im Westen erfolgen. Zwei ältere Haßlocher forderten, auf die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zurückzugreifen. „Früher wurde der Rehbach ausgebaggert, eine ökologische Bachreinigung durchgeführt, das Material auf die Uferböschungen gekippt. Heute sind die Dämme kaputt. Damals habe man alles gewusst, das Wasser über ein intaktes Grabensystem abgeleitet.“

Angesichts der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens Ende März sei es dringend erforderlich, „jetzt miteinander zu reden und gemeinsam and den Themen zu arbeiten“, so Merkel und Barth.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x