Neustadt/Bad Dürkheim/Grünstadt Was an der Weinstraße im heißen August besonders gelesen wurde

An Isabel Allendes „Violeta“ kommt im August bei den regionalen Bestsellern niemand vorbei, aber auch der Schriftsteller, Musike
An Isabel Allendes "Violeta" kommt im August bei den regionalen Bestsellern niemand vorbei, aber auch der Schriftsteller, Musiker, Schauspieler und durch Sendungen wie "Extra 3" fernsehbekannte Kabarettist Heinz Strunk schlug sich mit seinem für den deutschen Bchpreis nominierten Roman "Ein Sommer in Niedorf" – vom Verlag als "eine Art norddeutscher ,Tod in Venedig’ beworben – ziemlich gut.

Nach einem Überflieger auf den Bestsellerlisten der neun regionalen Buchhandlungen braucht man im August nicht lange zu suchen. Isabel Allendes neuer Roman „Violeta“ eroberte sich fünf Plätze und stellte damit alles andere in den Schatten.

Daneben liefen in jeweils zwei Läden die Romane „Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus und „Ein Sommer in Niendorf“ von Heinz Strunk sowie „Kummer aller Art“, die literarischen Kolumnen von Mariana Leky , erfolgreich. Belletristik dominierte diesmal, weniger dominant waren trotz der sommerlichen Temperaturen Kriminalromane. Allerdings eroberte mit dem Schifferstadter Harald Schneider und dem in Neustadt spielenden Regionalkrimi „Der Bibel-Code“ auch dieses Genre einen Listenplatz.

Eine Ukraine-Roman und die Parallelen zur Gegenwart

Völlig ausgelastet sind die Buchhändler derzeit mit dem Schulbuchgeschäft. Aber auch mit dem normalen Verkauf zeigten sie sich recht zufrieden. Regine Eisele von der Neustadter Bahnhofsbuchhandlung profitierte dabei noch von einem besonderen Effekt: „Wir haben das Gefühl, das 9-Euro-Ticket tut uns gut, denn deswegen ist bei uns viel mehr Betrieb. Die Leute kaufen gerne Wanderführer und regionale Titel.“ Hermann Speckert, Inhaber der Neustadter Bücherstube, bilanziert: „Mein Gesamteindruck ist positiver als im Frühjahr. Auch gab es anders als sonst kein Riesensommerloch. Manche Kunden halten sich zwar wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten zurück. Doch gerade in dieser schwierigen Zeit ist vielen Menschen das Buch nach wie vor wichtig. Gerne gekauft werden Sachbücher über das Klima, über Bäume und Bienen, die wir wegen des aktuellen Trends im Schaufenster auslegen.“ Monika Strefler von Frank in Grünstadt freut sich: „Es gibt diesmal keine Delle in der Ferienmitte. Auch in den Schulferien ist viel los bei uns. Die Leute kaufen gerne Krimis und Kinderbücher.“

Da wir den Topseller „Violeta“ der beliebten chilenischen Schriftstellerin Isabel Allende über das Leben einer Hundertjährigen bereits Anfang August an dieser Stelle vorstellten, sei hier Andrej Kurkows „Samson und Nadjeschda“ hervorgehoben, der bei Frank in Grünstadt vielgefragt war. Der 1961 bei Leningrad geborene und seit seiner frühen Kindheit in Kiew lebende ukrainische Autor rollt in seinem Buch einen Kriminalfall aus dem Jahr 1919 auf und schildert zudem die Einnahme Kiews durch die Bolschewiki. Hier drängen sich beim Lesen aktuelle Bilder des derzeitigen russischen Angriffskrieges auf die Ukraine auf. Damals, während der Russischen Revolution, wird der junge Samson, gerade zur Vollwaise geworden, Polizist bei den Sowjets. Er ist Silberdieben auf der Spur und erhält bei seinen Ermittlungen Unterstützung von der jungen Funktionärin Nadjeschda. Gemeinsam kämpfen sie ums Überleben und finden in Liebe zueinander. In diesem historischen Krimi vermittelt Kurkow neben Spannung wichtige Erkenntnisse über die Geschichte der Ukraine. Er selbst sagt: „Die Situationen, die ich beschreibe, sind fast genauso tragisch wie die heutige ukrainische Realität.“

Ein Buch als persönlicher Mutmacher

Als Kontrast sei hier Mariana Lekys neuer Band „Kummer aller Art“ beleuchtet, der in der Bahnhofsbuchhandlung und bei Osiander in Neustadt erfolgreich lief. Die 1973 in Köln geborene Autorin, die 2018 bei Osiander in Neustadt ihren Erfolgsroman „Was man von hier aus sehen kann“ vorstellte, veröffentlicht jetzt darin ihre überarbeiteten Kolumnen, die in der Zeitschrift „Psychologie heute“ erschienen. Mal melancholisch, mal witzig erzählt sie darin von Erfahrungen ihrer Nachbarn und anderer Mitmenschen wie auch von eigenen Problemen mit Flugangst, Schlaflosigkeit, Ängsten und Liebe. Kummer vereint diese Menschen, die sich dabei gegenseitig zu Auswegen aus ihrer Problematik verhelfen. Allerdings fehle ihnen oft der Mut, sich dem Leben zu stellen. Lekys Kolumnensammlung kann für die Leser so zu einer Art Mutmacher werden.

Thomas Hürlimann erzählt eine Internatsgeschichte

Hervorgehoben sei hier zudem Thomas Hürlimanns Roman „Der Rote Diamant“, der bei Hofmann in Neustadt gut ankam. Als Arthurs Mutter den Elfjährigen 1963 in einem Klosterinternat in den abgelegenen Schweizer Bergen abliefert, gibt sie ihm den Satz mit: „Pass’ dich an, dann überlebst du“. Als „Zögling 230“ lernt er, worauf sich schon Generationen von Kindern vor ihm einstellen mussten: Drill, Einsamkeit, Abgeschiedenheit. Doch dann die überraschende Wendung: In den riesigen unterirdischen Katakomben liegt ein Geheimnis. Ein überaus wertvoller Diamant aus der Krone der Habsburger sei hier seit dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie versteckt. Mit seinen Freunden verfolgt Arthur die Spur dieses geheimnisvollen Edelsteins. Er erlebt seine erste Liebe und zudem gravierende Veränderungen. Diese spannungsvolle Geschichte erzählt Hürlimann in einer Mischung aus Heiterkeit und Melancholie. Der 1950 im schweizerischen Zug geborene Autor verarbeitete in dem Buch autobiografische Erfahrungen als Schüler des berühmten Benediktinerklosters Einsiedeln.

Buchtipp: Der Roman „Ich, Ariadne“ der Engländerin Jennifer Saint

Der Debütroman „Ich, Ariadne“ der englischen Autorin Jennifer Saint (Paul List Verlag, gebunden, 416 Seiten, 24 Euro) hat Janine Frey von der Buchhandlung Frank in Eisenberg so sehr fasziniert, dass sie ihn hier als Buch des Monats empfiehlt:

„Wie der sagenhafte Held Theseus mithilfe des sprichwörtlich gewordenen Fadens der Ariadne seinen Weg durch das Labyrinth findet und den furchterregenden Minotaurus besiegt, ist hinlänglich bekannt. Doch während die meisten Erzählungen der kretischen Prinzessin eine Nebenrolle zubilligen, stellt die studierte Altphilologin und Englischlehrerin Jennifer Saint in ihrem hervorragenden Debütroman Ariadne selbst und die weibliche Sicht auf die schicksalhaften Ereignisse in den Mittelpunkt.

Die Autorin lässt die streng patriarchalische Welt des antiken Griechenlands auf faszinierende Weise lebendig werden. Eine Welt, in der es fatale Konsequenzen haben kann, das Missfallen oder auch nur die Aufmerksamkeit der allgegenwärtigen Götter zu erregen. Ariadnes eigene Familie wird für eine Verfehlung ihres Vaters mit der Existenz des Minotaurus bestraft, und die junge Frau macht sich keine Illusionen über ihr eigenes Schicksal und jenes ihrer Geschlechtsgenossinnen: ,Ganz gleich, wie tadellos unser Leben war, die Leidenschaften und Begierden der Männer konnten uns jederzeit in den Ruin stürzen, ohne dass wir etwas dagegen zu unternehmen vermochten.’

Dennoch hofft sie auf ein besseres Leben und ergreift die erstbeste Gelegenheit. Sie lehnt sich gegen ihren Vater auf, hilft Theseus dabei, den Minotaurus zu erschlagen und flieht mit ihm aus ihrer Heimat Kreta. Doch ein schrecklicher Verrat macht all ihre Träume zunichte, und Ariadne muss sich fragen, welchen Preis sie für ihr Glück zu zahlen bereit ist.

Ihre Geschichte ist zugleich eine zutiefst menschliche Suche nach persönlicher Freiheit, nach Liebe und Selbstbestimmung, mitreißend und sprachgewaltig erzählt. Mich persönlich hat vor allem die erfrischend moderne Sicht auf die alten Mythen gefesselt, das Hinterfragen der traditionelle Erzählweise des antiken Stoffes und der unbestechliche Blick, mit welchem die Autorin Helden wie Götter schlussendlich als die wahren Ungeheuer entlarvt. ,Ich, Ariadne’ bietet damit nicht nur spannendes Lesevergnügen für alle historisch interessierten Leser, sondern verbindet die Unterhaltung gleichzeitig mit einer subtilen Gesellschaftskritik.“

Die Bestseller im August

Bahnhofsbuchhandlung (Neustadt)

1. Hannah Mehrfert:

Die Pfalz mit Kindern

2. Mariana Leky: Kummer aller Art

3. Juli Zeh: Über Menschen

Buchmarkt (Bad Dürkheim)

1. Isabel Allende: Violeta

2. Carsten Henn:

Der Geschichtenbäcker

3. Rüdiger von Fritsch: Zeitenwende - Putins Krieg und die Folgen

Frank (Bad Dürkheim)

1. Isabel Allende: Violeta

2. Bonnie Garmus:

Eine Frage der Chemie

3. Heinz Strunk:

Ein Sommer in Niendorf

Frank (Eisenberg)

1. Heinz Strunk:

Ein Sommer in Niendorf

2. Anette Hinrichs:

Nordlicht – Die Toten im Nebel

3. Dagmar Hoßfeld: Conni, Anna

und das große Pferdeglück

Frank (Grünstadt)

1. Bonnie Garmus:

Eine Frage der Chemie

2. Andrej Kurkow:

Samson und Nadjeschda

3. Karin Slaughter: Die Vergessene

Hofmann (Neustadt)

1. Lucy Fricke: Die Diplomatin

2. Isabel Allende: Violeta

3. Thomas Hürlimann:

Der Rote Diamant

Neustadter Bücherstube

1. Isabel Allende: Violeta

2. Rose Tremain:

Lily – Eine Rachegeschichte

3. Christiane Hoffmann:

Alles, was wir nicht erinnern

Osiander (Neustadt)

1. Isabel Allende: Violeta

2. Mariana Leky: Kummer aller Art

3. Brianna Wiest: 101 Essays,

die dein Leben verändern

Quodlibet (Neustadt)

1. Andreas Hecke: Gute Besserung!

Es soll dir wieder besser gehen!

2. Harald Schneider: Der Bibel-Code

3. Delia Owens: Der Gesang

der Flusskrebse

Janine Frey, Buchhändlerin bei Frank in Eisenberg, empfiehlt den Roman „Ich, Ariadne“ der Engländerin Jennifer Saint, als Buch d
Janine Frey, Buchhändlerin bei Frank in Eisenberg, empfiehlt den Roman »Ich, Ariadne« der Engländerin Jennifer Saint, als Buch des Monats.
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