Neustadt Walgesang im dunklen Keller

Neustadt. Der denkmalgeschützte Innenhof des Steinhäuser Hofes lud am Freitagabend zum Relaxen ein. Die Fenster vom Hof zum Gewölbekeller waren geöffnet, drinnen bestiegen drei Musiker die Stufen zur Bühne, die dort eigentlich schon vor einem Jahr spielen wollten, damals aber vom Goethe-Institut nach Russland umgeleitet worden waren. „Gestern in Ägypten, heute in Neustadt“, so kündigte sie Gastgeber Hanno Rink an.

Three Fall ist ein Jazztrio aus Berlin und Köln. Drei CDs beim renommierten Jazz-Label ACT sprechen für sich. Der Schlagzeuger war der Leuchtturm, der dem Posaunen- und dem Saxophon- respektive Bassklarinettenspieler den Weg durch den musikalischen Abend wies. Wer sie noch nicht kannte, schloss die Augen und vermutete eine Big Band auf der winzig kultigen Bühne, die parallelen Melodielinien zwischen Posaune und Saxophon hinterließen kribbelnde Schwingungen, bis die Posaune klanglich verfremdete, scheinbar verstimmt abbog und ihr die Bassklarinette mit sehr tiefen Basslinien zu Hilfe eilte. Der bekannte Posaunist Albert Magelsdorff hatte einst die Technik der „gesungenen“ Posaune entwickelt. Til Schneider hat sie weiterentwickelt und brachte arabische und osteuropäische Einflüsse mit ins Spiel. Sebastian Winne ist der Schlagzeuger und Percussionist, der Pferde realitätsnahe durch den Raum trappeln ließ und komplexe Rhythmusstrukturen wie einen Stapel Brennholz aufschichtete, die auf einmal „ganz einfach“ klangen. Lutz Streun wechselte zwischen Tenorsaxophon und Bassklarinette. Diese Musik war erfrischend, nur zwischendrin bei einem langsamen Blues über einen Popsong schien ihr ein wenig die Luft auszugehen. Doch dann bekam das Trio die Kurve, indem es aus seinem umfangreichen Erfahrungsschatz zahlreicher Weltreisen schöpfte. Etwa durch Mosambik, wo das Taxi „Tschabba Tschabba“ gerufen wird. Das Geheimnis des Big-Band-Sounds verriet die am Boden dezent verlegte Elektronik, die freche Klangbilder erlaubte und sehr dezent, aber wirksam eingesetzt wurde. So ließ sich ein sattes Gebläse einsetzen und der Klang sich beliebig verfremden. Der Titel „Stein“ klang wie Walgesang aus den Tiefen des Ozeans, die „Ottostr.“ liegt in Köln und war ein weiterer zündender Titel. Lange Rede kurzer Sinn, den Abend im dicht besetzten „Urgestein“, dem Restaurant des Steinhäuser Hofs, vergessen die Besucher nicht so schnell.

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