Neustadt Von schönen Frauen auf grünen Auen

Neustadt. Gut besucht war am Samstagabend die Hofserenade der Neustadter Stiftskantorei im Dekanatshof in der Landschreibereistraße. Unterstützt von drei Instrumentalisten nahm der Chor sein Publikum mit auf eine musikalisch hervorragend gestaltete und abwechslungsreiche Reise durch die Renaissance und das Frühbarock.

„Madrigal History Tour“ lautete das Zauberwort, unter dem Bezirkskantor Simon Reichert, der Leiter der Stiftskantorei, die weltliche Chor- und Instrumentalmusik aus dem 16., und 17. Jahrhundert zusammengestellt hatte. Stationen der Reise waren Deutschland, England, Frankreich, Italien und die Niederlande. Und da gab es jede Menge Außergewöhnliches zu hören; sowohl musikalisch als auch von den Inhalten her. Eine von Paolo Quagliati komponierte Toccata für Blockflöte, gespielt von Norbert Gamm, Dulzian (Mechthild Alpers) und Laute (Rudolf Merkel) machte mit ihrem lebhaften Tempowechsel den Auftakt zum ersten Block, einer Reihe von fröhlichen Springtänzen wie „Tanzen und Springen“ von Hans Leo Haßler, Melchior Francks „Kommt, ihr G’spielen“ oder Johann Hermann Scheins „Der kühle Maien“. Herzerwärmend und überzeugend sang die Kantorei damit von der Lust am Musizieren, von schönen Frauen auf grünen Auen, von Nachtigallen und kühlenden Lüften. Wie unterschiedlich sich die Liebe präsentiert, zeigten die Musiker instrumental und vokal anhand einiger Beispiele aus England. „Weep o mine eyes“ von John Bennet, mit seinen langen, klagenden Tönen ein außerordentlich trauriges, mit sehr viel Ausdruck gesungenes Lied, ging auch dem Publikum zu Herzen. Mit dem frechen „Fine Knacks for Ladies“ von John Dowland gelang es Reichert und der Kantorei freilich schnell, die allergrößte Seelenpein wieder zu verscheuchen. In Liedern, vor allem auch Trinkliedern, wie die Stiftskantorei sie vorstellte, helfen gegen Kummer immer gern Musik, eine schöne Frau, ein kühler Wein. „Tummel dich, gut’s Weinlein“, heißt dabei die Devise des Komponisten Jakob Meiland. Darin gibt’s auch eine sehr eingängige Anleitung, wie das Glas nicht zur Ruhe kommt. Und wo der Wein fehlt, darf’s auch mal das Bier sein, wie in Johann Hermann Scheins „Holla gut G’sell“. Liebesfreud und Liebesleid stehen auch im zweiten Teil des Konzerts im Mittelpunkt: „Amor vittorioso“ von Giovanni Gastoldi schildert trotz Handtrommelschlägen und martialischen Anklängen die Liebe sehr heiter als Scharmützel. Orlando di Lassos „Madonna ma pietà“ beginnt wie ein Kirchenlied und ist Hilferuf gegen die Qualen der Liebe. Musikalisch wird ein eifersüchtiger Ehemann geschildert, ein Rundgesang aus Frankreich erinnert an trunkene Heimkehrer. Mit „Canzon à due für Blockflöte, Dulzian und Laute“ von Bartolomeo de Selma erhielten die Besucher ein schönes Beispiel für die Sonate, das gespielte Lied, das im Barock im Gegensatz zum gesungenen Lied entstand, und wie schön eine Blockflöte klingen kann, erlebten sie besonders eindrucksvoll, als Norbert Gamm „Engels Nachtegaeltje“ von Jacob van Eyck hoch oben auf dem Treppenabsatz der Wendeltreppe intonierte, eine charmante Weise voller Lockrufe und Vogelgezwitscher. Und immer wieder faszinierten die feinen Klänge der Laute, die tiefen Töne des Dulzian. „Ik seg adieu“ hieß es schließlich ganz besinnlich mit einem Lied von Georg Forster. Für die Musiker und ihren Dirigenten gab es viel Applaus. „Toll war’s“, sagten die Besucher und freuten sich nicht nur über die musikalische Leistung, sondern auch über viele Informationen über die Musik der Renaissance und des Barock.

x