Über den Kirchturm hinaus Von der Schwierigkeit, Abschied zu nehmen

Armin Jung
Armin Jung

Kennen Sie noch das alte Lied: „Winter ade! Scheiden tut weh!“ In den letzten Tagen war ich öfter in Versuchung, das kleine Lied anzustimmen. Wenn ich gefragt wurde, ob mir der Abschied sehr schwerfallen würde, wenn es die Vermutung gab, dass ich Angst vor dem Neuen habe, dann hätte ich am liebsten gesungen: Aber dein Abschied macht, dass mir das Herze lacht! Das wäre sicher ein bisschen übertrieben, aber ich denke schon, dass Abschiede nicht nur notwendig sind, sondern sogar guttun können, wenn sie neue Wege und Möglichkeiten eröffnen. Bei meinem Abschied vom Amt wird das mit Sicherheit so sein. Ich freue mich, manche ungeliebte Tätigkeit hinter mir zu lassen, und ich freue mich auf schöne Dinge, denen ich mich jetzt widmen kann.

Das macht Hoffnung

Und doch ist es nicht wie beim Winter, dem man lachend ade sagt. Denn es ist ja kein Abschied, bei dem man sich nur von ungeliebten Dingen trennt, sondern es ist auch eine Trennung von Menschen. Menschen die man im Laufe der Zeit schätzen gelernt hat, Menschen, die man einfach liebgewonnen hat. Und das sind mehr als man am Anfang denkt. Das sind nicht nur die engsten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Das sind bei mir die vielen Gottesdienstbesucher, die ich nicht alle mit Namen kenne, aber deren Gesichter sich mir eingeprägt haben. Das sind die Menschen, die mir täglich auf den Straßen der Stadt begegnet sind, vom Stadtsheriff angefangen bis zur Bedienung in meinem Stammcafé. Das sind sogar Menschen, die ich gar nicht gesehen habe, von denen ich aber vermute, dass wir uns auf bestimmte Art nahe waren. Zum Beispiel Sie, ja genau Sie, die Sie jetzt diesen kleinen Artikel lesen. Auch von Ihnen fällt mir der Abschied schwer.

Was mir Hoffnung macht: Auf die eine oder andere Art werden wir uns vielleicht doch noch begegnen, zufällig auf der Straße oder gezielt in einem Text. Und außerdem: Diese Kolumne heißt „Über den Kirchturm hinaus“, und da sind wir sowieso miteinander verbunden, sind wir eine große Gemeinschaft, miteinander und mit unserem Herrn! So gesehen: Gott befohlen!

Armin Jung, Dekan im Ruhestand des protestantischen Kirchenbezirks Neustadt.

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