Neustadt Vergessene Opfergruppe

Das in den 20er Jahren unter großen Mühen errichtete Naturfreundehaus im Heidenbrunner Tal (hier der Rohbau im Jahr 1927) wurde
Das in den 20er Jahren unter großen Mühen errichtete Naturfreundehaus im Heidenbrunner Tal (hier der Rohbau im Jahr 1927) wurde 1933 von der SA besetzt und später zwangsversteigert.

«Neustadt». Dass auch die Naturfreunde in Neustadt schon im März 1933 ins Visier der Nationalsozialisten gerieten, ist bislang wenig beachtet worden. Der Verein „Gedenkstätte für NS-Opfer“ beschäftigt sich zurzeit schwerpunktmäßig mit dieser Opfergruppe und will das Thema auch bei der Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar ins Zentrum rücken. Dazu hofft man auch auf Mithilfe der Bevölkerung.

„Es gibt sicher noch Unterlagen, die noch nicht den Weg zu uns gefunden haben“, sagt Eberhard Dittus, Vorsitzender des Vereins und „Beauftragter der Stadt Neustadt für Gedenkstättenarbeit“, und bittet um Unterstützung bei den Recherchen. Das Thema entwickelte sich, nachdem der Vorstand der Naturfreunde Rheinland-Pfalz in diesem Jahr in der Gedenkstätte getagt hatte. „Da entstanden die ersten Kontakte“, so Dittus. Er sei dann die rund 500 Namen derer, die die Nazis in der früheren Kaserne im Quartier Hornbach inhaftiert hatten, durchgegangen und habe festgestellt, dass 55 von ihnen als Naturfreunde bezeichnet worden waren. Die meisten von ihnen gehörten auch der SPD oder der KPD an. Vom Landesverband erhielt Dittus dann ein kleines „Geschichtsbuch“ der Naturfreunde Rheinland-Pfalz, das 1995 erschienen ist und unter anderem einen Beitrag über das Naturfreunde-Haus im Heidenbrunner Tal enthält. Es war unter großen Anstrengungen in den Jahren zwischen 1923 und 1929 gebaut worden und wurde 1933 von der SA besetzt und später zwangsversteigert. Auch das Oppauer Haus der Naturfreunde bei Wachenheim wurde von den Nazis in Beschlag genommen. Am 12. März 1933 wurden dort 43 Naturfreunde verhaftet und zum Verhör ins Internierungslager Neustadt gebracht. Darunter waren Richard Ferkel, Gottfried Scheuerer und Otto Sieger aus Haßloch und Jakob Guthor und Heinrich Biller aus Maikammer. Zu den Neustadter Naturfreunden gehörten Karl Breyer, Ludwig Brunner, Ernst Buckeley, Eugen Christ, Fritz Ciriaci, Emmi Seitz-Ramin, Hans Schreiber, Willi Wessel und Karl Wünschel. Seitz-Ramin hatte den Recherchen der Naturfreunde zufolge Verbindungen zur Widerstandsgruppe Schlotterbeck, wurde im Juni 1944 ins KZ Dachau verschleppt und erschossen. Aufruf Wer Unterlagen über die Naturfreunde in Neustadt und Umgebung aus den 30er und 40er Jahren hat oder sich an mündliche Erzählungen erinnert, wird gebeten, sich mit dem Verein Gedenkstätte NS-Opfer Neustadt unter 0172-7474419 oder eberhard.dittus@evkirchepfalz.de in Verbindung zu setzen.

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