Neustadt Unterm Leibniz wird’s licht
Eine ganze Woche waren die Motorsägen unterhalb des Leibniz-Gymnasiums im Einsatz: Es galt, den Hang von instabilen und kranken Bäumen zu befreien, um die darunter verlaufende Bahnstrecke zu sichern. Die Arbeiten am steilen Hang seien schwierig, aber unbedingt nötig gewesen, so Revierförster Jens Bramenkamp. Das Gelände zwischen Gleisbett und Schule ist besonders steil und unwegsam und war völlig zugewuchert. „Hier wurde rund 40 Jahre lang nichts gemacht“, sagt Bramenkamp. „Aber wegen der Bahnstrecke hat die Stadt die rechtliche Verpflichtung, den Hang zu sichern.“ Nicht auszudenken, was passiere, wenn ein Baum auf die 15.000 Volt-Oberleitung stürze. Weil das Gelände als Wald gilt, wurde das Forstamt mit den Arbeiten betraut. 1,5 Hektar umfasst der Hang, auf dem vor allem Robinien, Ahorn und Brombeeren zu finden waren – und jede Menge Müll. „Wir haben alles Mögliche – von Autoreifen bis zu halben Kühlschränken – rausgeholt. Manche haben einfach den Inhalt ihrer Biotonne ausgeleert“, erzählt der Förster und hofft, dass es nun nicht mehr so einfach ist, Müll ungesehen zu entsorgen. Aber auch andere Zeitgenossen fühlten sich in dem Dickicht wohl. „Der Hang war ein Rückzugsort für das Schwarzwild. Hier waren sie ungestört und haben ihre Frischlinge geworfen“, so der Revierleiter und berichtet von einem Polizeieinsatz wegen Wildschweinen auf den Gleisen. „Das Schwarzwild wird sich jetzt wieder in den Pfälzerwald zurückziehen.“ Vorab haben zwei Baumgutachter alle Bäume geprüft und markiert. „Für den Laien ist es nicht erkennbar, ob ein Baum geschädigt ist“, weiß Bramenkamp. „Von außen sieht der Baum tipp-topp aus, er ist sogar noch grün, während im Stamm bereits die Braun- oder Weißfäule wütet.“ Bei dieser Baumkrankheit wird der Stamm allmählich zersetzt, der Baum hat dann keine Stabilität mehr. Dass die Mehrzahl der gefällten Bäume diese Fäule aufwies, hat auch den Förster erstaunt. Aber er hat eine Erklärung: „Der steile Hang bietet den Bäumen keine gute Lebensgrundlage. Dazu kamen einige trockene Sommer, sodass die Abwehrkräfte bereits geschwächt waren. Außerdem wurden die Bäume nie freigestellt, sie konnten nie eine Krone und damit ein gesundes Wachstum entwickeln.“ Um die Bäume sicher vom Hang auf die Straße zu transportieren, waren sechs Männer mit Motorsägen und eine Seilwinde im Einsatz. Jeder einzelne Baum musste angebunden werden, um zu verhindern, dass er den steilen Abhang auf die Bahngleise rutscht. „Eine Unterbrechung des Bahnverkehrs war nicht möglich, immerhin ist das hier die Hauptverkehrsstrecke zwischen Deutschland und Frankreich“, so Bramenkamp. Anschließend transportierte eine Seilwinde den gefällten Baum vorsichtig nach oben. Am Samstag wird das Holz dann am Ort zu Hackschnitzeln verarbeitet. Während viele Anwohner die neue Aussicht auf die Stadt bewundern, gibt es auch kritische Stimmen. „Als Verkehrssicherung an einer wichtigen Bahnstrecke war diese Maßnahme unumgänglich“, erklärt der Förster. Die Sorge, dass der Hang erodiere, sei unbegründet. „Wir haben ja keine Freifläche geschaffen, sondern die Wurzeln im Boden gelassen. Sie stabilisieren den Hang auch weiterhin. Die Kronen und Äste bleiben ebenfalls auf der Fläche und werden zu Biomasse. Die neuen Lichtverhältnisse geben nun auch anderen Arten die Chance, sich auszusamen. Es wird spannend zu sehen, was in den nächsten Jahren hier wächst.“ Die rot-weißen Barken als provisorische Absturzsicherung sollen in Kürze übrigens einer Leitplanke und einem Geländer weichen.