Hassloch Theaterstück will Jugendliche für Kohleausstieg sensibilisieren

Nala, Peggy und Kornelius kämpfen im Hambacher Forst im Rheinland gegen den Braunkohletagebau – das Jugendstück „Klimut“ des Köl
Nala, Peggy und Kornelius kämpfen im Hambacher Forst im Rheinland gegen den Braunkohletagebau – das Jugendstück »Klimut« des Kölner Künstlertheaters erzählt ihre Geschichte.

Stark, laut und eindrucksvoll, so zeigen sich drei junge Menschen voller Kampfgeist im Wald. Mit wehenden Klamotten, zerrissenen Hemden und Schals bauen sie sich kämpferisch im Halbdunkel zwischen grünen Wipfeln und Hängebrücken in ihrem Baumhaus auf: So beginnt das Jugendstück „Klimut - Tribute von Burgina“, das am Mittwoch beim Kinder- und Jugendtheaterfestival in Haßloch zu sehen war.

Die knapp 150 Siebt- und Achtklässler der Gottlieb-Wenz-Schule und der Siebenpfeiffer-Realschule plus in Haßloch lassen sich von der Atmosphäre in den Bann ziehen, handelt es sich doch nicht um irgendeinen Wald, sondern um den Hambacher Forst, jenes symbolträchtige Gebiet, das wie kein Zweites für den Konflikt zwischen Braunkohleabbau und Umweltschutz steht, früher Burgina oder Bürgewald genannt. Der Originalschauplatz, nur etwa 30 Kilometer von Köln entfernt, hat Georg zum Kley, den Leiter des Kölner Künstlertheaters, 2018 dazu gebracht, nach eigenen Recherchen ein Jugendstück zu schreiben, das den „Hambi“, wie die Umweltschützer „ihren“ Wald nennen, und die Ereignisse um ihn – teils fiktiv, teils auf reinen Fakten basierend-– beleuchtet.

Neutral ist das Stück nicht

Auf der Bühne mitten im „Hambi“ atmen inzwischen Peggy (Ayla Pechel) und Nala (Julia Jill Morawe) bei einem Becher Tee durch. Nala will junge Leute an Schulen für den Umweltschutz sensibilisieren. Ihr Motto: „Gewalt ist für mich keine Lösung!“ Peggy will sich mitten im Geschehen „für diese Welt einsetzen“. Spannend wird es, als Kornelius (Max Kremer) zur Gruppe stößt: Der Jurastudent wider Willen ist, wie eine Sequenz mit seiner überheblichen Mutter zeigt, der Spross eines RWE-Aufsichtsrats, der seiner klischeehaft überzeichneten Welt der leuchtend weißen Tischdecken und silbernen Suppenschüsseln entfliehen und „wandern“ gehen will. Dass er sich in Wahrheit selbst ein Bild im Hambacher Forst macht, weiß seine – symbolisch für den gesamten Braunkohleabbau als „geldgierige Unternehmer“ dargestellte – Familie rund um den Energiekonzern nicht. Es kommt, wie es kommen muss: Kornelius erfährt die Sichtweise der gleichaltrigen Aktivistinnen und umgekehrt.

Etwa in der Mitte des 80-minütigen Stücks dann ein Bruch: Eine Schulglocke läutet, das Licht geht an, und Nala zeigt, wie sie in Schulen den Klimawandel erklärt, von Treibhausgasen bis zu schmelzenden Eisbergen . Dabei werden die Zuschauer einbezogen: Was kann jeder selbst für den Umweltschutz tun? Auch auf die echte „Fridays for future“-Demo am Freitag in Neustadt machen die Darsteller aufmerksam. Allerdings: Zu viele Zahlen und fremden Begriffe, dazu in rasantem Tempo, hinterlassen auch viele fragende Blicke – die Konzentration lässt ab da spürbar nach.

Nach der kleinen „Schulstunde“ geht es auf der Bühne weiter. Am Esstisch von Kornelius' Eltern verkündet ein weiterer RWE-Kollege, dass die Baumhäuser im Wald geräumt werden sollen. Durch ein Telefonat mit seiner Mutter erfährt Kornelius zufällig von der drohenden Räumung, für die – wie im wahren Leben – mangelnder Brandschutz als Grund herhalten muss. Denn in einigen „Baumhäusern“ wurde auch gekocht. Trotz der Warnung landet Peggy im Gefängnis, auf Nala wartet eine Gefangenensammelstelle. Zum Schluss zählen die Darsteller pure chronologische Abläufe, wie die friedliche Demonstration von 50.000 Leuten nach dem Rodungsstopp im Oktober 2018, aber auch weitere fiktive Infos über die Charaktere auf. Neutral bleibt das Stück nicht: Obwohl durch Kornelius ein Blick auf die „andere Seite“ fällt, schlägt das Herz der Macher eindeutig für die Aktivisten.

Regisseur zum Kley beantwortet noch Fragen, wie er 2018 ein halbes Jahr vor Ort recherchiert hat. Er appelliert, sich dem Klimawandel entgegenzustemmen. Applaus gibt es vor allem für die drei Schauspielschüler, die ihre komplizierten Texte in von nur zwei Wochen erlernt haben.

Positive Bilanz des Festivals

Mit „Klimut“ geht zugleich das einwöchige Haßlocher Theaterfestival für Kinder und Jugendliche zu Ende, mehrere Stücke beschäftigten sich mit Umweltschutz. Organisatorin Ulli Mundt-Hartmann vom Jugend- und Kulturhaus Blaubär ist zufrieden: Die sechs Stücke mit acht Spielterminen seien jeweils von 90 bis 150 Besuchern gesehen worden, bis auf das freie Angebot mit nur 50 Zuschauern. Alle Grundschulen, die weiterführenden Schulen außer dem Gymnasium und etwa die Hälfte der Kindergärten in Haßloch seien dabei gewesen, dazu eine Kita aus Iggelheim. Für die Zukunft – je nach Coronalage – kann Mundt-Hartmann sich vorstellen, weiter die großen Stücke im geräumigen Saal Löwer und kleinere wieder auf der Blaubär-Bühne zu zeigen.

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