Neustadt Stelldichein der Musikkulturen

Kat Baloun.
Kat Baloun.

«Neustadt.» Was das Finanzielle anbelangt, konnte der Kulturverein „Wespennest“ mit dem Ergebnis seines Veranstaltungsprogramms aus dem ersten Halbjahr 2017 nicht zufrieden sein und musste unerwartete Verluste hinnehmen. Vor allem die neue Reihe „Stimmen der Welt“ in der Stiftskirche wurde den erhofften Besucherzahlen nicht gerecht und riss ein Loch in die Vereinskasse. Ob es hier eine Fortsetzung geben wird, steht derzeit noch nicht fest. Von künstlerischer Seite aus gesehen war das Angebot des Vereins jedoch wieder vom Feinsten. „Wenigstens daran wird sich in der zweiten Jahreshälfte nichts ändern“, sagt der Sprecher der „Wespen“, Rolf Raule, der für die Buchungen zuständig ist. Der Verein habe die Einnahmeverluste, nicht zuletzt mit Unterstützung seiner Sponsoren, ausgleichen und dadurch auch für die kommende Saison mit elf Veranstaltungen an fünf Austragungsorten ein interessantes Programm zusammenstellen können. Raule: „Hoffentlich gelingt es uns, wieder schwarze Zahlen zu schreiben.“ Los geht’s mit der traditionellen Wespennest-Bluessession, die allerdings vom „Konfetti“ in den Veranstaltungsraum des Wespennests, oberhalb der Wirtshauses, verlegt wird. Teilnehmer sind diesmal die US-amerikanische Sängerin und Mundharmonikaspielerin Kat Baloun, der Bielefelder Sänger und Gitarrist Greyhound George und der in Bayern lebende, amerikanischstämmige Sänger und Gitarrist „Reverend“ Rusty Stone. Alle drei sind schon mehrfach in Neustadt aufgetreten, haben aber in dieser Konstellation noch nie zusammen gejammt. Erstmals steht im Oktober auch eine Tributeband auf Einladung der Wespen auf der Bühne (Alte Turnhalle Gimmeldingen). „Eigentlich buchen wir Coverbands grundsätzlich nicht, aber die Gruppe The Doors Alive hat mich dermaßen überzeugt, dass ich für eine Ausnahme gestimmt habe“, erklärt Rolf Raule. Tatsächlich wird die englische Gruppe von vielen Fachleuten als die beste The-Doors-Replika angesehen, die derzeit auf Europas Bühnen zu erleben ist. Jim-Morrisson-Double Willie Scott wird dabei nachgesagt, nicht nur den Gesang, sondern auch das Charisma des großen Vorbilds ziemlich originalgetreu zu kopieren. Für einen ordentlichen Schuss Karibik-Feeling sorgen im November, zu Beginn des Winters, wieder einmal Groovemaker Wally Warning und seine Tochter Ami. Die beiden haben 2013 zum letzten Mal gemeinsam eine Show in Neustadt präsentiert, wobei sich der auf der Insel Aruba geborene Wally als Multiinstrumentalist, Sänger, hervorragender Songschreiber und Texter bewies, während Ami Bass und Gitarre spielte und vor allem mit ihrer Gänsehaut erzeugenden Stimme die Herzen ihrer Zuhörer erreichte. Papa Wally ist es 2007 gelungen, mit „No Monkey (Gonna Stop My Show)“ den nach wie vor im Radio oft gespielten ultimativen Sommerhit abzuliefern. Töchterchen Ami ist heute Anfang 20, hat bisher zwei Solo-Alben veröffentlicht und damit überall gute Kritiken eingeheimst. Als Duo pendeln die beiden zwischen Reggae, Gospel, Soul und Funk hin und her und verbreiten damit ansteckend gute Laune. Das aus Colorado/USA kommende Duo Acoustic Eidolon – Joe Scott (Guitjo, Gitarre, Gesang) und Hannah Alkire (Gesang, Violoncello) – verstärkt sich für seine regelmäßigen Auftritte in Deutschland mit dem im Schwarzwald wohnenden Thomas Loefke (Harfe) und spielt in dieser Dreier-Besetzung Folk, Bluegrass, Rock und sogar Flamenco. 2012, als das Trio erstmals im Wespennest zu Gast war, wagte es sich als besonderes Schmankerl sogar an Led Zeppelins „Stairway To Heaven“ heran und durfte sich über sehr viel Beifall freuen. Der frühere „Konfetti“-Wirt Ede Eber-Huber, der seine Gastronomen-Laufbahn nicht zuletzt aufgab, um sich verstärkt der Musik widmen zu können, steht gleich zweimal auf dem Programmfahrplan der Wespen. Zum einen kehrt er mit der neuen Dialektkapelle Uffbasse Palzbänd an seinen früheren Arbeitsplatz „Konfetti“ zurück und macht dabei aus dem Beatles-Hit „Come Together“ die Nummer „Kummen z’samme“, und zum anderen widmet er sich mit Textrezitator Hans Dreyer im Wespennest der Musik von Neil Young. An gleicher Stelle sind im November auch die Gitarrenvirtuosen Beppe Gambetta und Tony McManus und, drei Wochen später, das Trio Rosenrot live zu erleben. Der Genueser Beppe Gambetta, bis dato bekannt als Interpret von Swing, Bluegrass, Ragtime und Melodien seiner Heimat Italien, traf eines Tages bei einer seiner Touren durch Australien erstmals auf den Schotten Tony McManus, der als einer wichtigsten Gitarristen der keltischen Musikszene gehandelt wird. Die beiden verstanden sich auf Anhieb und machen seither, so oft es ihre Zeit zulässt, gemeinsame Sache. Dabei versuchen sie nicht nur vom jeweils anderen zu lernen, sondern auch gleichzeitig einen einzigartigen Stilmix zu Gehör zu bringen. Ein musikalisches Unikat ist auch das Trio Rosenrot, Dana Hoffmann (Gesang), Hub Hildenbrand (Gitarre) und Denis Stilke (Schlagzeug), das sich „neu“ alter Musik, nämlich dem Deutschen Volkslied, auf ebenso ungewohnte wie unverkrampfte Art und Weise nähert. Frei von heldenhaftem Pathos und falsch verstandenem Patriotismus reduzieren Rosenrot die Stücke auf das Wesentliche und machen so auf die Schönheit der Melodien und die lyrische Bedeutung ihrer Texte aufmerksam. Keltengitarrist Tony McManus – aber nicht nur ihn – wird’s freuen, dass mit der Gruppe Cara auch die irische Folkszene Aufnahme in die Planungen des Wespennests gefunden hat. Die deutsch/irische Band ist gerade aus England zurückgekommen, wo sie das erste Mal getourt ist. Die zweimal mit dem „Irish Music Award“ ausgezeichnete Gruppe war vorher bereits sieben Mal auf Konzertreise in den USA gewesen und ist dort mehrfach als Headliner großer Festivals („Milwaukee Irish Fest“ vor 130.000 Zuschauern) aufgetreten. Das Wespennest begrüßt die Band im November im Roxy-Kino. Jordan Prince stammt ursprünglich aus New Orleans, lebt inzwischen aber seit 2016 der Liebe wegen in München. Von dort kommt er mit seiner Band Anfang Dezember nach Neustadt. Seine Musik wird oft mit der von Elliot Smith oder den Eels verglichen, was sicher nicht die schlechteste Empfehlung darstellt. Seine Lieder wirken unaufdringlich relaxt und doch immer wieder prägnant und kompositorisch ausgereift, weshalb davon auszugehen ist, dass der in Amerika schon recht bekannte Künstler auch in Deutschland sehr bald ein paar Stufen auf der Karriereleiter höherklettern wird. Große Hoffnungen setzt das Wespennest auf das Konzert des World Percussion Ensembles (WPE) im Saalbau, das einen Glanzpunkt im zweiten Halbjahr setzen soll. Das WPE setzt sich zusammen aus herausragenden Trommlern aus Brasilien (Marco Lobo), Japan (Takuya Taniguchi) und Kamerun (Njamy Sitson), unterstützt von dem deutschen Pianisten Walter Lang und dem Slowaken Peter Cudek am Bass. Jeder der fünf Akteure bringt die Tradition, mit der er aufgewachsen ist, in die Songs ein. Somit entsteht eine von mitreißendem Rhythmus geprägte Weltmusik, deren Bann sich niemand entziehen kann und die weit davon entfernt ist, nur ein Trommelfeuerwerk zu entfachen. Vorverkauf —Konfetti, Wespennest: Wespennest-Büro, montags 11 bis 13 Uhr, donnerstags 15 bis 17 Uhr, freitags 9 bis 12 Uhr, telefonisch unter 06321 35007. — Roxy und Alte Turnhalle Gimmeldingen: Buchhandlung Quodlibet, Kellereistraße, Tabak Weiss, Hauptstraße, alle RHEINPFALZ-Geschäftsstellen, alle VVK-Stellen bundesweit, online: www.reservix.de. —Saalbau wie Roxy, außer Quodlibet. —Der Vorverkauf für die Konfetti- und Wespennest-Veranstaltungen startet am 14. August, für alle anderen ist er angelaufen.

Wally Warning.
Wally Warning.
Premiere in Neustadt: The World Percussion Ensemble.
Premiere in Neustadt: The World Percussion Ensemble.
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