Neustadt Scheinwerfer, Lichtballone und Schwarzlicht

So sieht die vollständig beleuchtete Formel-1-Rennstrecke in Singapur von oben aus. Beim DTM-Rennen in Misano rechnet Jamie Gree
So sieht die vollständig beleuchtete Formel-1-Rennstrecke in Singapur von oben aus. Beim DTM-Rennen in Misano rechnet Jamie Green noch mit glühenden Bremsen und Flammen, die aus den Auspuffanlagen kommen.

«Neustadt.» Die Vorfreude ist riesig. Nicht nur bei den Piloten René Rast und Jamie Green, sondern beim ganzen Neustadter Team Rosberg. Schließlich steht am Wochenende eine Premiere an: In Misano startet die DTM zu ihren ersten beiden Nachtrennen. Gestartet wird jeweils um 22.30 Uhr – neun Stunden später als normal. „Es wird eine neue Herausforderung“, sagt der amtierende Champion Rast. Die Idee, die hinter diesem Ausflug an die Adriaküste steckt, ist einfach: Tagsüber sollen die deutschen Urlauber Sonne und Meer genießen, am Abend sich dann bei den DTM-Rennen amüsieren.

Wie üblich waren die Teammitglieder am Mittwoch mit den drei großen Trucks aufgebrochen. Doch eine Vergnügungsreise wird der Ausflug über den Brenner ganz sicher nicht. „Wir richten die Boxen am Donnerstag später ein als normal“, sagt Teamchef Arno Zensen. Das Ziel ist es, schon am Tag vor dem ersten Training so spät wie möglich ins Hotel zu kommen. „Im Hotel sind an allen Türen Hinweise, dass das Servicepersonal nicht überraschend in die Zimmer stürmt“, sagt Zensen. Wecken ist erst um 12 Uhr, danach gibt’s Frühstück. Damit verhält sich die DTM ähnlich wie die Formel 1 beim Nachtrennen in Singapur. Da bleibt der Tross in der europäischen Zeitzone, schottet sich ebenfalls vom Tageslicht ab. Um 13.30 Uhr folgt dann der Transfer zur Rennstrecke. Während die 4,226 Kilometer lange Strecke des Misano-World-Circuit Marco Simoncelli für die meisten Fahrer unbekannt ist, kennt sich Rosberg-Pilot Jamie Green bestens aus. Zum einen hat er in dieser Saison schon ein Rennen in der italienischen GT-Meisterschaft bestritten. Zum anderen war er gemeinsam mit DTM-Tabellenführer Gary Paffett (Mercedes) und BMW-Pilot Timo Glock zu einem Nachttest vor Ort. Von 22 Masten wird Licht auf das Asphaltband gestreut, fünf davon stehen entlang der Boxengasse. Doch der Test hat ergeben, dass das nicht genug ist. „An einigen Stellen war es trotz des Flutlichts ganz schön dunkel. Da braucht es noch weitere Ausleuchtung, sonst könnte es heikel werden“, urteilte der 34-jährige Routinier. Deshalb wurden an besonders gefährlichen Stellen wie etwa der Boxenausfahrt mobile Lichtballone aufgestellt. Zwar verfügen die DTM-Autos über Scheinwerfer, aber mehr als das Tagfahrlicht haben sie nicht. Und ein Umrüsten auf Scheinwerfer mit Abblendlicht brächte die Balance der Fahrzeuge durcheinander. Ob und wie nachgerüstet werden muss, diese Entscheidung wird spätestens nach dem Begehen der Rennstrecke von den Fahrern und Ingenieuren sowie beim ersten Training getroffen. Nicht nur auf der Piste, auch an den Boxen wird Licht benötigt. Denn bei den Rennen in Misano gibt es ebenfalls den Pflichtboxenstopp. „Wir haben uns mit den anderen Teams verständigt, dass wir am Abend noch Boxenstopps üben“, sagt Zensen. Zusatzbeleuchtung ist nicht ausgeschlossen. Für die Fahrer ist Misano ein großes Abenteuer. Aber sie freuen sich drauf. „Ich fahre gerne im Dunkeln, es fühlt sich schneller an – selbst in einem GT-Auto fühlt es sich ziemlich schnell an. Also denke ich, dass ein DTM-Auto ziemlich spektakulär sein wird“, sagt Green. Und der Brite, der sich auch ein Nachtrennen auf dem Norisring vorstellen könnte, denkt auch an die Zuschauer: „Schau dir die Formel 1 in Abu Dhabi und Singapur an: Es sieht wirklich cool aus! Und bei der DTM wird es noch besser sein, wenn die Bremsen glühen, die Funken sprühen, die Flammen aus den Auspuffanlagen kommen.“ Dass es sowohl im als auch außerhalb des Autos interessant werden wird, davon ist auch Rast überzeugt. Trotzdem warnt er: „Es gibt einige Probleme mit dem Abkürzen von Kurven. Und in der Nacht kann man auf den Fernsehkameras nicht wirklich sehen, ob ein Fahrer abkürzt.“ Damit die Piloten zumindest die Instrumente und Schalter besser erkennen können, hat Audi auf Bewährtes zurückgegriffen. Die Cockpits sind mit Schwarzlicht beleuchtet, das schon in den LMP1-Rennwagen bei den 24 Stunden von Le Mans zum Einsatz gekommen ist. Was das Sportliche anbelangt, hat sich Champion Rast mit seinen starken Auftritten bei den Konkurrenten großen Respekt erarbeitet. „Wir müssen das Momentum hochhalten, vor allem wenn man die Leistung von René Rast in den letzten Rennen sieht“, warnt Mercedes-DTM-Leiter Ulrich Fritz vor dem Rosberg-Piloten, der als Neunter der Zwischenwertung aber genau 100 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Paffett hat. Eine weiter gute Vorstellung würde dem Rosberg-Team den Abschied aus Misano erleichtern. „Nach dem Rennen wird’s heftig“, verspricht Zensen schon vor der Anreise. Denn direkt nach Rennende wird zusammengepackt. „Vor fünf, sechs Uhr sind wir damit sicher nicht fertig“, überlegt der Teamchef. Danach geht’s aber ins Hotel zum Ausruhen. Und dann wieder zurück nach Neustadt ins normale Leben.

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