Neustadt Real oder erfunden?

Die drei Verdächtigen im Altenheim-Mordprozess haben ausgiebig über den Kurznachrichtendienst Whatsapp gechattet.
Die drei Verdächtigen im Altenheim-Mordprozess haben ausgiebig über den Kurznachrichtendienst Whatsapp gechattet.

Der eine der Zuhälter, der andere die männliche Nutte – so stellten sich in umfangreichen Chats die beiden Männer dar, die im Mordprozess gegen insgesamt drei ehemalige Pfleger des Lambrechter Seniorenheims auf der Anklagebank sitzen. Gestern wurde in dem Verfahren, das im September vergangenen Jahres vor dem Landgericht Frankenthal begonnen worden war, ein Teil der Chats verlesen.

Es geht um Freier, verschiedene Sexualpraktiken und immer wieder: „Mäuse“. Ob sich die Dialoge zwischen den beiden Männern auf echte Vorgänge bezogen oder ob es sich dabei um eine Art Rollenspiel handelte, ist unklar. Der ältere der beiden Angeklagten, der sich laut Chats prostituierte, hat zu Beginn des Prozesses durch seine Anwältin eine Erklärung verlesen lassen, in der er aussagt, die Szenen seien alle erfunden gewesen. An diese Darstellung knüpft die Argumentation seiner Verteidigerin Jessica Hamed an. Die Dialoge über die Prostitution zeigten, dass man nicht davon ausgehen könne, dass alles, was im Chat geschrieben wurde, tatsächlich so passiert sei. Auch die Verteidiger der weiblichen Angeklagten stellen das in Frage. Die ehemalige Pflegerin hat selbst ausgesagt und erklärt, dass die Äußerungen im Chat sich nie auf Tatsachen bezogen hätten. Es geht dabei unter anderem um Sätze wie „Mit euch würd’ ich auch morden“, „Zur Not Luft weg“ oder „Wir schaffen eh nix, außer Leute ärgern und ums Eck bringen“. Die drei früheren Pfleger sind angeklagt, im Zeitraum zwischen April 2015 und August 2016 Bewohnern Medikamente verabreicht zu haben, um sie zu töten. Zwei Bewohner sollen in Folge der Medikamentenvergabe gestorben sein, eine weitere habe gerettet werden können, so die Anklage. Darüber hinaus sollen die drei Angeklagten Bewohner in mehreren Fällen misshandelt, erniedrigt und bestohlen haben. Im ersten Todesfall, der sich in der Nacht auf den 30. Dezember 2015 ereignete, gibt es ein Geständnis. Der jüngere der beiden Männer sagte, er habe die 85-jährige Bewohnerin, die seinem Eindruck nach zu dem Zeitpunkt im Sterben lag, mit einem Kissen erstickt. Umstritten ist, ob ihr zuvor ohne medizinische Indikation Insulin verabreicht worden ist. Der Chat-Verlauf legt das nahe. Im Verdacht stehen in dem Fall der jüngere männliche sowie die weibliche Angeklagte. Beim zweiten Todesfall sollen die beiden Männer Insulin gespritzt haben, genauso im Falle einer weiteren Bewohnerin, die Anfang März 2016 nachts mit Verdacht auf Hirnschlag ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Vermutung war unzutreffend, wie sich dann herausstellte. Das Gericht will nun mit einem diabetologischen Gutachten unter anderem klären lassen, ob die hirnschlag-ähnlichen Symptome durch eine nicht indizierte Vergabe von Insulin verursacht worden sein könnten. Dieses Gutachten soll, nachdem die Beweisaufnahme weitgehend abgeschlossen ist, Ende März vorgestellt werden.

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