Esthal „Oischerre“: Tradition in Eschdl

Das Feuer wird bis in den Abend hinein am Brennen gehalten.
Das Feuer wird bis in den Abend hinein am Brennen gehalten.

9 Uhr am Samstagmorgen, elf Grad minus sind es am Esthaler Sportplatz, der ein Stück vom Dorf weg im Wald liegt. Neben dem Rasenplatz brennen zwei aufgeschichtete Holzhaufen langsam ab, ein Mann spaltet mit einem Beil ein Stück eines Baumstamms in Holzscheite, drei Männer werfen sie ins Feuer. Es sind die Vorbereitungen zum „Oischerre“ des ASV Esthal.

„Oischerre ist Tradition in Eschdl, des is von unseren Urgroßeltern“, sagt Thomas Wolf. Früher waren die meisten Esthaler Waldarbeiter. Beim Holz machen im Wald haben sie ihr Essen mitgenommen, in Pergament gepackt und in der Glut von herabgebrannten Feuern zubereitet. „Das Oischerre stammt aus Eschdl“, sagt Jörg Cordes, Vorsitzender des ASV. Esthaler Vereine seien es gewesen, die diese Tradition wiederbelebt haben. Zwar gebe es auch in anderen Orten „Oischerre“, das Original aber nur in Esthal.

„Wir waren im Wald Holz machen“, erzählt Lothar Bläh von den ersten Vorbereitungen einige Wochen zuvor. Der Förster sagt ihnen, wo sie Bruchholz aus dem Wald holen dürfen. Etwa zwölf Ster Holz werden für das Oischerre gebraucht. Mit dabei seien immer die selben zehn bis 15 Männer. Das sei keine Arbeit, „es ist Tradition, und es macht Spaß“, sagen die Männer. Die ersten waren um 7.30 Uhr da. „Das Feuer braucht etwa drei Stunden, bis erst einmal genug Glut da ist“, erklärt Bläh. Bis in den Abend hinein wird es am Brennen gehalten.

Das Oigescherrde kommt in die Glut

Mit einer Schaufel wird ein Haufen Glut aus dem Feuer geholt, darauf wird das Oigescherrde, also die eingepackten Lebensmittel, gelegt und mit weiterer Glut zugedeckt. Mit der Zeit entstehen so immer mehr Gluthaufen rund um das Feuer. Je mehr Leute kommen, umso mehr Glut wird benötigt. Damit immer genug Glut da ist, brennen beim ASV zwei Holzfeuer.

„Zum Oischerre kommen immer 200 bis 300 Leute, viele Eschdler, aber auch Auswärtige“, erzählt Cordes. Werbung wird keine gemacht. In früheren Jahren war beim Pfälzerwald-Verein an der Wolfsschluchthütte auch Oischerre. Da seien irgendwann so viele Besucher gekommen, dass das Fest überhand genommen und der Verein schließlich mit dem Oischerre aufgehört habe, berichtet Gerhard Stein. „Die Leute haben ihre Getränke selbst mitgebracht, das geht nicht“, sagt Stein. Tradition ist es, dass die Getränke beim Verein gekauft werden, die Erste Mannschaft der Fußballer ist für den Ausschank zuständig. Der ASV bittet die Besucher außerdem um zwei „Holz-Euro“. Essen bringt jeder selbst mit.

Helmut Eisenhauer hat in Folie eingepackte, gefüllte Schweinebäckchen dabei, die er später in die Glut legen wird. Thomas Wolf macht „Häppchen“ für das Team: Er schneidet Schweinespeck in Stücke, packt sie in Alufolie und legt die „Häppchen“ in die Glut. Bis die soweit sind, wird Bier und der erste Schnaps des Tages getrunken. Die nicht trinkfeste Journalistin bekommt Kinderpunsch. Peter Köhler entfernt mit einer Schaufel das Eis rund ums Feuer. 37 Jahre hat er in Esthal gewohnt, im Mai ist er nach Neustadt gezogen. „Zum Oischerre komme ich morgens und bin abends immer noch da“, sagt er.

Welches Fleisch sich am besten eignet

Um 16 Uhr sind es nur noch fünf Grad minus. Überall stehen und sitzen Leute, unterhalten sich, essen, es ist gemütlich. Pascal Wolf ist Oischerrer: Er holt für die Besucher, die das nicht können, Glut aus dem Feuer. „Mein Vater war Ober-Oischerrer. Von dem habe ich das gelernt, und der hat es von seinem Vater gelernt. Unsere Vorfahren waren Waldarbeiter“, erzählt Pascal Wolf. „Am besten schmeckt in Salz eingelegtes, nicht mageres Schweinefleisch“, weiß die Esthalerin Ilona Datzer. Sie hat noch zwei Tipps: „Merken Sie sich den Gluthaufen, in dem Ihr Fleisch liegt und gucken Sie auf die Oischerre-Uhr, nicht dass das Essen verbrennt.“

Auf einem Tisch liegen Alufolie-Päckchen, die gerade aus der Glut geholt wurden, außerdem Brot, Kartoffelsalat. Daniela Feig, Sabine Kaiser, Daniela Zabanoff, Pascal und Christian Kagel packen Pilze, Fleisch, Kartoffeln, Bratwurst und Schafskäse aus. Am Tisch daneben holen Ralf Seiberth und Frank Herzog einen dampfenden Rollbraten aus der Folie.

Um einen abgesägten Baumstamm stehen mehrere Männer, hauen auf Nägel, die im Stamm stecken. „Wer die meisten Schläge braucht, bis sein Nagel im Stamm ist, muss eine Runde Schnaps ausgeben“, lautet die einfache Spielregel.

„Leute treffen, Schnaps, Bier, sich unterhalten“ gehöre dazu, sagt Christian Lahres, ein Ex-Esthaler, der zum Oischerre immer nach Hause kommt. „Solche Feste gibt es nur hier“, ist Peter Schmidt aus Ellerstadt überzeugt, der jedes Jahr mit der Familie beim Oischerre ist. „Das gibt es nur hier“, sagt Kevin Frick, der aus Hambach stammt und jetzt in Esthal wohnt.

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