Neustadt Neustadt will Klärschlamm in Mainz entsorgen
Jeder Neustadter produziert ihn, zumindest indirekt: Klärschlamm entsteht, wenn das Abwasser in der Kläranlage gereinigt wird. In Neustadt sind das im Schnitt 3700 Tonnen pro Jahr. Ihn zu entsorgen, ist künftig komplizierter. Eine Möglichkeit: Verbrennen in Mainz.
Soll sich Neustadt an einer kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts beteiligen, wenn es künftig um die Entsorgung von Klärschlamm geht? Diese Frage bewegt die Verantwortlichen beim Eigenbetrieb Stadtentsorgung Neustadt (ESN) seit geraumer Zeit. Indes besteht Handlungsbedarf, weil eine neue Verordnung des Bundes die Kläranlagenbesitzer zum Umdenken zwingt. Doch bei der geplanten „Kommunalen Klärschlammverwertung Rheinland-Pfalz“ (KKR) gibt es noch viele Unbekannte. Seit Oktober gilt bundesweit eine neue Klärschlammverordnung (wir berichteten). Ihre Ziele: Zum einen soll der Boden von Schadstoffen entlastet werden, indem weniger Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen kommt. Zum anderen soll der im Klärschlamm enthaltene Phosphor – ein endlicher Rohstoff und als Dünger unverzichtbar – zurückgewonnen werden. Letzteres funktioniert nur, wenn der Klärschlamm sortenrein verfeuert wird, quasi per Monoverbrennung. Solche Anlagen sind neu und werden vielerorts geplant. Konkret ist das kommunale Vorhaben in Mainz, Interesse zu bauen haben aber auch Karlsruhe, Wiesbaden oder der Mannheimer Versorger MVV Energie. In Neustadt fallen im Jahr durchschnittlich 3700 Tonnen Klärschlamm an, der zu knapp 30 Prozent entwässert ist und damit als Trockensubstanz firmiert. Fast 65 Tonnen Phosphor stecken darin. Den Klärschlamm entsorgt im Auftrag des ESN die Firma Remondis. Laut ESN schickt diese den Großteil in eine Verbrennungsanlage in Nordrhein-Westfalen, der Rest geht in die Landwirtschaft. Dafür zahlt der ESN im Schnitt 260.000 Euro jährlich. Die zentrale Kläranlage in Lachen-Speyerdorf gehört nicht zu den großen, aber zu den größeren in Rheinland-Pfalz. Bis 2029 hätte der ESN daher Zeit, beim Klärschlamm umzustellen. Zumindest theoretisch. Praktisch aber sehen die Experten viel früher Handlungsbedarf, weil einzelne Vorschriften schon früher erfüllt werden müssten. Um der neuen Verordnung insgesamt und das möglichst bald gerecht zu werden, haben sich vier kommunale Unternehmen zur Thermischen Verwertung Mainz GmbH zusammengeschlossen (siehe „Zur Sache“). Sie wollen 2018 in Mainz eine Verbrennungsanlage für Klärschlamm bauen. Daran können sich weitere Kommunen beteiligen. Das Konstrukt ist aber einigermaßen kompliziert: Zunächst einmal sollen die kommunalen Abwasserbetriebe der Kommunalen Klärschlammverwertung Rheinland-Pfalz beitreten. Das würde Neustadt im Jahr 1000 Euro kosten. Diese KKR wiederum würde den Klärschlamm ihrer Mitglieder an die ebenfalls zu gründende VK Kommunal GmbH abgeben, die Gesellschaft zur Verwertung von Klärschlämmen für Kommunen. An dieser wäre die KKR mit 50 Prozent beteiligt, die andere Hälfte würde ein Unternehmen der Stadtentwässerung Kaiserslautern halten. Die VK wiederum würde ein Prozent an der Thermischen Verwertung Mainz GmbH besitzen. Das Konstrukt soll garantieren, dass die Verbrennung als Dienstleistung nicht ausgeschrieben werden muss, weil der Auftrag sozusagen zwischen zwei öffentlichen Stellen – KKR und VK – abgewickelt wird. Das gilt aber nur solange, wie in der künftigen Verbrennungsanlage Platz ist. Alle Mengen, die darüber hinaus gehen, soll besagtes Unternehmen der Stadtentwässerung Kaiserslautern auf dem freien Markt entsorgen. Während aber für die Verbrennung ein Tonnenpreis garantiert wird – aktuell ist von 60 bis 70 Euro die Rede, was beispielsweise dem aktuellen Preis in Neustadt entspricht – wäre der Preis für solche „Überkapazitäten“ dann wieder im freien Fluss. Ob die kommunale Beitrittsmöglichkeit zur KKR endet, wenn solche Kapazitäten erreicht sind, ist offen. Allerdings ist auch beim garantierten Mainzer Verbrennungspreis nicht klar, ob dieser nicht andernorts unterboten werden könnte, wenn es immer mehr Klärschlammverbrennungsanlagen geben sollte. Heute, 18 Uhr, berät der Werkausschuss des ESN. Die Werkleitung hat einen Vorschlag ausgearbeitet, wonach Neustadt erklärt, über den Beitritt in die KKR verhandeln zu wollen. Landau hat den Beitritt bereits beschlossen, Haßloch hingegen hat ihn abgelehnt. Einwurf