Neustadt Neue Chance für die Linden?
Ist der Boden im geplanten Neubaugebiet Jahnplatz in Lachen-Speyerdorf nun so stark belastet oder wegen eventueller Blindgänger gefährlich, dass er unbedingt ausgetauscht werden muss – oder möglicherweise doch nicht? In der Sitzung des Umweltausschusses am Mittwochabend hat sich die Bewertung dieser Frage etwas anders angehört als bislang. Das Thema kam auf, weil die BUND-Kreisgruppe Neustadt einen Dringlichkeitsantrag gestellt hatte. Sie will die Lindenbaumreihe, die bekanntlich gefällt werden soll, als „geschützten Landschaftsbestandteil“ ausweisen lassen. Der Antrag schaffte es zwar nicht auf die Tagesordnung, diskutiert wurde das Thema dennoch: Die SPD hatte dazu eine Anfrage gestellt, da für sie „die Frage der Notwendigkeit des Bodenaustausches relevant für die weitere Beurteilung von Bebauungsplan-Entwürfen am Jahnplatz ist“. Thomas Baldermann, Leiter der städtischen Umweltabteilung, überraschte dann mit der Aussage, der Boden sehe laut Gutachten eigentlich „ganz okay“ aus. „Man könnte auch zu dem Schluss kommen, dass ein Bodenaustausch nicht zwingend erforderlich ist“, sagte er. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd habe jedenfalls keinen Austausch gefordert. Man könne allerdings auch nicht ausschließen, dass der Boden doch belastet sei oder sich darin Kampfmittel befänden. Das sei dann eine Sache der Haftung: Die Stadt müsse sich die Frage stellen, welches Risiko sie eingehen wolle, sagte Baldermann. Umweltdezernentin Waltraud Blarr (Grüne) sagte in der Ausschusssitzung, sie habe sich sowieso wiederholt für den Erhalt der Linden ausgesprochen – und bestätigte gestern auf Nachfrage der RHEINPFALZ Baldermanns Einschätzung. Nachdem Zeitzeugen der Bürgerinitiative, die um den Erhalt der Linden in Lachen-Speyerdorf kämpft, betont hätten, dass der Boden dort nie irgendwie aufgefüllt worden sei und es auch keine Bombardements gegeben habe, hätte die Umweltabteilung die Unterlagen noch einmal überprüft: „Wir müssen davon ausgehen, dass da nichts konterminiert und ein Bodenaustausch nicht unbedingt erforderlich ist“, so Blarr. Baldermann erläuterte in der Sitzung, dass es neben der Bodenfrage allerdings weitere Argumente für die angedachte Fällung der Linden gebe: Die Bebauung sei so dicht an den Bäumen geplant, dass das Wurzelwerk beschädigt werden könnte, die Bäume würden in die zweite Reihe rücken, und der Schattenwurf werde stark zunehmen. Das alles zusammen, verbunden mit dem Argument, es gebe vielleicht noch Kampfmittel im Boden, habe zu der Entscheidung geführt, dass die Linden nicht erhalten werden sollen. Auf Bitte der RHEINPFALZ, dazu eine Stellungnahme zu erhalten – gerne von Oberbürgermeister Marc Weigel und/oder Stadtplaner Bernhard Adams –, schickte die Stadtverwaltung gestern eine ausführliche Erläuterung von Baldermann. Darin schreibt er: „Dass ein Bodenaustausch auf dem Bebauungsplangebiet Jahnplatz insgesamt erforderlich ist und dass wir das als Umweltabteilung im Übrigen aus Bodenschutzgründen auch begrüßen, ist richtig.“ Auch die Meinung, dass ein Bodenaustausch im Bereich der Linden wegen Belastungen erforderlich ist, könne man vertreten, müsse das aber differenziert verstehen: „Die Ergebnisse der Bodenproben sind zwar unauffällig – es lässt sich aber, da es sich nur um Punktdaten handelt, nicht ausschließen, dass sich unter den Linden dennoch Nester mit Bodenbelastungen und/oder Kampfmitteln befinden“, so Baldermann. Deshalb sei ein Austausch „die sicherste Option, wenn man dem Thema Bodenschutz einen sehr hohen Stellenwert einräumen will“. Rein rechtlich gesehen, sei das aber „nicht zwingend gefordert“. Zudem sei die Bodenfrage nur ein Argument und nicht das Hauptargument, warum eine Fällung der Lindenreihe angedacht worden sei, wiederholte der Leiter der Umweltabteilung seine Ausführungen aus der Ausschusssitzung am Mittwochabend zu städtebaulichen und bautechnischen Gründen. „Wir müssen jetzt nochmals das Gespräch mit dem OB und der SGD suchen“, sagt Blarr mit Blick auf die Erkenntnisse und den Antrag des BUND, der die Unterschutzstellung der Bäume bei der Unteren und der Oberen Naturschutzbehörde beantragen will. Baldermanns Infos im Ausschuss seien bei der Bürgerinitiative „wie eine Bombe eingeschlagen“, sagte Yonas Scherrer, BUND-Kreisvorsitzender und Mitglied des Umweltausschusses, gestern im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Im Ausschuss hatte es einige überraschte Gesichter gegeben: „Ich bin ein bisschen verwundert, denn das hat man uns im Stadtrat immer etwas anders erzählt“, sagte beispielsweise Andreas Böhringer (SPD) dazu. Nach Baldermanns Einschätzung müsste sich die SGD als Obere Naturschutzbehörde um den BUND-Antrag kümmern, sagt Blarr. Denn die Untere Naturschutzbehörde ist das städtische Umweltamt – und da gebe es in dem Fall natürlich einen erkennbaren Interessenskonflikt.