Neustadt Nach drei Jahren endlich wieder ein Karfreitagskonzert der Stiftskantorei

Die Sopranistin Felicitas Erb ist Solistin bei „Passion und Auferstehung“ des Letten Eriks Ešenvalds.
Die Sopranistin Felicitas Erb ist Solistin bei »Passion und Auferstehung« des Letten Eriks Ešenvalds.

Mit Werken zeitgenössischer Komponisten aus Lettland und Finnland nimmt die Neustadter Stiftskantorei dieses Jahr nach den coronabedingten Aussetzern 2020 und 2021 die Tradition der Karfreitagskonzerte wieder auf. Den Orchesterpart bestreitet erstmals die von Fritz Burkhardt gegründete und geleitete Junge Südwestdeutsche Philharmonie

Mit „Passion & Resurrection – Passion und Auferstehung“ – als den zentralen Fixpunkten des Ostergeschehens, sinnfällig zum Kreuz arrangiert, plakatiert die Stiftskantorei ihr Programm zum Konzert am 15. April in der Stiftskirche. Es ist eine Werkfolge, die den Blick auf das zeitgenössische kirchenmusikalische Schaffen in Nordosteuropa richtet – im kleinen Vorgriff auf das kommende Kultur-sommer-Motto „Kompass Europa: Ostwind“ und lange geplant, bevor sich die Kriegsereignisse am östlichen Himmel Europas abzeichneten.

Zwei lettische Werke plus eines aus Finnland

Zwei namhafte lettische und ein finnischer Komponist stehen für Simon Reichert stellvertretend für das große Potential an kompositorischem Schöpfergeist in dieser Region. Werke von jeweils sehr eigenem Charakter seien das, schwärmt der Bezirkskantor. Diesseitig, modern, aber mit deutlichem Rückgriff auf gewachsene Strukturen. „Eine Art Postmoderne ohne experimentellen Schnickschnack; Musik, die Verbindlichkeit vermittelt, emotional tief zu bewegen vermag“, so seine Charakterisierung.

Im Zentrum steht das mottogebende Werk „Passion und Auferstehung“ des 1977 geborenen Letten Eriks Ešenvalds, eine Komposition für Sopran, Solo-Quartett, Chor und Orchester. Dabei handelt es sich nicht um die übliche Evangelienerzählung, sondern um ein Arrangement biblischer Texte, verbunden mit katholischer und byzantinischer Passionsliturgie. Ešenvalds, der vor allem Chormusik komponierte, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und zählt zu den herausragenden Tonschöpfern der jungen lettischen Kirchenmusik.

Jaako Mäntyjärvi, geboren 1963 in Turku, entführt mit dem altchristlichen Hymnus „Stabat mater“ zu einer Collage aus mittelalterlichen, modernen und spezifisch finnischen Stilelementen. Seine Tonsprache gilt als gemäßigt modern, zumal er gerne auf traditionelle Parameter zurückgreift. Und in seinem Heimatland genießt sein Werk große Popularität. „Das Werk ist substanzreich und für Chorsingende eine schöne Aufgabe – Zeit, ihn auch hierzulande bekannt zu machen“, findet Simon Reichert.

Ans Ende der Werkfolge hat der Kantor entgegen der ursprünglichen Planung nun die „Messe“ von Pêteris Vasks gesetzt. Sie entspricht nicht ganz dem üblichen liturgischen Schema – es fehlt das Credo –, aber sie wirkt wie eine kurze Sentenz christlichen Glaubens und schließt tröstlich mit dem „Dona nobis pacem“, der Bitte um Frieden. „Sie formuliert damit die derzeit brennendste Sehnsucht“, wie Reichert anmerkt.

Der Lette Pêteris Vasks, Jahrgang 1946, gilt als einer der bedeutendsten musikalische Vertreter aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Fast wie eine nationale Hymne pflegen und verehren seine Landsleute die „Musica dolorosa“, die er 1983 auf den Tod seiner Schwester komponiert hat und die als Erinnerung an die Leiden der Letten während der russischen Besatzung gilt.

Auch für den Chor ist es ein Auferstehungskonzert

Nicht ganz einfach sei es gewesen, so räumt Simon Reichert ein, die Stiftskantorei nach den langen beiden Corona-Jahren sozusagen beim Neustart auf ein zeitgenössisches Programm einzuschwören, das erst einmal gründliches Notenstudium voraussetzte. Aber das sei letztlich gut gelungen, zumal jedes der Werke die Botschaft des Leidens und der Erlösung durch die Auferstehung auf sehr eindrückliche Weise vermittle. „Nach zwei in Folge ausgefallenen Karfreitagsprojekten ist es für den Chor auch eine Art Auferstehungskonzert.“

Mit der Stiftskantorei musiziert erstmals die Junge Südwestdeutsche Philharmonie mit Fritz Burkhardt am Pult. Sie rekrutiert sich aus Musikstudenten und hochbegabtem Nachwuchs. Solistin ist die Sopranistin Felicitas Erb. Sie wurde ausgebildet an den Musikhochschulen Stuttgart, Bern und der Schola Cantorum Basiliensis und konzertiert – nicht allein in ihrem Spezialmetier Alte Musik – erfolgreich in Deutschland und der Schweiz. Die Gesamtleitung hat Bezirkskantor Simon Reichert.

Termin

„Passion & Resurrection“, Karfreitag, 15. April, 18 Uhr, in der Neustadter Stiftskirche. Karten (26/18/13 Euro) in der Neustadter Bücherstube (06321 2235).

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