Neustadt Lichter Klang

Hassloch. Seit drei Jahren gibt es das „Lupot Quartett“ um den Haßlocher Geiger Andrei Rosianu. Jetzt legt das aus Profimusikern regionaler Spitzenorchester bestehende Ensemble seine erste CD vor. Die exquisite Scheibe mit zwei ausgesuchten Raritäten der Gattung von Camille Saint-Saëns und Radu Paladi wurde im Frühjahr in der Haßlocher Pauluskirche aufgenommen.

Dass das 1. Streichquartett von Saint-Saëns lange sträflich vernachlässigt wurde, ist schwer begreifbar, wenn man die Aufnahme des „Lupot Quartetts“ hört. Da blüht und singt es immerfort in delikat musizierter, schwelgerischer Süße. Ein Spiel von wunderbarer Beseeltheit geht Rosianu, 1. Konzertmeister im Mannheimer Nationaltheater-Orchester, mit seinen Orchesterkolleginnen Susanne Phieler (2. Violine), Stephanie Phieler (Bratsche) und Martin Voigt (Violoncello) hier ein. Sauber abgezirkelte Verläufe, schönste Homogenität der Klanggebung: Das tönt so bestechend, als würden die vier schon 20 Jahre zusammen musizieren. In feinem Gewebe werden die Klänge mit ausgesuchtem Raffinement erfüllt. Eingebettet in einen herrlich warmen und reifen Klang, in wunderbar homogen gewachsenem Spiel und lustvoll schwirrendem Geist. Einen großen, sonoren und reifen Klang entwickeln die vier, die sich nach dem großen französischen Geigenbauer Nicolas Lupot benannt haben. Und seine Lupot-Geige lässt Primarius Rosianu mit großer Innigkeit und Hingabe singen. Auch die zweite Geigerin spielt eine wertvolle Geige, ein Instrument von Nicola Amati (1671). Ein vital loderndes Feuerwerk wird im Finale aktiviert: ein temperamentvoller Kehraus, erfüllt von Lust und reaktionsstarkem Zusammenspiel. Lichter Klang und mediterraner Geist feiern hier ein Fest. Als Ersteinspielung auf CD präsentiert das Lupot Quartett das 1. Streichquartett c-Moll des 2013 verstorbenen Radu Paladi, einem rumänischen Komponisten, zu dem Rosianu enge freundschaftliche Beziehungen pflegte. Paladi schrieb mit diesem in den 50er Jahren entstandenen Werk eine Musik, die zwischen Impressionismus und Folklorismen à la Bartók einen eigenen Weg gefunden hat. Schon der eröffnende „Allegro“-Satz unternimmt eine raffinierte Verkettung beider Stile. Wie aus einem Guss münden die modalen Melodien und vitalen Rhythmen der rumänischen Folklore in die lichten, flimmernden Sphären der Debussy-Ravel-Tradition. Das klingt so selbstverständlich, als hätten das deftige, ländliche Idiom des Balkan und die zart hingetupfte, flimmernde Raffinesse der Pariser Jahrhundertwende immer schon zusammengehört. Häufige Taktwechsel, asymetrische Rhythmen und Synkopierungen befeuern den rhythmischen Elan des Satzes, der gegen Ende einen wunderbaren Einhalt erfährt: stille, geheimnisvolle Momente und zarter Naturlaut tun sich auf. Liedhaften Charakter hat der Mittelsatz, „Andante“, worin polyphone Schreibweise dominierend ist. In einer nostalgischen Atmosphäre wird das erste Liedthema exponiert – auch dieses hat in rumänischer Folklore seine Wurzeln. Sanft belebt ist der elegische Charakter durch die auftaktige Rhythmik, wie man sie aus der ungarischen Volksmusik kennt. Genüsslich ausgekostete Farben und selige Stimmungen hört man, das „Lupot Quartett“ entwirft berückende Klänge, zart blühend und duftend wie eine sommerliche Blumenwiese. All dies wird mit einer Innigkeit musiziert, die ebenso delikat wie zu Herzen gehend klingt. Sehr temperamentvoll fegt das Finale einher, schwirrend, flirrend, zündend. Ein Juwel der Quartettliteratur wird hier zum Leuchten gebracht, dessen Bedeutung man nicht hoch genug einschätzen kann. (Repro: öhl) Die CD Die Aufnahme ist bei Rosianus eigenem Label „Ars Sonandi“ erschienen.

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