Neustadt Lasset uns Wein beten
Was haben der Herxheimer Engelsberg, das Nußdorfer Bischofskreuz, der Maikammerer Heiligenberg und der Dirmsteiner Jesuitenhofgarten gemeinsam? Sie sind Pfälzer Weinlagen und tragen Namen mit Bezug zur Kirche. Und sie waren das Thema der 52. Großen Pfalzweinprobe der Weinbruderschaft der Pfalz am Samstagnachmittag im Saalbau.
21 Proben „aus himmlischen Lagen“ standen auf dem Programm der Traditionsveranstaltung, die – wie in jedem Jahr – seit Monaten ausverkauft war. 1000 wohltemperierte Flaschen für gut 900 Gäste waren vorbereitet, als Markus Heil, Kapitelmeister der Weinbrüder, um 16 Uhr mit einem 2014er Rieslingsekt extra trocken aus dem Herxheimer Weingut Franz-Josef und Matthias Anton (2014er Herxheimer Engelsberg) den vierstündigen Verkostungsmarathon eröffnete und die Mitglieder der Trachtengruppen aus Neustadt, Duttweiler, Hambach und Mußbach mit den Flaschen zu den Tischen ausschwärmten. Etwa 40.000 Weinfreunde seien in den vergangenen 51 Pfalzweinproben mit interessanten Produkten aus dem Anbaugebiet Pfalz „versorgt“ worden, betonte zuvor Ordensmeister Oliver Stiess, als er zur Begrüßung das prominent besetzte Podium auf der Bühne vorstellte – darunter neben der scheidenden Pfälzischen Weinkönigin Julia Kren, ihren Vertreterinnen, einigen Kandidatinnen für deren Nachfolge und, sozusagen als Schirmherr der himmlischen Probe, Weihbischof Otto Georgens. Die Pfalzweinprobe solle die Vielfalt der Produkte vorstellen und einen Eindruck des Jahrgangscharakters vermitteln, erläuterte Stiess. 21 spannende Proben vorwiegend aus 2015 haben die Weinbrüder dafür ausgesucht. Probensprecher Markus Heil hatte sich dazu Gedanken zu den Lagennamen und ihrer Herkunft gemacht. Die Gäste sollten dabei auch etwas über die jeweiligen Besonderheiten erfahren, aber auch unterhalten werden. Und das ist Heil mit seiner humorigen Moderation durchaus gelungen: Dass man mit einem „Höllenpfad“ durchaus nicht auf dem „Highway to hell“ unterwegs sein müsse, weil die Lage möglicherweise auch nach einem „hellen Pfad“ benannt sein könne, dass ein „Engelsberg“ sowohl auf eine frühere Grablege für Kinder als auch auf einen Familiennamen hinweisen könne, wusste er dabei ebenso zu vermitteln wie profundes Wissen über die jeweiligen Einzel- und Großlagen in den Gemarkungen. Dass man Sausenheim am besten findet, indem man sich auf der A 6 von Grünstadt aus auf die 480 Kilometer lange Reise nach Paris macht, die letzten 479 Kilometer weglässt und hinter der Lärmschutzwand schaut, sorgte ebenso für Lacher wie die Pfälzer Leistungsportart „Jojo“ („Wolle mer Riesling trinke? – Jo, jo!“). Und auch sensorisch hatte die Verkostung allerhand zu bieten: Für Mittelhaardter alte Bekannte und Klassiker wie den 2015er Deidesheimer Paradiesgarten Riesling trocken aus dem Gimmeldinger Weingut Christmann, den 2015er Dürkheimer Michelsberg Weißburgunder trocken aus dem Weingut Pflüger oder den 2015er Mußbacher Johannitergarten Riesling Kabinett trocken vom Staatsweingut Johannitergut in Mußbach, aber auch Entdeckungen wie den überraschend ausgewogenen Dornfelder trocken aus dem Sausenheimer Weingut Volker Hammer, der unter dem Motto „Frucht statt Wucht“ ausgebaut wurde. Wer durchhielt, konnte Bekanntschaft machen mit vier halbtrockenen und edelsüßen Kreszenzen – worauf sich so mancher Tisch mit regelrechten Picknickkörben bestens vorbereitet hatte. Weitere Ähnlichkeiten mit dem Herrenweinabend gab’s freilich nicht, denn Weihbischof Georgens hatte schon zuvor darauf hingewiesen, dass „Wein saufen Sünde, Wein trinken hingegen beten“ sei: „In diesem Sinne, lasset uns beten!“ |hox