Neustadt Klavierbauer im Cockpit

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Hockenheim/Neuhofen. Bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme ist Walter Hoffmann schon auf dem Hockenheimring. „Ich muss in einer Viertelstunde im Rennauto trainieren. Können wir später miteinander sprechen?“ Natürlich. Eine gewissenhafte Rennvorbereitung hat schließlich Vorrang. Hoffmann fuhr am Wochenende beim Jim-Clark-Revival einen Ralt-Formel-3-Rennwagen. Mit dem bestreitet der 62-Jährige Rennen der Historic Racecar Association. Übrigens auch am kommenden Freitag und Samstag, wieder im Motodrom. „Für mich war ein Rennauto immer ein Formel-Auto. Als ich 15, 16 war, war 1970 das erste Formel-1-Rennen auf dem Hockenheimring. Ich habe dafür einen Schulaufenthalt in England unterbrochen“, erzählt Hoffmann. Zweiradrennfahrer wurde der Jochen-Rindt-Fan nur, weil Autorennsport für ihn unbezahlbar war. Mitte der 70er-Jahre fuhr er sogar 14 Rennen zur Motorradweltmeisterschaft: „Meist kam ich zwischen Platz zehn und 15 ins Ziel.“ 1976 wurde Walter Hoffmann Vizemeister der deutschen Meisterschaft für Motorräder in der 500 Kubikzentimeter-Klasse (ccm). Im Jahr darauf verunglückte der Klavierbauer beim Fieberbergrennen. Vier Monate verbrachte er im Krankenhaus. Die Rückkehr in den Sport war schwer. „Ich wollte schon aufhören. Da habe ich von einem Rennen in der Tschechoslowakei erfahren. Da gab es gutes Geld zu gewinnen, und ich bin hin. Ein Rennen habe ich gewonnen. Beim zweiten bin ich Zweiter geworden“, berichtet er. 1980 folgte die Meisterschaft in der 350-ccm-Klasse. „Da sind Leute gefahren wie Martin Wimmer, Reinhold Roth und Toni Mang“, erinnert er sich an große Namen: „Wobei der Toni nicht alle Rennen gefahren ist. Sonst wäre der Meister geworden.“ 1984 und 1985 begann ein neues Abenteuer, die Tourist-Trophy Formel-2-Weltmeisterschaft. Ein Rennen fand auf der Isle of Man statt. Bis Juni 2016 starben auf dem gefährlichsten Straßenrundkurs der Welt 252 Rennfahrer. „Vor der Isle of Man hab ich sehr viel Respekt gehabt. Ich bin in zwei Klassen gefahren. Meine beste Platzierung war ein siebter Platz.“ Nach einem Zwischenspiel in Sachen Autorennen zog es Hoffmann 1999 noch einmal in den Motorradsport: „Da habe ich den deutschen Rundstreckenpokal gewonnen und bin aktuelle 250er-Rennen gefahren.“ Sein Beruf als Klavierbaumeister und -stimmer habe beim Rennfahren stets geholfen, betont er. „Motorsport ist sensibles Balancieren an physischen und psychischen Grenzen. Wenn ich im Konzertsaal stehe und einen Steinway für einen weltberühmten Pianisten präpariere, dann muss ich auch sehr feinfühlig sein.“ Hoffmann arbeitete da für herausragende Künstler wie Grigori Sokolov und Wladimir Aschkenasi. Motorsport wird immer eine große Rolle im Leben des Neuhofers spielen: „Wenn man Freunde durch den Motorsport hat, verbindet das.“ Einer dieser Freunde ist der ehemalige Motorradweltmeister Dieter Braun. Nach dem Rennen am Samstag, das Hoffmann auf Platz vier beendete, kam dieser zum ehemaligen Weggefährten ins Fahrerlager. Für Benzingespräche. Das war fast noch wichtiger als das Rennen selbst.

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