Neustadt Kant oder Marx – wer hat recht?

Um das Thema Freiheit und Gerechtigkeit geht es in einem Theaterstück, das am Leibniz-Gymnasium von Schülern der 12. Klasse aus den Kursen „Darstellendes Spiel“ aufgeführt wird. Fast 50 Jugendliche sind beteiligt. Gestern war Generalprobe.

Es wird noch gefeilt: an Lichteffekten, Geräuschen und Durchsagen. Schüler kommen auf die Bühne, sie sagen Sätze wie: „Freiheit ist Illusion“ oder „Ich will den Moment genießen“. Im Hintergrund klimpert jemand die Melodie von „Die Gedanken sind frei“. In dem fesselnden Theaterstück, das unter der Leitung der Lehrerinnen Isolde Opielka und Cornelia Plage entstanden ist, geht es darum, wie frei unsere täglichen Entscheidungen sind, vor dem Hintergrund von internationalen Verflechtungen, Manipulationen und undurchsichtigen Zusammenhängen. Eigentlich hatten die Schüler Friedrich Schillers Drama „Die Räuber“ mit seinem zentralen Thema „Recht und Gerechtigkeit“ im Sinn gehabt. Daraus entstanden ist dann das Thema „Freiheit und Gerechtigkeit“. Ziel in den Kursen sei es, Themen selbstständig zu erarbeiten, erklärt Opielka. Wie beeinflussen neue Medien Entscheidungen oder wie präsentiert sich Freiheit in der Werbung? „Das waren zentrale Fragen, zu denen wir viele Schülerideen gesammelt haben“, sagt Plage. Danach wurde gespielt, geschrieben, uminszeniert, bis das Stück stand. „Wir lassen das Spiel im Fluss, bis ständige Wiederholungen zeigen, dass die Szene steht“, sagt Opielka. Im Verlauf des Schauspiels werden die beiden deutschen Philosophen Immanuel Kant und Karl Marx, deren schauspielerische Besetzung immer wieder wechselt, darüber debattieren, ob die Menschen nun frei sind oder nicht. Menschen erscheinen als Konsumclowns, zu Produkten wird die Geschichte ihrer Herstellung erzählt. Zur Nussnougatcreme beispielsweise hört der Zuschauer die Erzählung eines Kindes, das die Nüsse pflücken muss. Entscheidungen ohne ehrliche Information erscheinen manipulierbar. Doch wie weit will der Einzelne aufklärende oder gar schockierende Erkenntnisse überhaupt in sein Leben hinein lassen, wenn sie möglicherweise liebgewonnene Gewohnheiten und Annehmlichkeiten beeinträchtigen könnten? Die Schüler wollen ihr Publikum einbeziehen und zum Nachdenken anregen. Daher stellen sie am Ende des Stücks ihre persönlichen Standpunkte pro und contra Kant und Marx zur Diskussion. Behält Kant recht, der einen „sich seines Verstandes bedienenden Menschen“ als grundsätzlich frei sieht oder behält Marx recht, der ihn als hoffnungslosen Spielball seines entfremdeten Umfelds und der ausbeutenden Konzerne sieht? (aew) Info: Premiere heute, 19.30 Uhr, in der Aula des Leibniz-Gymnasiums. Weitere Aufführungen am Donnerstag und Freitag, ebenfalls 19.30 Uhr. Eintritt frei, Spenden werden für die Theaterarbeit genutzt. (aew)

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