Neustadt Kammermusikreihe des Mandelringquartetts

Heimspiel im Januar dieses Jahres: das Mandelring Quartett im Saalbau in Neustadt.
Heimspiel im Januar dieses Jahres: das Mandelring Quartett im Saalbau in Neustadt.

Ende Oktober startet das aus Neustadt kommende Mandelring Streichquartett die 13. Auflage seiner Kammermusikreihe im Saalbau.

Wenn das Mandelring Quartett am 30. Oktober beim ersten von vier Konzerten seinem mittlerweile 13. Zyklus der Klassik-Reihe auf der Bühne im Saalbau Position bezieht, hoffen Ausführende wie Besucher gleichermaßen vor allem eins: Es möge nach zwei kargen Corona-Jahren nun einfach dabei bleiben, dass über die Wintersaison hinweg barriere- und angstfrei musiziert werden kann.

Nanette Schmidt, die Spielerin der zweiten Violine im weltläufigen Spitzen-Ensemble vom Haardter Mandelring, formuliert diesen Wunsch im Vorgespräch zur Reihe fast mantraartig. Und wer könnte diesem Sehnen nicht uneingeschränkt folgen?

Über Frühjahr und Sommer hat der Konzert-Betrieb – zögerlich zunächst – wieder Fahrt aufgenommen; freie Szene, Agenturen, Veranstalter aller Art mussten erfahren, wie mühsam es ist, nach dem monatelangen „Status Quo“ der Infektionsrestriktionen wieder Publikum zu generieren. Aber aktuell läuft der Laden wieder, wie die Geigerin lakonisch konstatiert.

Nie ganz im Wartestand

Auch das Mandelring Quartett, durch seine Engagements im Ausland nie gänzlich im Wartestand, ist wieder in gewohnter Manier unterwegs. Pendelt aktuell zwischen Augsburg – dem Festival auf Schloss Leitheim –, Worpswede, Hamburg, Sonthofen und im November Berlin. Später soll es wieder nach Spanien gehen. Geprobt wird, wie Nanette Schmidt verrät, tatsächlich öfter mal in Neustadt, aber auch immer wieder in Berlin oder da, wo es sich für die an Musikhochschulen unterrichtenden drei anderen Ensemble-Mitgliedern gerade gut einrichten lässt. Und natürlich ganz projektbezogen im Vorfeld der Konzerte. „Alles eine Sache langfristiger Terminplanung, aber das war nie wirklich schwierig“, bekräftigt Nanette Schmidt.

Zum Auftakt der neuerlichen Klassik Reihe, die wie ihre Vorgängerinnen und auch der „Zwilling“, das Hambacher Musikfest im Frühjahr, schlicht Ausdruck tiefer Verbundenheit der Geschwister Sebastian, Nanette und Bernhard Schmidt – Bratscher Andreas Willwohl eingeschlossen – mit der lokalen Keimzelle ihrer internationalen Karriere ist, darf sich das Publikum auf eine Premiere freuen. Der Abend, der zu Ehren des deutsch-englischen Komponisten Berthold Goldschmidt zwei seiner vier Streichquartette vorstellt, wird erstmals als Gesprächskonzert präsentiert. „Das haben wir in Neustadt noch nie zuvor gemacht“, räumt Nanette Schmidt ein. „Aber es ist eine wunderbare Möglichkeit, das Werk dieses großartigen jüdischen Komponisten zu seinem 25. Todesjahr zu würdigen.“

Berthold Goldschmidt zu Ehren

Der lange aus den Repertoires der Konzertpodien verschwundene Komponist, Schüler unter anderem von Franz Schreker in Berlin, musste aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1935 nach England emigrieren. Sein Werk erlebte in den vergangenen 20 Jahren gleich dem etlicher seiner Zeitgenossen eine wahre Renaissance. Und nicht ganz unschuldig daran sind viele Aufführungen seiner Musik durch das Mandelring Quartett. Das späte vierte Quartett, entstanden 1992, hat Goldschmidt gar in persönlicher Empathie dem Ensemble aus der Pfalz gewidmet.

Begleitet wird das Opus durch ein Werk aus der frühen Schaffensperiode des Komponisten, dem Quartett Nr. 2 von 1936, sowie Felix Mendelssohns bedeutendes Quartett op. 80 f-Moll, kurz vor dessen eigenem Tod und unter dem schmerzlichen Eindruck des Verlusts der geliebten Schwester Fanny geschrieben. Moderieren wird den Abend, der unter der Überschrift „Lebenslinien“ firmiert, die Musikjournalistin Eva Blaskewitz.

Weiter geht es am 27. November. Auf dem Programm stehen neben dem sogenannten „Quintenquartett“ von Haydn zwei Quintette von Alexander Glasunow (0p. 38) und Franz Schubert (D-Dur, op. 956). Als Gast des Abends, der unter dem Titel „Mandelring plus“ auf musikalische Partnerschaft verweist, musiziert Camille Thomas mit den Mandelrings. Die 1988 in Paris geborene Cellistin zählt zu den international gefragten Solistinnen ihres Instruments.

„Klassik trifft Neoklassik“

Beethoven, der bedeutende Jubilar und „Opfer“ des ersten Corona-Jahrs, hat im Nachklang zu seinem vielfach in der Quarantäne erstickten 250. Geburtstag reichlich Nachholwürdigung erfahren. Auch das Mandelring Quartett widmet ihm am 12. Februar unter dem Motto „Gipfeltreffen“ mit op. 18, Nr. 4, und dem schwerblütigen „Quartetto serioso“, op. 95, ein erneutes Gedenken. Und nimmt Bela Bartóks vom Melos der Volksmusik durchpulstes Quartett Nr. 5 aus dem Jahr 1934 in deren Mitte.

Am 23. April schließlich endet die Reihe unter dem Titel „Klassik trifft Neoklassik“ durchaus spektakulär. Noch einmal begegnet man da dem „Quintenquartett“, dazu dem soge-nannten „Reiterquartett“ op. 74 von Joseph Haydn. Und diese beiden finden sich in erfrischender Korrespondenz zu Sergej Prokofjews zweitem Streichquartett op. 92 sowie dem ersten in h-Moll op. 50 der 15 Quartette von Dmitri Schostakowitsch. Wahlverwandtschaften – Klassik im Kleid der Moderne.

Die Konzerte beginnen jeweils um 18 Uhr, zu jedem Programm, mit Ausnahme des einleitenden Gesprächskonzerts, liefert Jörg Sebastian Schmidt immer um 17 Uhr eine spannend aufbereitete Einführung. Und als kleinen, erst mal wagen Ausblick stellt Nanette Schmidt abschließend eine Neuauflage der Konzerte im restaurierten Gewölbekeller des Haardter Mandelrings in Aussicht. Ein Brahms-Zyklus befindet sich in Planung, vermutlich für Januar 2023.

Info

Tickets zu 100, 75 und 20 (ermäßigt) Euro unter aboservice@hambachermusikfest.de, Info: www.mandelring.com.

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