Neustadt Helden einer toten Sportart

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Hassloch. Der größte Erfolg in der Haßlocher Handball-Geschichte liegt 41 Jahre zurück und fand in einer Sportart statt, die es seitdem auch nicht mehr gibt. Am 10. August 1975 sicherte sich die TSG Haßloch durch einen 15:14-Sieg bei Gastgeber TuS Nettelstedt die Deutsche Meisterschaft im Feldhandball, der ursprünglichen Version des Handballs. Vor allem wird an dieses Ereignis erinnert, wenn sich die damalige Mannschaft, wie gestern im Sport berichtet, morgen Vormittag um 10.30 Uhr auf Einladung des Sportbundes Pfalz im Pfälzischen Sportmuseum Hauenstein trifft.

Die Haßlocher Handballer schrieben vor allem auch dadurch Geschichte, da Feldhandball mit dem Abpfiff des Endspiels von 1975 auch national für beendet erklärt wurde. Dadurch wurde die TSG Haßloch ein Deutscher Meister für die Ewigkeit. Dass Handball irgendwann fast ausschließlich in Hallen gespielt werden sollte, war lange undenkbar. Ursprünglich handelte es sich um eine als Großfeldspiel erfundene Sportart. Von 1921, als TSV 1860 Spandau als erster Meister aus dem von der Deutschen Turnerschaft organisierten Spielbetrieb hervorging, wurden die Deutschen Handballmeister bis 1948 ausschließlich im Feldhandball ermittelt. Im Hallenhandball wurde 1948 erstmals ein Deutscher Meister ermittelt, wobei die 1948 und 1949 ausgetragenen Wettbewerbe von dem am 1. Oktober 1949 gegründeten Deutschen Handball-Bund als inoffiziell gewertet werden. Bereits in den 1950er-Jahren begann ein schleichender Niedergang des Feldhandballs. Bis zur Saison 1957/58 wurde der Spielbetrieb im Winter zugunsten des Hallenhandballs unterbrochen. Danach stand das Spiel in der Halle im Vordergrund. Feldhandball gab es nur noch im Sommer. Der Druck der skandinavischen Länder, die aufgrund der Wetterabhängigkeit des Feldhandballs schon immer Probleme mit dem Spiel im Freien hatten, das Spiel endgültig in die Halle zu verlegen, wurde größer. Paradox war, dass erst 1967 – ein Jahr nach der letzten Weltmeisterschaft, welche die Bundesrepublik Deutschland vor der DDR gewonnen hatte – eine Bundesliga im Feldhandball eingeführt wurde. Nachdem 1972 Hallenhandball erstmals bei Olympischen Spielen gespielt worden war, wurde ein Jahr später die Feldhandball-Bundesliga wieder abgeschafft. Die beiden letzten Deutschen Meister wurden von den fünf Regionalliga-meistern ermittelt. Austragungsorte der Feldhandballspiele in Haßloch waren der Friesenplatz und der Jahnplatz, welche bis 1936 die Heimstätten der TSG-Vorgängervereine TV 1880 und TG 1905 gewesen waren, sowie der vom Pfälzer Handball-Verband bewirtschaftete Pfalzplatz. Auf dem ursprünglich der TG 1905 gehörenden Friesenplatz befinden sich heute die Straßen „Am Friesenplatz“ und „Am Schlossergraben“, auf dem vom TV 1880 errichteten Jahnplatz der Parkplatz, auf dem inzwischen der Haßlocher Weihnachtsmarkt ausgerichtet wird. Zwischen den beiden Weltkriegen war die Sportart so populär, so dass Ende der 1920er-Jahre sogar der 1. FC 08 Haßloch eine Handballabteilung gründete. Ein weiteres Zeugnis des in Haßloch populären Feldhandballs ist der noch teilweise zu erkennende Sportplatz des 1968 als Konkurrenz zur TSG gegründeten HSV Haßloch. Der Platz entstand 1972 auf einem ehemaligen Schuttabladeplatzes südlich des Naturfreundehauses. 15 Spieler, von denen mit Dieter Boos, Hans Jung und Jürgen Unruh inzwischen drei verstoben sind, Trainer Franz Hutter, Co-Trainer Otto Freudenberger und Betreuer Egon Buchert waren die letzten Helden des Haßlocher Feldhandballs. Zusammen mit dem TSG-Vorsitzenden Rudi Einholz machen sich morgen elf auf den Weg nach Hauenstein, wo manche von vielen längst vergessene Anekdoten wieder mit Leben erfüllen werden.

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