Neustadt Haßloch: Suche nach der „Fliegenden Festung“

Vom Typ B 17-G wurden bei Boeing in Seattle 4035 Flugzeuge gebaut.
Vom Typ B 17-G wurden bei Boeing in Seattle 4035 Flugzeuge gebaut.

Acht Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs soll ein amerikanischer B 17-Bomber bei der Pfalzmühle in den Ordenswald gestürzt sein. Fünf US-Soldaten sollen dabei ums Leben gekommen sein. Die Interessengemeinschaft Heimatforschung Rheinland-Pfalz hofft, mithilfe von Zeitzeugen die Absturzstelle der „Fliegenden Festung“ lokalisieren zu können.

Flugzeug kehrt nicht mehr zurück

9. September 1944: Zwölf Flugzeuge der 91. Bomberstaffel, die zur 323. Schwadron der US-Luftstreitkräfte gehört, greifen Ziele in Ludwigshafen an. Neun Soldaten sind an Bord, bis auf den Piloten und ein weiteres Besatzungsmitglied fliegt fast die gesamte Crew ihren ersten Einsatz. Elf der zwölf US-Bomber kehren nach den Angriffen wohlbehalten zurück, nur der von Second Lieutenant Neils C. Jensen gesteuerte viermotorige Bomber des Typs Boeing B 17-G nicht. Laut Tagesbericht der 323. Schwadron wurde das Flugzeug „von der Flak so schwer beschädigt, dass er nicht mehr zurückkam“.

In den Ordenswald gestürzt?

Erik Wieman und Peter Berkel von der IG Heimatforschung Rheinland-Pfalz vermuten, dass dieser B 17-Bomber mit der Kennung 43-37594 an jenem 9. September 1944 nach dem Beschuss in der Nähe der Pfalzmühle in den Ordenswald gestürzt ist. Die beiden Hobbyforscher erkunden die Geschichte der Pfalz mit Genehmigung und in enger Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), der zuständigen Denkmalbehörde. Einer ihrer Schwerpunkte ist die Suche nach Flugzeugwracks aus dem Zweiten Weltkrieg. Der IG Heimatforschung geht es dabei vor allem darum, Schicksale von im Krieg gefallenen Soldaten zu klären und Angehörigen dabei zu helfen, Lücken in Familienchroniken zu schließen. So haben Wieman und Berkel im vergangenen Jahr Teile eines britischen Halifax-Bombers ausgegraben, der im April 1943 in der Nähe des Erbsengrabens zwischen Haßloch und Lachen-Speyerdorf abgestürzt war. Einige Anhaltspunkte haben die beiden Forscher zwar, aber noch können sie mit Sicherheit sagen, dass es sich bei dem 1944 abgestürzten Bomber tatsächlich um diejenige B 17 gehandelt hat, die vom Einsatz in Ludwigshafen nicht zurückgekommen ist. Wieman und Berkel hoffen aber, mithilfe von Augenzeugen, Zeitzeugen oder von Bürgern, die sonstige Hinweise geben können, den Schleier lüften zu können.

"Fliegende Festung"

Vieles deutet zumindest darauf hin, dass ein B 17-Bomber gegen Weltkriegsende in der Nähe der Pfalzmühle abgestürzt ist. Entsprechende Hinweise darauf hatte der 2017 verstorbene Haßlocher Architekt und Zeichner Manfred Watta gegeben. Nach seinen Erinnerungen überquerte eine solche „Flying Fortress“ (Fliegende Festung) Haßloch tagsüber in westlicher Richtung, als sie plötzlich auseinanderbrach und fast senkrecht abstürzte. Das Heck des Bombers soll im Bereich des Füllerwegs heruntergekommen sein und nach dem Absturz wohl mehrere Wochen lang am Westrand von Haßloch gelegen haben. Das Hauptteil des Flugzeugs soll in den Ordenswald gestürzt sein.

Besatzung soll überlebt haben

Das Flugzeug selbst konnte Watta nicht sehen, allerdings berichtete er den beiden Forschern von fünf Toten im Wald, die abtransportiert wurden. Vier Besatzungsmitglieder sollen noch kurz vor dem Absturz abgesprungen sein und überlebt haben, allerdings gefangen genommen worden sein. Die toten Soldaten sollen vorübergehend in Mußbach begraben, nach dem Krieg exhumiert und dann umgebettet worden sein. Das deckt sich laut Wieman mit den Angaben der US-Behörden über die Anzahl der ums Leben gekommenen Besatzungsmitglieder, außerdem belegen Friedhofsbücher die Bestattung von fünf alliierten Soldaten in Mußbach. Auch zu diesem Punkt sind die Aktiven der IG Heimatforschung für jeden weiteren Hinweis dankbar. Eine US-Fliegerjacke, die gegen Kriegsende vermutlich im Waldgebiet bei der Pfalzmühle gefunden wurde, könnte in Zusammenhang mit dem Absturz stehen.

Wie ein Puzzle

Die Suche nach einem Flugzeugwrack aus dem Zweiten Weltkrieg gestaltet sich so schwierig wie das Zusammensetzen eines Puzzles – so auch hier. Sollte es gelingen, die Stelle näher einzugrenzen, an der die „Fliegende Festung“ heruntergekommen ist, wollen Wieman und Berkel mit ihren – privat finanzierten – Spezialgeräten auf die Suche nach Wrackteilen gehen. Metalldetektor, VLF-Gerät, Magnetometer und Pin-Pointer kommen dabei unter anderem zum Einsatz. Eine Nachforschungsgenehmigung der zuständigen Denkmalbehörde für das gesamte in Frage kommende Areal liegt den beiden ehrenamtlich tätigen Forschern vor. Immer wenn eine Absturzstelle eines Weltkriegsflugzeugs lokalisiert ist, versucht die IG Heimatforschung, Angehörige der Besatzungsmitglieder ausfindig zu machen.

Kontakt

—Gesucht werden Augen- und Zeitzeugen oder sonstige Personen, die zum Absturz des B-17-Bombers am 9. September 1944 in der Nähe von Haßloch Angaben machen können. Die IG Heimatforschung ist auch dankbar für Hinweise zu sonstigen Abstürzen von Flugzeugen im Zweiten Weltkrieg. Kontakt: Erik Wieman, 06236/55152 oder 0173/8241746 und Peter Berkel, 06235/4554748 oder 0170/1415798, E-Mail kontakt@ig-heimatforschung.de. — www.ig-heimatforschung.de.

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